Urban Explorer

Deutschland 2011 · 95 min. · FSK: ab 18
Regie: Andy Fetscher
Drehbuch:
Kamera: Andy Fetscher
Darsteller: Nathalie Kelley, Nick Eversman, Max Riemelt, Klaus Stiglmeier, Brenda Koo u.a.
Düstere Finsternis

Das Grauen unter der Stadt

Berlin ist wieder eine Metropole, pulsie­rend und aufregend, und zieht nicht nur aus Deutsch­land, sondern aus der ganzen Welt junge Leute in ihren Bann. Urban Explorer zeigt die Faszi­na­tion einer düsteren Seite der Stadt.
Eine zusam­men­ge­wür­felte Gruppe junger Welten­bummler aus den USA, Frank­reich, Korea und Südame­rika: Sie sind Anfang 20, unbe­küm­mert und treffen sich nachts auf einem verlas­senen Indus­trie­gelände. Sie sind »Urban Explorer« auf der Suche nach dem Beson­deren, nach verges­senen Orten und morbider Romantik in den laby­rin­thi­schen Kata­komben unter der Stadt. Gelockt von dem jungen Berliner Dante (Max Riemelt), der ihnen einen verges­senen Nazibunker und „Nazi-Graffiti“ verspricht. Vor allem aber angezogen von Abenteuer und Nerven­kitzel und der Aussicht, nachher noch tanzen zu gehen.
Es ist ein Touripro­gramm für verwöhnte Wohl­stands­kinder, die den Kick suchen und dafür bezahlen können. Was sie tun, sei illegal und ein bisschen gefähr­lich, gibt Dante zu verstehen. Sie verschweigen einander ihre wirk­li­chen Namen, für den Fall, dass einer von ihnen geschnappt wird. Das gehört dazu, es ist Teil des Spiels.
Ein Schießübungs­platz der Stasi. Ein vergilbtes Schild, das die alte Zonen­grenze markiert. Bald stoßen sie auf fiese Neonazis. Wie viel davon echt sein soll, bleibt ungewiss: Spätes­tens wenn Dante von der »Reichs­flug­scheibe« erzählt, einem geheimen Welt­raum­pro­jekt der Nazis, wittern seine Kunden den Betrug, lassen sich aber lustvoll darauf ein. Während sie tiefer und tiefer unter die Stadt hinun­ter­steigen, ist den Genre­re­geln gemäß längst klar, dass aus Spiel bald bitterer Ernst wird.
Lange zögern Regisseur Andy Fetscher und Dreh­buch­autor Martin Thau das Unver­meid­liche heraus, spielen mit der Erwartung, bis der Grusel­aus­flug schließ­lich außer Kontrolle gerät – und ein ange­messen fieser Antago­nist erscheint.

Urban Explorer bewegt sich auf sicherem Terrain, ein solides Genres­tück, das auf passgenau konstru­ierte Schock­mo­mente und zum Ende hin mehr und mehr auf blutige Eska­la­tion setzt.
Die heimliche Mitte des Films aber ist Berlin: Die Stadt zeigt ihre finsteren Einge­weide und offenbart dabei weniger über sich selbst als über die naiven Projek­tionen ihrer Besucher. Deren teenie­hafter Glaube an die eigene Unver­wund­bar­keit passt zur naiven Faszi­na­tion für die Geschichte der Stadt, in der Nazikult und Zwangs­ar­bei­ter­schicksal nur einen ange­nehmen Grusel wert sind. Urban Explorers bestraft diese Naivität uner­bitt­lich: Der Film gibt seinen Figuren nicht die Chance, zu wachsen und sich zu retten.
Das Ergebnis ist ein konse­quenter Horror­film, nichts für schwache Nerven.