20.09.2018

Abschluss des fsff 2018

Genesis
Sieger des Fünf Seen Filmpreises: Árpád Bogdáns Genesis
(Foto: Árpád Bogdán / FünfSeenFilmFest)

Das zehntägige Fünf-Seen-Filmfest ging mit einem Preisregen und viel Applaus zu Ende.

Von Ingrid Weidner

Genesis (Genezis, Ungarn, 2018) von Árpád Bogdán aus Ungarn über­zeugte die Jury und gewann den Fünf Seen Filmpreis. Das Drama fächert in drei Kapiteln das Thema Rassismus im heutigen Ungarn auf. Betrun­kene unga­ri­sche Neonazis über­fielen in den Jahren 2008 und 2009 abge­le­gene Roma-Dörfer, warfen Brand­sätze, schossen auf fliehende Familien und töteten sechs Menschen. Árpád Bogdán doku­men­tierte die Anschläge für die BBC, doch das Thema ließ ihn nicht los. In seinem Spielfilm, der auf der dies­jäh­rigen Berlinale in der Reihe Panorama lief, wählt der Regisseur einen anderen Zugang. In drei Kapiteln schildert er aus der Perspek­tive von drei Prot­ago­nisten, wie geduldete Gewalt in eine Gesell­schaft sickert, Wurzeln schlägt und sie vergiftet.

Beim Anschlag wird die Mutter des neun­jäh­rigen Ricsi getötet. Zuvor begleitet die Kamera den Jungen bei seinen Streif­zügen durch die Wälder, wie er mit seinem geliebten Hund spielt und seinen Vater im Gefängnis besucht, der wegen einer Bagatelle für zwei Jahre einsitzt. Milán Csordás spielt den Roma-Jungen Ricsi beein­dru­ckend. Mit großen Augen blickt er auf seine Welt, die das Feuer zerstört. Das trau­ma­ti­sierte Kind lebt nach dem Tod der Mutter bei den Großel­tern, in der Schule erlebt er weiterhin Rassismus, die fragile Welt seiner Kindheit ist zerstört.

Das zweite Kapitel konzen­triert sich auf die Gymna­si­astin und leiden­schaft­liche Bogen­schützin Virág (Eniko Anna Illési). Sie ahnt, dass ihr Freund Misi in die Attacke auf das Roma-Dorf verwi­ckelt sein könnte. Als ihre Ahnung zur Gewiss­heit wird, gerät sie in einen tiefen Gefühls­kon­flikt und trifft eine folgen­reiche Entschei­dung. Und schließ­lich die erfolgs­ver­wöhnte Anwältin Hanna (Anna Marie Cseh), die als Misis Vertei­di­gerin bestellt wird. Sie kämpft mit dunklen Erin­ne­rungen, mora­li­schen Fragen und ihrer eigenen Vergan­gen­heit. Auch sie muss sich entscheiden.

Trotz der in dunkle Farben getauchten Bilder sowie der viel­schich­tigen Formen der Gewalt wählt Árpád Bogdán ein versöhn­li­ches Ende. »Mit glühender Inten­sität, ganz dicht an den Figuren erzählt, konfron­tiert uns Regisseur Árpád Bogdán immer wieder mit erschüt­ternd roher Gewalt und der univer­sellen Frage, wer das Recht hat, über Leben und Tod zu entscheiden«, heißt es in der Begrün­dung der Jury.

Der Filmpreis »Perspek­tive Junges Kino« ging an Lemonade (RO/CD/DE/SE 2018) von Ioana Uricaru. Mara, eine Kran­ken­pfle­gerin aus Rumänien, ergattert eine befris­tete Arbeits­er­laubnis für die USA und heiratet, kurz bevor ihr Visum ausläuft, einen ehema­ligen Patienten. Ihren kleinen Sohn Dragos aus einer früheren Beziehung hat sie bereits in die Staaten geholt, sie wartet auf ihre Greencard, um dort ein neues Leben zu beginnen. Doch die Gespräche mit dem Beamten der Einwan­de­rungs­behörde sind schwierig, aufgeben kommt für sie aber nicht in Frage, sie hält an ihrem Traum von einem besseren Leben fest. Über­zeu­gend spielt Malina Manovici Mara, deren Motto »Wenn das Leben dir eine Zitrone gibt, mach Limonade draus« dem Film seinen Titel gab. Gedreht wurde über­wie­gend in Kanada, da selbst für Kame­ra­teams aus Europa die Einreise in die USA zu kompli­ziert gewesen wäre.

Der Doku­men­tar­film­preis geht an Playing Men (SI/KRO 2017) von Matjaz Ivanisin und mit dem Publi­kums­preis wurde Der Affront (FR/CY/LE/US 2017) von Ziad Doueiri prämiert. Den Short Plus Award gewann Die Spieler (DE/2018) von Samuel Auer und den Video Art Preis Paradise Later (2010) von Ascan Breuer. Bereits während der Damp­fer­fahrt über den Starn­berger See wählte das Publikum Realität von Lucas Thiem zum besten Kurzfilm. Den Dachs Dreh­buch­preis gewann das Auto­ren­team Hans Wein­gartner und Silke Eggert für 303 und der Horizonte Filmpreis ging an Kinder unter Deck von Bettina Henkel.

Und sonst? Festi­val­leiter Matthias Helwig zeigt sich zufrieden mit dem neuen Termin und freut sich über rund 19.000 Besucher in zehn Tagen, die das viel­sei­tige Programm in die Kinos gelockt hat. »Die Verla­ge­rung in den September hat funk­tio­niert. Unsere Festi­val­freunde haben den neuen Termin ange­nommen. Und auch das Wetter hat mitge­spielt. Wir hatten teils noch sehr sommer­liche Stim­mungen mit wunder­schönem Septem­ber­licht«, sagt Helwig. Besonders freute es den Festi­val­leiter, dass auch Filme mit gesell­schaft­li­chen Themen wie Styx, Der Klang der Stimme, Joy In Iran oder Wackers­dorf viele Zuschauer sahen.

Auch die Open-Air-Vorstel­lungen im Sommer waren ein Erfolg. Zu den 20 Open Air-Tagen im Seebad Starnberg und Augus­tiner am Wörthsee pilgerten bei meistens hoch­som­mer­li­chem Wetter rund 8.000 Kinofans. Bereits beim Filmfest begann die »Edgar Reitz Große Werkschau«, die der Regisseur selbst in Starnberg vorstellte. Bis Ende des Jahres können Reitz-Fans neben den HEIMAT-Zyklen auch seine Spiel­filme sehen, und zwar jeweils mittwochs und sonntags in Starnberg.

12. Fünf Seen Film­fes­tival vom 6.-15. September 2018.
Spielstätten sind die Breit­wand­kinos in Starnberg, Gauting und Seefeld, die Schloss­berg­halle Starnberg, der Pfarr­stadl Wessling und der Wörthsee und das Seebad Starnberg mit Open Air.
Karten: regulär 9,50€, je nach Veran­stal­tung davon abwei­chend.