Zusammen ist man weniger allein

Ensemble, c'est tout

Frankreich 2007 · 97 min. · FSK: ab 0
Regie: Claude Berri
Drehbuch:
Kamera: Agnès Godard
Darsteller: Audrey Tautou, Guillaume Canet, Laurent Stocker, Françoise Bertin, Alain Sachs u.a.
Und kuschliger ist's außerdem

Unter den Dächern von Paris

Paris ist eine große Stadt, mit einem großen, wenn auch etwas gleich­gül­tigem Herzen, in dem für viele Platz ist: Davon erzählt Anna Gavaldas Roman »Ensemble, c'est tout«, der vor drei Jahren in Frank­reich erschien, und im folgenden Jahr als »Zusammen ist man weniger allein« auch bei uns zum Best­seller wurde. Kein Wunder: Die leicht zu lesende, eingän­gige Geschichte passt allzu gut in die Land­schaft der Werte­de­batten und Sehn­süchte nach neuer Bürger­lich­keit: Das moderne Märchen um eine bunt zusam­men­ge­wür­felte Wohn­ge­mein­schaft, die über allerlei Schick­sal­s­klippen am Ende zu verschwo­renen Freunden werden, zeichnet das harmo­ni­sche Bild einer menschen­freund­li­chen Welt, in der sich alle Konflikte mit Opti­mismus und Bildung leicht lösen lassen – gerade weil in der Wirk­lich­keit die Dinge kompli­zierter liegen, lesen viele Menschen so etwas gern.

Manche Lite­ra­tur­kri­tiker bemerkten bereits damals, das Buch erinnere an ein Drehbuch, und schon nach zwei Jahren kommt nun die Verfil­mung in die deutschen Kinos. Die Haupt­rolle der Camille, der abge­ma­gerten Putzfrau mit Drang nach Höherem, spielt Audrey Tautou, die seit ihrem Debüt als Amelie so etwas wie einen Paris-Mythos verkör­pert. Mag es der Grund für ihre Verpflich­tung sein, und zugleich der Fluch der durchaus begabten und viel­sei­tigen Darstel­lerin – aber man kann gar nicht anders, als bei dieser Rolle auch an Amelie zu denken.

Der 73jährige Regisseur Claude Berri ist ein Routinier, und routi­niert ist auch die Insze­nie­rung des Films: Der depres­sive Adelssohn Philibert (Laurent Stocker) stottert schreck­lich, träumt aber davon, Schau­spieler zu sein, und der Macho Franck (Guillaume Canet) muss seine Groß­mutter Paulette (Francoise Bertin) pflegen. Gemeinsam mit Camille wohnen sie im gleichen Haus, laden sich gegen­seitig zuein­ander ein, sind nett und fürein­ander da, und langsam wird ihr aller Leben ein bisschen besser – mehr ist das objektiv betrachtet nicht. Der Reiz des Films legt jenseits solch trockener Schil­de­rungen.

Es ist leicht, aber auch ober­fläch­lich, diesem Film Kitsch und Klischees vorzu­werfen, oder darin Genre­ma­lerei und fehlende Inno­va­tion zu bemängeln. Das stimmt zum Teil, verfehlt aber völlig den Punkt. Man braucht schon etwas mehr Aufmerk­sam­keit, um zu entdecken, dass der Film eine – eben schon »typisch fran­zö­si­sche« – Form des selbst­ver­s­tänd­li­chen Einver­s­tänd­nisses und der Toleranz zele­briert. Die beiläufig und ohne erhobenen Zeige­finger präsen­tierte Botschaft von Zusammen ist man weniger allein ist nämlich weder die Binsen­weis­heit des Titels, noch die billige Botschaft einer Wieder­auf­wer­tung der Familie. Sondern es geht um Wahl­ver­wandt­schaften; darum, dass Gesel­lig­keit und gegen­sei­tiges Vers­tändnis unter sehr unter­schied­li­chen Menschen möglich sind, wenn man sich gegen­seitig akzep­tiert, und nicht versucht, den jeweils Anderen die eigenen Werte aufzu­pf­opfen.

Die Form, in der dies filmisch präsen­tiert wird, entfaltet eine Menge Charme. Flott und witzig bietet der Film wunder­schönes, cleveres Unter­hal­tungs­kino.