Star Trek Into Darkness

USA 2013 · 133 min. · FSK: ab 12
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: , ,
Kamera: Dan Mindel
Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Benedict Cumberbatch, Zoe Saldana, Alice Eve u.a.
Star Trek – auf fast allen Ebenen in der Gegenwart angelangt

Zeitschleife zum Prinzip Hoffnung

Als Daniel Craft Ende 2012 nach einer medzi­ni­schen Routi­ne­un­ter­su­chung mitge­teilt wurde, dass er an einer unheil­baren Krebsart leide und nur noch sechs Wochen leben würde, hatte er nur noch einen Wunsch: wenigs­tens den Trailer von J.J. Abrams neuer Star Trek Sequel Into Darkness zu sehen. Doch Craft, ein enga­gierter Film­lieb­haber und Mitbe­gründer des New York Asian Film Festivals hatte dabei wenig Glück. Mit Hilfe von Freunden schleppte sich der stark geschwächte Craft zwar in eine Auffüh­rung von Der Hobbit – Eine uner­war­tete Reise, doch der neue Star Trek Trailer wurde nicht gezeigt. Crafts Sehnsucht vor seinem Tod nicht nur so viele Filme wie möglich zu sehen, sondern auch noch eine Ahnung von Abrams Star Trek Inter­pre­ta­tion zu bekommen, animierte schließ­lich Crafts Frau Paige einen Hilferuf auf dem legen­dären Messa­ge­board Reddit zu lancieren. Das Posting wurde hoch­ge­punktet und landete auf etlichen Pres­se­ver­tei­lern. Kurz darauf erhielt Paige einen Anruf von J.J. Abrams und schon am nächsten Tag stand einer der Produ­zenten von Bad Robot vor dem Apartment des Paares, in der Hand eine DVD mit einer Rohfas­sung des Films. Craft hatte sich den Tag zuvor erholt, um den Film sitzend durch­stehen zu können, unter­zeich­nete die nötigen Geheim­hal­tungs­do­ku­mente, um schließ­lich den Film sehen zu können. Glücklich, aber völlig erschöpft schleppte sich Craft nach dieser unge­wöhn­li­chen Preview wieder ins Bett, das er nicht mehr verlassen sollte; wenige Tage später verstarb Craft in einem Hospiz, nicht ohne noch einmal gesagt zu haben, dass Into Darkness sein letztes großes Vergnügen im Leben gewesen sei.

Die Kommen­tare nach einem letzten Dankes-Posting auf Reddit sprechen für sich – J.J. Abrams hat bezüglich Daniel Craft im Geist von Star Trek gehandelt, der im Grunde in einer einfachen Botschaft besteht: der Verbrei­tung des Prinzips Hoffnung. Und sieht man J.J. Abrams Star Trek: Into Darkness nach diesem Postulat, bildet er keine Ausnahme, ist er ein gelun­gener Baustein eines der größten und ältesten Film-Franchise- und Glau­bens­un­ter­nehmen, das es je gegeben hat.

Aber auch ohne diese bemer­kens­werte Rück­kop­pe­lung von Realität und Fantasie dürfte zu diesem Zeitpunkt selbst skep­ti­schen »Trekies« bei dem Gedanken warm geworden sein, dass J.J. Abrams als Regisseur auch für dieses Kapitel Star Trek verant­wort­lich war. Denn Abrams hatte sich zuvor durch Mission: Impos­sible III nicht nur als souver­äner Sequel-Spezia­list, sondern auch ein feines Gespür in Sachen Retro bewiesen, als er 2011 mit Super 8 den Geist »E.T.s« beschwor und ihn dann noch zu zu etwas völlig neuem, zeit­ge­mäßen trans­for­mierte. Und immerhin war es schließ­lich Abrams, dem es 2009 mit dem elften Star Trek-Film gelungen war, auch Star Trek aufregend zu erneuern – und erstmals einen Oscar zu bescheren.

Der Trailer, den Daniel Craft so verzwei­felt versucht hatte zu sehen, löst dieses Verspre­chen tatsäch­lich auch ein – Star Trek ist über eine Zeif­schleife aus der Vergan­gen­heit mit Zwischen­stopp in der Zukunft in der Gegenwart angelangt – mit dem unsere Zeit beun­ru­hi­gend prägenden Thema Terro­rismus.

Doch wie oft bei zu guten Trailern kann der eigent­liche Film mit den erzeugten Erwar­tungs­hal­tungen kaum mithalten. Zwar gelingt es Abrams, den jugend­li­chen Charak­teren um Capt. James Tiberius »Jim« Kirk (Chris Pine) einen weiteren Schub an charak­ter­li­cher Tiefe zu verleihen, doch erzäh­le­risch floppt der Film fast auf ganzer Linie. Versatz­stück­artig wird eine Handlung um Abenteuer, Freund­schaft, Verblen­dung und Terror zusam­men­ge­flickt, immer mit feinen Anspie­lungen auf die film­his­to­ri­sche Vergan­gen­heit versehen, die im erzäh­le­ri­schen Universum natürlich noch weit in der Zukunft liegt. Die Versatz­stücke und ihre Anspie­lungs­räume sind dabei jedoch derartig zahlreich, dass in dem knapp bemes­senen Zeit­rahmen nichts so recht Fuß fassen kann – weder die ange­legten Span­nungs­spi­ralen noch die emotio­nalen Verstri­ckungen der Helden.

Mit einer Ausnahme selbst­ver­s­tänd­lich. Denn wo es um nicht weniger als um ein alter­na­tives Leben unser aller geht, um so etwas wie eine Vision in einer an sozialen Visionen armen Zeit, liest sich Star Trek gar nicht so viel anders als Ernst Bloch in seinem Vorwort zu »Das Prinzip Hoffnung«:

»Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Was erwarten wir? Was erwartet uns? Viele fühlen sich nur als verwirrt. Der Boden wankt, sie wissen nicht warum und von was. Dieser ihr Zustand ist Angst, wird er bestimmter, so ist er Furcht.
Einmal zog einer aus, das Fürchten zu lernen. Das gelang in der eben vergan­genen Zeit leichter und näher, diese Kunst ward entsetz­lich beherrscht. Doch nun wird, die Urheber der Furcht abge­rechnet, ein uns gemäßeres Gefühl fällig.
Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern.«

(Ernst Bloch in: Das Prinzip Hoffnung, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985)