Terminator – Die Erlösung

Terminator Salvation

USA/D/GB 2009 · 115 min. · FSK: ab 16
Regie: McG
Drehbuch: ,
Kamera: Shane Hurlbut
Darsteller: Christian Bale, Sam Worthington, Anton Yelchin, Moon Bloodgood, Bryce Dallas Howard u.a.
Gigantische Vorgeschichte

»This is not the future my mom was talking about.«

Schwach­stelle Herz: Mal wieder ist eine Maschine das Mensch­lichste

Maschi­nen­mensch reloaded – sechs Jahre nach Ende der TERMINATOR-Trilogie, einem der intel­li­gen­testen und facet­ten­reichsten Mythen der jüngeren Popkultur, versucht Hollywood einen Neustart der Franchise: Termi­nator 4: Salvation (»T4«) soll den Auftakt einer neuen Trilogie bilden. Diese muss nun (fast) völlig ohne Arnold Schwar­ze­negger auskommen, der doch einst als Muskel­mensch-Maschine zwischen hölzernem Stil und Selbst­ironie das Herz der Filme bildete, inzwi­schen aber zum kali­for­ni­schen Gouver­nator mutiert ist.

Das Columbia Logo erscheint technisch gestört, die Bässe wummern unter dem noch schwarzen Vorspann-Bild und das von die Danny Elfman aufbe­rei­tete Termi­nator-Thema ist bereits deutlich erkennbar. Zeit für ein paar Gedanken vorweg: Es liegt in der Natur der Sache, mit anderen Worten der Möbi­us­band-artigen Verschlun­gen­heit der bishe­rigen Termi­nator-Erzählung, dass der im Jahr 2018 ange­sie­delte Termi­nator 4: Salvation unter mindes­tens zwei Kardi­nal­pro­blemen leidet: Wir Zuschauer wissen schon vor Beginn des Films, dass, was auch immer geschieht, John Connor diesen Film überleben wird. Und wir wissen, dass das kran­ken­hafte »Skynet« und sein Ziel einer kyber­ne­ti­schen Erd-Diktatur in diesem Film eben­so­wenig besiegt werden wird, wie sein Gegner, die in Guerilla-Zellen unter Wasser, über der Erde und in der Luft Wider­stand leis­tenden Menschen.

Ob dieses Zuschauer-Dilemma den Machern wirklich bewusst war? Oder ist es nur, in den immer neuen Umstel­lungen und Über­schrei­bungen eines ganz offen­kundig überaus problem­be­las­teten Entste­hungs­pro­zesses – außer den jetzt genannten John Brancato und Michael Ferris, die bereits Termi­nator 3 – Rebellion der Maschinen schrieben, werden immer auch Paul Haggis und Chris­to­pher Nolans Bruder Jonathan genannt – in Verges­sen­heit geraten? Im Ergebnis leidet unter diesem Dilemma nicht nur Spannung und Funk­tio­na­lität, sondern auch die Glaub­wür­dig­keit des Films.

Die bishe­rigen Termi­nator-Filme lebten unter anderem ganz wesent­lich von einem Element, das zwar zum Verwir­rendsten in der von James Cameron 1984 ins Leben gerufenen Termi­nator-Trilogie gehörte, zugleich aber eben auch einen ihrer beson­deren Reiz ausmachte: Die Zeit­schleife. Die bishe­rigen Filme waren rück­wärts­ge­wandte Prophetie, die in unserer Gegenwart spielte und vom Kontrast zwischen dieser und der bedroh­li­chen Zukunft lebte, um die die Zuschauer dabei immer bereits wussten. Es waren Filme, die uns etwas über die Gegenwart erzählten, indem sie ihr den Zukunfts­spiegel vorhielten, Refle­xionen eines tech­ni­schen Fort­schritts, der sich gerade ereignete. Das funk­tio­nierte blendend, weil das durch die Zukunft geras­terte Bild der Gegenwart in dieser zugleich wieder verflüs­sigt wurde: Gegenwart hieß in den Filmen immer auch Freiheit, hieß die Möglich­keit, Zukunft zu verändern, oder unge­schehen zu machen. Und auch dort wo die schon gesche­hene Zukunft überhaupt erst möglich gemacht wurde, indem das Schicksal bestätigt wurde – etwa John Connors Zeugung in »T1« –, wurde es eben aus Freiheit bestätigt, aus dem Willens­ent­schluss mensch­li­cher Subjekte; so paradox alles bei genauerer Betrach­tung auch sein mochte, und man die Frage lieber gar nicht erst aufwerfen mochte, ob mit John Conners Existenz womöglich auch erst der Atomkrieg und der Krieg der Maschinen gegen die Menschen überhaupt erst möglich gemacht wurde.

Nachdem Arnold Schwar­ze­negger sein Mitwirken abgesagt hatte, war für die Macher klar: Entweder musste ein neuer glaub­wür­diger Termi­nator-Darsteller her, oder der Fokus musste sich um 180 Grad verlagern: Weg von der Maschine, hin zum Menschen. Offen­sicht­lich glaubte man, Termi­nator-mäßig könne es nur einen geben, und entschied sich für Variante zwei – vermut­lich eine grund­sätz­liche Fehl­ent­schei­dung, beraubt sie doch die Franchise ihres inneren Zentrums: Der kyber­ne­ti­schen Maschine, die gleich­zeitig menschennah und -fern war, Über­mensch und Unter­mensch. Die dazu­gehö­rigen philo­so­phi­schen Bezüge waren immer plastisch bildhaft offen­kundig, es bedurfte keiner pathe­ti­schen Phasen a la »What is it that makes us human? It’s not something you can program. You can’t put it into a chip.« wie man sie norma­ler­weise nur in Esote­ri­ksit­zungen, im Philo­so­phie­kurs der Volks­hoch­schule und in Partei­pro­grammen findet, aber nicht in Termi­nator-Filmen.

Der neue Held also ist jener John Connor (Christian Bale), der als Erwach­sener in der fernen Zukunft der ersten drei Teile Komman­deur des mensch­li­chen Wider­stands war im inzwi­schen ausge­bro­chenen Krieg gegen die Maschinen; zugleich bildete er in den Filmen aber eine Art Messias des post­re­li­giösen Zeit­al­ters: Als unge­bo­renes Kind 1994, Knabe 1992 und puber­tie­render Jüngling 2003 jeweils das Ziel­ob­jekt, respek­tive den Schutz­be­foh­lenen jener aus der Zukunft ange­reisten Killer- und Kampf-Maschinen. Im neuen Film nun ist jene Zukunft Gegenwart, man schreibt 2018, die Zeit nach dem »Judgement Day« der nuklearen Kata­strophe. Termi­nator 4: Salvation ist damit im Übrigen auch keines jener gerade so beliebten »Prequels«, das wie X-Men Origins – Wolverine oder Batman Begins oder der neueste Star Trek-Film eine Vorge­schichte erzählt. Aber er ist auch keine Fort­set­zung. Sondern er erzählt die Vorge­schichte jener 2029 ange­sie­delten Rahmen­hand­lung der bishe­rigen Filme: Wie wurde aus John Connor der Held und Wider­stands­führer, im Jahr 2029 45 Jahre alt sein wird?

Regisseur »McG« und das knappe Dutzend Dreh­buch­au­toren, das irgend­wann während der Entste­hungs­phase am Script herum­wer­kelte, mussten zudem natürlich auch bestrebt sein, wieder etwas Beson­deres, Origi­nelles, gar Einma­liges zu finden, das »T4« wie die bishe­rigen drei Termi­nator-Filme über Science-Fiction-Durch­schnitt heraus­hebt, ein Allein­stel­lungs­merkmal. Die Idee zu solchem intel­lek­tu­ellen Unique Selling Point wird diesmal bereits im Prolog angelegt, dem einzigen Abschnitt, der nicht 2018 spielt, sondern bereits 2003: Hier überredet eine von der Krebs­krank­heit sichtbar gezeich­nete Frau, Dr. Serena Kogan, ein weib­li­cher Dr. Fran­ken­stein (Helena Bonham Carter), einen zum Tode Verur­teilten in der Todes­zelle, seinen Körper einem Cyber­ge­netik-Projekt zur Verfügung zu stellen. »Für einen Kuss« sagt dieser und verkauft seinen Körper für die körper­liche Erfahrung. »So that’s what death tastes like.« sagt er. Doch nicht für ihn, und gewis­ser­maßen auch nicht für sie. Denn beide werden wieder­auf­er­stehen, er als genetisch designter »Infil­tra­tions-Cyborg«, ein Mensch-Maschine Verschnitt, das einen Termi­nator-Körper mit mensch­li­cher Haut, Hirn und Herz vereint – von den Ideen, die heute tatsäch­lich im Kopf mancher Zukunfts­for­scher herum­schwirren, ist das gar nicht allzu weit entfernt.

Jener Cyborg namens Marcus Wright entpuppt sich bald – wie einst Schwar­ze­neggers Termi­nator – als humanstes Wesen unter den Menschen. Seine Schwach­stelle ist das Herz – was er mit Connor gemeinsam hat. Und der unbe­kannte Austra­lier Sam Wort­hington stielt Christian Bale die Schau. Das hat viele Gründe. Das steife Spiel, das fehlende Charisma Bales, die Method-Acting-Pose des »ernst­haften« Schau­spie­lers und die damit verbun­dene allzu oft durch­schim­mernde Eitelkeit tun da das eine. Bales fehlende Wirkung hat auch etwas damit zu tun, dass er zur Zeit einfach viel zu oft auf der Leinwand zu sehen ist, und in zu ähnlichen Rollen. So tut sich der Zuschauer schwer damit, einen echten Unter­schied zwischen Bales »Batman« und Bales »Connor« auszu­ma­chen. Bale ist in allen Fällen humorlos und einfach nicht sympa­thisch. Oft genug ist er auch nicht sexy genug, als das es zu irgend­einer eroti­schen Spannung zwischen ihm und seiner Freundin Kate käme. Nebenbei bemerkt über­bietet Bryce Dallas Howard noch Schwar­ze­negger und Carter als die verschenk­teste Schau­spie­lerin dieses Films. in ihren fünf Kurz­auf­tritten steht sie schwanger herum, sagt einen »bedeu­tenden« Satz, der letztlich aber nur Stichwort für Bale ist, und wird ansonsten links liegen gelassen.

Bales Wirkung ist zusätz­lich noch durch sein schlechtes Image als Schläger, Pöbler und auch sonst unan­ge­nehmer Zeit­ge­nosse in Mitlei­den­schaft gezogen. Man kann Termi­nator 4: Salvation nicht ansehen, ohne sich an Bales im Internet viral verbrei­teten <a href=»http://www.youtube.com/watch?v=ssoZzNmD0I8«>Ausraster</a> am Film-Set zu erinnern, an dem er immerhin den Kame­ra­mann, die Nummer 2 des Teams minu­ten­lang unflätig beschimpfte, und dabei offen­sicht­lich selbst nicht Herr seiner selbst war.

Trotz solcher Schwach­punkte ist Termi­nator 4: Salvation zwar nicht übermäßig originell, aber durchaus dynamisch und abwechs­lungs­reich insze­niert. Die Zukunfts­welt, die der Film zeigt, ist dabei nicht gleißend technoid und futu­ris­tisch, sondern schmutzig und dreckig, der Heavy Metal des alten fordis­ti­schen Indus­trie­zeit­al­ters, bevölkert von unra­sierten Menschen mit Öl unter den Fingernä­geln. Eine Welt, die an die Filme Blade Runner und vor allem Mad Max erinnert. Darin zumindest unter­nimmt also auch »T4« eine Zeitreise: Zurück in die Achtziger Jahre. So ist dies ein dysto­pi­scher Science-Fiction, der vor allem im Design mehr einem Kriegs­film ähnelt. Die Farben sind aschgrau und oft völlig entsät­tigt, mitunter wirkt alles fast Schwarz­weiß – und da ist nicht das Einzige, das an die Ästhetik der Zeit des Zweiten Welt­kriegs erinnert: Das zerstörte L.A. sieht auch dem Berlin des Jahres Null erstaun­lich ähnlich. Und die Bilder der wie Vieh in Wagen gepferchten, hinter Gatter gesperrten, dann per Gesichts­scan selek­tierten Menschen zitieren offen die Ikono­gra­phie des Holocaust. Zudem haben sich die Macher sichtbar und in großen Teilen erfolg­reich Mühe gegeben, ihrem Film plausible Gegen­warts­an­spie­lungen und Subtexte einzu­pflanzen: Neben zahl­rei­chen Film­zi­taten und den Bezügen auf Biotech und Menschen­ver­su­chen, finden sich hier auch und auf die Kriege der jüngeren Zeit: Irak und Afgha­nistan. Es geht um Besat­zungs­truppen, um Gesetz­lo­sig­keit und Folter, um virtuelle Kriegs­füh­rung. Man kann den Film zusam­men­fas­send durchaus wie seine Vorgänger auch als Ausdruck der aktuellen Seelen­lage der USA inter­pre­tieren: Geprägt von latenter Verzweif­lung ob der eigenen verlo­renen Unschuld und erfüllt von der verzwei­felten Hoffnung auf eine zweite Chance. Einmal sagt Connor über seine Lage, und das könnte so ziemlich jeder Ameri­kaner über die Gegenwart sagen: »Something has changed. This is not the future my mom was talking about.« Man müsste laut auflachen, wenn es nicht so traurig wäre.

»No fate« schrieb Sarah Connor in Termi­nator 2: Judgement Day in einen Tisch, »No fate but what we make.« Heute ist das anders. Der offene Diskurs des Films wird über die Frage des Wider­stands geführt. Wider­stand ist positiv besetzt, aber wann ist er nötig? Und was heißt Wider­stand? Der versteckte Diskurs, und da wird es proble­ma­ti­scher, kreist um die Frage der mensch­li­chen Freiheit. Denn Termi­nator 4: Salvation entwirft ein Universum der Deter­mi­na­tion, der Vorbe­stim­mung. Für Freiheit scheint hier kaum noch ein Raum zu bleiben. So bestimmt das Schicksal den Gang der Dinge, ein böser blutiger Ernst durch­zieht den Film. Hier meldete sich jener tragische Pessi­mismus des 19. Jahr­hun­derts zurück, der im Leiden den legitimen Impuls zum Denken, in der Ironie die Sünde und in der Besinnung auf die Notwen­dig­keit bis hin zum Selbstopfer für diese das erfül­lende Moment der Freiheit sieht. »Das Fehlen von Not und Verzweif­lung ist die höchste Not und Verzweif­lung.« schrieb einmal Heidegger. Im Kern ist das der pure Nihi­lismus. Christian Bales John Connor ist somit nicht einfach ein Reiter nach der Apoka­lypse. Er verkör­pert eine neue Feier exis­ten­ti­eller Eigent­lich­keit, die Sehnsucht nach Härte und Schwere und ein durchaus positiv gemeinter Dosto­je­wski-Charakter für unsere Zeit. Die Erlösung, die dieser Film im Titel trägt wird man in der Handlung nicht finden, und in irgend­einer Ironie der Dialoge schon gar nicht. Sie liegt in der von Bale gespielten Figur, und in Bales Gesicht. Früher hätten solche Darsteller Schurken gespielt. Wehe dem Land, wehe dem Publikum, das solche Helden nötig hat.