Zulu

Frankreich/Südafrika 2013 · 111 min. · FSK: ab 18
Regie: Jérôme Salle
Drehbuch: ,
Kamera: Denis Rouden
Darsteller: Forest Whitaker, Orlando Bloom, Conrad Kemp, Tanya van Graan, Patrick Lyster u.a.
Die Geschichte Südafrikas als persönliches Trauma.

Die Wunden sind noch nicht verheilt

Eine Studentin wird brutal ermordet, die Polizei ermittelt. Es scheint um Drogen­handel zu gehen. So weit, so konven­tio­nell. Der Routi­ne­fall eskaliert jedoch und wird zum Wende­punkt im Leben von mehreren Poli­zisten der Mord­kom­mis­sion. Zwei von ihnen stehen im Zentrum des Films. Sie sind innerlich verwundet, fast zerstört von den Verhält­nissen, die sie bekämpfen. Der Schwarze Ali, gespielt von Forest Whitaker und der Weiße Brian, den Orlando Bloom verkör­pert, tragen die Geschichte von Südafrika als persön­li­ches Trauma mit sich herum.

Die südafri­ka­ni­sche Großstadt Kapstadt wird zum Schmel­z­tiegel von Politik und Verbre­chen. Denn Zulu ist ein Thriller aus Südafrika. Das sieht man nicht alle Tage. Vor Jahren gewann mit »Carmen aus der Vorstadt« einmal ein Kinofilm aus Südafrika so über­ra­schend wie unver­dient die Berlinale. Ansonsten hat man vom Kino Südafrikas nichts gehört, außer dass die Kap-Republik immer wieder mal die hübsche Kulisse für deutsche Fern­seh­schmon­z­etten abgeben muss.

Hier wird, in den Händen des Franzosen Jerome Salle, alles anders: Zulu ist grob, mitunter vulgär, ist brutal und hart – genauso eben wie die Wirk­lich­keit Südafrikas. Er ist aber auch ehrlich, und unbedingt sehens­wert, denn er zeigt Innen­an­sichten von Verhält­nissen, die uns Zuschauern zumeist verborgen bleiben – auch darin das Ebenbild einer Wirk­lich­keit, in der Recht und Ordnung nicht viel gelten, in dem die Hautfarbe und ein damit einher­ge­hender wech­sel­sei­tiger Rassismus die Verhält­nisse auch eine Gene­ra­tion nach der Apartheid nach wie vor beherrscht. So kommen die Ermittler einer politisch-rassis­tisch-kapi­ta­lis­ti­schen Verschwö­rung auf die Spur...

Dies ist ein Film, in dem mit allem gerechnet werden muss – das macht seine Stärke aus. Zulu verwan­delt die Konven­tionen des Poliz­ei­films in ein exis­ten­zia­lis­ti­sches Drama und ein poli­ti­sches Psycho­gramm.
Zugleich handelt er auch von der südafri­ka­ni­schen Gewalt­spi­rale und entfaltet das mora­li­sche Dilemma eines Konflikts zwischen Rache und Verz­ei­hung, der die südafri­ka­ni­sche Vergan­gen­heits­be­wäl­ti­gung im Gefolge der Wahr­heits­kom­mis­sion prägt:

»Wie viele Schwarze hat er früher getötet und gefoltert?«
»Wir haben beschlossen, dass wir alle zusammen leben. Die Vergan­gen­heit ist vergangen.«
»Natürlich wurde er begnadigt. Kruger und all die anderen Mörder und Diebe. Das ging ganz einfach: Man erschien vor einer lächer­li­chen Kommis­sion, gestand all die bösen Taten und Bamm – alles ist verziehen. Sofortige Abso­lu­tion. Das ist absurd!«
»Wir waren zu nett zu all diesen Schweinen.«
»Sie kriegten keine Strafe – frei wie Vögel. Und erfolg­rei­cher denn je, als wäre nie etwas passiert.«
»Was wäre Dir lieber gewesen? Rache? Noch mehr Tote?«
»Nein keine Rache, Ali. Gerech­tig­keit. Mir wäre Gerech­tig­keit lieber gewesen.«
»Willst du Frieden mit Deinen Feinden haben, dann arbeite mit Deinen Feinden – und sie werden Deine Partner. Mandela«

Mag dieser Thriller auch im Main­stream-Stil insz­e­niert und in seiner Story recht speku­lativ sein, so zeigt er doch in solchen nach­denk­li­cheren Passagen, dass die Wunden der Apartheid in Südafrika noch längst nicht verheilt sind.