Zivilprozeß

A Civil Action

USA 1998 · 115 min. · FSK: ab 12
Regie: Steven Zaillian
Drehbuch: ,
Kamera: Conrad L. Hall
Darsteller: John Travolta, Robert Duvall, William H. Macy, Tony Shalhoub

Wahrheit jedenfalls nicht

Steven Zaillians Gerichts­drama

Ganz so stellt man sich einen geschnie­gelten Juristen vor: Akten­täsch­chen, teurer Anzug, glatt­ge­wie­nerte Schuhe und ein ebenso glattes Grinsen im Gesicht – Jan Schlicht­mann (welch ein Name für einen Anwalt) ist in dem kleinen schmut­zigen Provinz­nest denkbar depla­ziert. Doch die Begegnung mit einer Gruppe von Eltern, deren Kinder allesamt an Krebs gestorben sind, wird für den smarten Großstadt-Yuppie zur entschei­denden Wendung. Indem er sich – zunächst weil er hohe Provi­sionen wittert, später aus persön­li­chem Enga­ge­ment – entscheidet, die Scha­den­er­satz­klagen der Eltern gegen zwei Chemie­kon­zerne zu vertreten, setzt er bald seine beruf­liche wie private Existenz aufs Spiel.

Eindrucks­voll verkör­pert John Travolta die Haupt­figur dieses Justiz­dramas: Allmäh­lich weicht dem selbst­be­wußten Winner-Typen, der sich darauf freut, es mit den »Harvard-Jungs« aufzu­nehmen, das Lachen aus dem Gesicht.
Im Hinter­grund der Story steht ein realer Fall. Und Regisseur Steven Zaillian setzt in der Verfil­mung von Jan Schlicht­manns Auto­bio­gra­phie auch nicht auf bekannte Effekte des Gerichts­thril­lers, sondern darauf, die Kaste der Juristen in ihren Finten und Heim­lich­keiten zu porträ­tieren.

Zaillian unter­gräbt die Kern-Behaup­tung, die fast allen Gerichts­filmen gemeinsam ist: daß es hier um den Kampf zwischen Gut und Böse ginge, daß am Ende so etwas wie Gerech­tig­keit sich herstellen ließe. A Civil Action (muß man den Doppel­sinn des Titels erklären, der von seiner deutschen Über­set­zung wie üblich unter­schlagen wird?) zeigt, anders als in den diversen Grisham-Verfil­mungen, daß »Wahrheit« oft Zufalls­pro­dukt ist, und mit Recht zuweilen nicht viel zu tun hat. Wie eine Verhand­lung ist der Film ganz bewußt bis zum Schluß offen­ge­halten: Man weiß nicht, was wirklich passiert, ob der »good guy« am Ende gewinnt oder verliert.

Trotz kleiner Freuden muß aber offen die grund­sätz­liche Enttäu­schung über diesen in vieler Hinsicht viel­ver­spre­chenden Film zugegeben werden: Spannung liefert der als »Justiz­thriller« beworbene Film so wenig wie ästhe­ti­sche Aufre­gungen. Alles ist etwas zu zäh, zu langatmig erzählt und konven­tio­nell in Szene gesetzt. Der Betrachter wartet immer auf das, worauf alles hinaus­laufen soll, die große Über­ra­schung oder Wende (in welche Richtung auch immer), aber bleibt aus, es sei denn das man die allzu naive Moral-Message des Endes als solche ansehen mag. Auch hierin kann man nun durchaus Lehr­rei­ches finden, und es stimmt schon, daß Zaillian mit unser aller Erwar­tungen geschickt spielt. Aber außer diesen – eher akade­mi­schen – Argu­menten ist nur manche Schau­spiel­leis­tung (Travolta, Duvall, Macey, Shalloub) wirklich ein Grund, in diesen Film zu gehen.