Species II

USA 1998 · 93 min. · FSK: ab 16
Regie: Peter Medak
Drehbuch:
Kamera: Matthew Leonetti
Darsteller: Michael Madsen, Natasha Henstridge, Justin Lazard u.a.

Die Monster sind immer die Anderen.
Ihre Funktion ist vor allem die: Sie bieten eine Projek­ti­ons­fläche für alles, was als bedroh­lich abwei­chend empfunden wird vom Ideal der Norma­lität; zeigen in ihrer Existenz als Nega­tiv­bei­spiel auf, wie das Gute, Gott­ge­wollte auszu­sehen hat. Wenn sie schließ­lich am Ende der Geschichte zerstört werden, dann lassen sie die »normale« Gemein­schaft gereinigt und in ihrer Identität gestärkt zurück.
Damit sind sie freilich auch stets ein perfekter Zerr­spiegel für die Gesell­schaft, die sie erfindet. Nicht schwer zu raten, was es bedeutet, daß in unserer Kultur (spätes­tens seit dem Siegeszug des Bürger­tums, aber mit Wurzeln bis in die Antike) immer wieder und wieder Monster der Phantasie entspringen, die ganz eindeutig mit (vor allem weib­li­cher) Sexua­lität in Verbin­dung stehen.

Wir erinnern uns: Selten wurde dies dermaßen über­deut­lich prak­ti­ziert wie im ersten Species. Dort war das Monster eine außer­ir­di­sche DNA, die, zum Körper heran­ge­züchtet, die Gestalt einer höchst attrak­tiven Frau annahm und reichlich bewies: »The female of the species is more deadly than the male.«
Und auch sonst wählte der Film kaum je den Umweg über Symbole, sondern zeigte ebenso direkt wie platt, wie er die Welt sah: Die gute Frau geht vor ihrem Helden auf die Knie und macht ihm die Lewinsky; die böse ist on top und zeigt binnen Kurzem ihr wahres Wesen – eine glib­bernde, tenta­kel­be­wehrte und männer­mor­dende Kreatur. Garniert mit einem Empathen, der mit dem Monster in tele­pa­thi­scher Verbin­dung steht (ein Schwarzer – welch Über­ra­schung! Noch so ein »Anderer«!) und einem Showdown in wasser­durch­flu­teten, durch einen schmalen Spalt erreich­baren Höhlen (calling for Dr. Freud), war Species stets kurz davor, in eine Parodie dümmster, hyste­rischster Männer­phan­ta­sien umzu­kippen – nahm sich aber, naiv unbewußt wie er dessen war, leider völlig ernst.

In Species II ist alles ganz anders: Der Film weiß, was er tut, und mit großem Vergnügen und voller Konse­quenz stellt er das tumbe Muster des Vorgän­gers auf den Kopf. Er führt sehr früh ganz klar vor, wie die Verhält­nisse zwischen den Geschlech­tern sich konsti­tu­ieren: Mächtige Männer sitzen hinter der Sicher­heit eines Einweg­spie­gels und beob­achten genüßlich einen nackten, fest­ge­schnallten Frau­en­körper, der auf ihren Wunsch hin gräß­li­chen Verun­stal­tungen unter­zogen wird.
Das wahre Monster aber ist nun der weiße, männliche Held (der gemei­ner­weise auch noch in die Kennedy-Nachfolge gestellt wird) – und die tödliche Gefahr ist sein Traum von der Groß­fa­milie, den er rück­sichtslos (und über zahl­reiche Frau­en­lei­chen hinweg) in die Tat umzu­setzen beginnt.

Sicher ist Species II filmisch nicht über­trieben brillant oder inspi­riert (von Regisseur Peter Medak wäre ange­sichts seiner bishe­rigen Werke mehr zu erwarten gewesen), aber er bewegt sich auch nicht unterhalb des durch­schnitt­li­chen Niveaus vergleich­barer Produk­tionen. Wo diese jedoch anstandslos konsu­miert werden, solange sie sich an die tausendmal gesehenen Konven­tionen halten, ergißt sich über Species II aller­orten ein Schwall des Hasses, der jeglicher ratio­nalen Grundlage entbehrt. Es ist schon faszi­nie­rend (und sehr, sehr traurig) zu beob­achten, wie plötzlich ein solcher Film als grob unglaub­würdig, unlogisch und schlecht empfunden wird, obwohl er an der Ober­fläche kaum etwas anderes tut als seine Genre-Verwandten. Nur daß er nicht die weibliche Sexua­lität als monströs hinstellt, sondern Dinge wie Verge­wal­ti­gung und ameri­ka­ni­sche family values.

Schön, daß es wenigs­tens Filme gibt, die versuchen im eng gesteckten Rahmen ihrer Vorgaben gegen den Strom zu schwimmen – schade, daß sie dafür so abge­ur­teilt werden. Species II ist jeden­falls ein äußerst tapferes B-Picture – nur leider offenbar zu subversiv für diese Welt.

An der Grenze

Warum werden solche Filme gemacht? Filme die sich durch die völlige Mißach­tung von Intel­li­genz, Logik und das Fehlen jeden Zusam­men­hangs auszeichnen. Filme in denen völlig sinnlos überall Blut fließt, Frauen mit nackten Brüsten hinter jeder zweiten Ecke stehen, um kurz danach von jener titel­ge­benden »Species« aufge­schlitzt und vernascht zu werden. Doch Vorsicht, Freunde des Splatter, was ihr jetzt erwartet, ist es auch nicht.

Species war zwar ein guter Titel für einen Horror-Science-Fiction, aber ansonsten einer der schlech­testen Filme des Jahres 1995. Alles in allem nichts weiter, als ein langer, blutiger und unori­gi­neller Vorwand, um möglichst viel von der Anatomie Natasha Hens­tridges vorzu­führen. Das hat aber gereicht, um ca. 60 Millionen $ allein in den USA einzu­spielen, was beweist, daß dort manche Teenies und ihre notgeilen Papas über die Debi­litäts­grenze kaum hinaus kommen. Die Haupt­at­trak­tion in Species 2 ist zwei­fellos Natasha Hens­tridge (die, um diese im Raum stehende Frage zu beant­worten, im Film tatsäch­lich ihr Oberteil aussieht, aber nur einmal, und sehr kurz) die zwar im ersten Teil hinge­met­zelt wurde, aber hier nach dem Muster des letzten Alien-Films genetisch wieder zur Aufer­ste­hung gebracht wird. Die trifft nun auf wieder einmal einen All-American-Astronaut (Justin Lazard). Der war gerade auf dem Mars, und fand dort zwar keine grünen Männchen, aber ein böses DNA, das ihn ­- wie das Film-DNA’s so an sich haben – infiziert. Das Spezielle der Species-Filme ist nun, das die Aliens nicht nur morden wollen, sondern vorher gerne sehr athle­tisch-gewalt­samen Sex haben. Wenn unser infi­zierter Astronaut nun mit einer Erdling­frau ins Bett geht, dann platzt sie kurz darauf wie eine Wasser­me­lone mit Überdruck, und ein putziges, neues Alien-Baby ist geboren. Klar könnte man jetzt hier AIDS-Metaphern wittern, und das Ganze mit Alien-Folgen verglei­chen, aber das tun noch nicht einmal die Macher, und es hieße auch, diesem Film zuviel Ehre antun. Das Posi­tivste, das sich über Species II sagen läßt, ist, daß er immerhin noch nicht einmal pseu­do­in­tel­lek­tuell tut, und insofern in all seiner Dummheit wenigs­tens unver­schämt ehrlich ist. Weil der Film mit einem saudoofen »Es ist nicht vorbei!«-Klischee aufhört, müssen wir jetzt alle hoffen, das es kein Species 3 geben möge.