Systemfehler – Wenn Inge tanzt

Deutschland 2013 · 103 min. · FSK: ab 6
Regie: Wolfgang Groos
Drehbuch: , ,
Musik: Helmut Zerlett
Kamera: Armin Golisano
Darsteller: Tim Oliver Schultz, Paula Kalenberg, Peter Kraus, Constantin von Jascheroff, Jürgen Tarrach u.a.
Vorhersehbares Ende.

Hit oder Liebe?

Der feuchte Traum der schlaf­losen Nächte eines puber­tie­renden Jung-Rockstars ist Inge (Paula Kalenberg) sicher­lich nicht: Sie trägt gebatikte T-Shirts mit boden­langen Esoröcken, engagiert sich in der Umwelt-AG und ist noch dazu die Klas­sen­stre­berin. Eines macht sie aller­dings für ihre hormon­ge­steu­erten Klas­sen­ka­me­raden ziemlich begeh­rens­wert – sie kann außer­or­dent­lich gut Gitarre spielen. Und nur das rettet Max (Tim Oliver Schultz) und seine Jungs von der Punk­rock­band „System­fehler“ im gleich­na­migen Film von Wolfgang Groos aus der Klemme, haben sie doch den Plat­ten­ver­trag schon so gut wie in der Tasche.

Der Regisseur, der bereits einige Jugend­filme gemacht hat (Vorstadt­kro­ko­dile 3, Die Vampirsch­wes­tern), widmet sich in seinem musi­ka­li­schen Jugend­film System­fehler – Wenn Inge tanzt dem Traum vieler Jugend­li­cher von einer Karriere als Rockstar. Man muss ihm zugute halten, dass er sämtliche Facetten eines solchen Musi­ker­da­seins beleuchtet: Der Hype um das One-Hit-Wonder wird ebenso thema­ti­siert wie die Vor- und Nachteile des Leben als Star­mu­siker und die Tücken des Musik­busi­ness. Aller­dings ist im Normal­fall der Ort für den Karrie­re­start einer Schü­ler­band wohl eher der verrauchte Party­keller, in dem halb­ta­l­en­tiert gejamt wird als der coole Auftritt im Szeneclub wie ihn Groos insz­e­niert, wo sich die Mädels beim Anblick der Band gar nicht mehr einkriegen können. Die coolen Jungs von System­fehler haben mit echten Teenagern eher nichts zu tun, viel zu typisiert und stylisch sind sie. Da gibt es den ziel­stre­bigen Band­leader Max, der seine Gesangs­per­for­mance vor dem Spiegel perfek­tio­niert, den lustigen Rothaa­rigen (Tino Mewes), den schüch­ternen Schönling (Thando Walbaum) und den blonden Zweifler (Constantin von Jasche­roff). In dieser Kombi­na­tion wirken sie fast wie der Abklatsch einer dieser Casting­bands, die derzeit die komplette Fern­seh­land­schaft bevölkern. Ebenso überzogen darge­stellt werden die Figuren des unsym­pa­thi­schen schmie­rigen Musi­ka­genten, den wir aus Casting­shows wie DSDS zu genüge kennen, und des alternden Schla­ger­stars Herb. Dieser ist, von Peter Kraus gespielt, eine selbst­iro­ni­sche Karikatur seiner selbst, der mit seinem eigenen Schla­ger­sän­ger­da­sein abge­schlossen hat und statt­dessen Särge probe­liegt.

Die schrille Teenie­komödie nimmt ihren recht vorher­seh­baren Lauf als sich Öko-Inge – wer hätte das gedacht – bereit erklärt, den verletzen Gitar­risten bei dem wich­tigsten Konzert überhaupt zu vertreten. Aber nur unter der Bedingung, dass der Bandhit „Wenn Inge tanzt“ nicht gespielt wird, der übelste Mobbing­song schlechthin. Zum Glück ist das Tempo des Films recht zackig, die Dialoge schlag­fertig und die Bilder bunt, so dass man sich trotz des einfach gestrickten Plots eigent­lich nicht langweilt. Lediglich bei der Musik fragt man sich: Ist in Zeiten von Voice of Germany, Lana del Rey und Kayne West Punkrock überhaupt noch in? Oder doch eher Marketing-Gag des Films?

Natürlich endet System­fehler – Wenn Inge tanzt in einer Lovestory, ein bisschen Herz­schmerz inklusive schnul­ziger Liebes­er­klä­rung auf offener Bühne ist auch mit dabei. Ein wenig geht einem der pseudo-lehr­reiche Unterton des Films auf die Nerven, der besonders offen­sicht­lich in Form von Tipps des in die Jahre gekom­menen Schla­ger­stars an seinen Neffen auftritt. Als es darum geht, ob Max, der sich längst in Inge verliebt hat, nun den Mobbinghit vor versam­meltem Publikum spielt oder nicht, sagt der Onkel: »Willst du einen Hit, auch wenn du riskierst, dass du jemanden verletzt, den du wirklich liebst?« Erfolg oder Liebe, so ist das eben in der Schla­ger­welt – da gibt’s keine Facetten. Viel­leicht ist das der Grund für ihren bevor­ste­henden Tod – zumindest im Film.