Willkommen im Tollhaus

Welcome to the Dollhouse

USA 1995 · 87 min. · FSK: ab 12
Regie: Todd Solondz
Drehbuch:
Kamera: Randy Drummond
Darsteller: Heather Matarazzo, Brandon Sexton jr., Eric Mabius, Matthew Faber
Dawn at School

Welcome To The Dollhouse gehört in die Kategorie der ambi­tio­nierten Inde­pen­dent­filme. Er thema­ti­siert die proble­ma­ti­sche Zeit der Pubertät der Haupt­figur Dawn Wiener (H. Matarazzo), ist dabei aber sehr unter­haltsam. Dem Regisseur gelingt die unsen­ti­men­tale Verbin­dung von Komik, Tragik, Mitgefühl und einer gewissen Spannung. Die Darstel­lung der Jugend­li­chen und Kinder geschieht dabei ohne Kitsch und ohne sie als Monster zu präsen­tieren.

Schon der Vorspann bringt eine gelungene Einstim­mung auf das kommende Szenario, indem die Zuschauer zu sanfter klas­si­scher Klavier­musik die ganze Idylle des ameri­ka­ni­schen Fami­li­en­le­bens präsen­tiert bekommen. Leider spielt die elfjäh­rige Dawn in ihrer Familie nur die Rolle einer Randfigur, denn der Star ist die kleine Schwester Missy, die alle mit ihren Ballett­künsten für sich begeis­tert. Selbst der ältere Bruder hat sich in die Welt der Computer oder in die Dunkel­heit der Garage zurück­ge­zogen, wo er mit einer Musikband übt. Dieser Band, die abgründig schlecht spielt, schließt sich eines Tages der gutaus­se­hende Steve an: ein Licht­blick für Dawn, denn mit seinem roman­ti­schen Blick, den langen Haaren und mit seiner Musik wird er für sie zum ange­him­melten Star. Sie hat nur noch Augen für ihn, er hat aber nur Augen für das, was sie ihm zu Essen vorsetzt. Und auch der erste Tag an der weiter­füh­renden Schule zeigt Dawn, was sie hier zu erwarten hat: Hänse­leien durch die Mitschüler, die sich über die häßliche Brille, ihren Namen und etliche andere Dinge lustig. Selbst die Lehrer sorgen für weiter Demü­ti­gungen und auch ihre Eltern geben ein Beispiel dafür ab, was Eltern gegenüber ihren Kindern alles falsch machen können.

Doch Dawn zeigt Qualitäten: sie kann einste­cken und läßt sich trotz aller psychi­scher und physi­scher Qualen nicht unter­kriegen, zudem sie sich Ventile verschafft, etwa indem sie einer von Missys Puppen den Kopf absägt. Trotzdem scheint es einen tragi­schen Verlauf für Dawn zu nehmen und nur ihre Schwär­merei für den Musiker Steve hält sie über Wasser. Der Wende­punkt der Geschichte ist jedoch erreicht, als Steve den Song Welcome To The Dollhouse spielt. Nun scheint sich Liebes­glück abzu­zeichnen, aber es kommt wieder einmal alles anders...

Der Film enthält einige Charak­tere, die erfreu­lich viel­schichtig angelegt sind und einige, die in ihrer Eindi­men­sio­na­lität bloß­ge­stellt werden, was ihn sowohl anspruchs­voll als auch satirisch unter­haltsam macht. Der schwarze Humor, der in den endlosen Ketten von Demü­ti­gungen (und in Dawns Reaktion darauf) versteckt ist, ist natürlich nicht jeder­manns Sache. Insgesamt aber hinter­läßt der Film mit der Kraft seiner Haupt­figur einen opti­mis­ti­schen Eindruck. Schon beim dies­jäh­rigen Berliner Filmfest erntete der Film Beifall, weil er sich vom Großteil der sich ähnelnden Produk­tionen absetzte.