N/S/DK/F 2011 · 88 min. · FSK: ab 12 Regie: Jens Lien Drehbuch: Nikolaj Frobenius Kamera: Morten Søborg Darsteller: Åsmund Høeg, Sven Nordin, Sonja Richter, Tony Veitsle Skarpsno, Camilla Friisk u.a. |
||
Unreflektierte Stereotypisierung |
Rebellion gehört zum Jungsein. Eine Weisheit, die sich inzwischen wohl etabliert haben dürfte. Dass das Aufbegehren gegen alte Autoritäten dabei oft nicht so einfach ist, wie man sich das vorstellt, kränkt das Gemüt eines leidenschaftlichen Stürmers-und-Drängers.
Der junge Norweger Nikolaj würde gerne revolutionieren, aufbegehren, zerstören. Als Hindernis stellt sich ihm jedoch nicht der Reaktionismus der bürgerlichen Eltern in den Weg, im Gegenteil: sein Problem ist der Aktionismus seiner antibürgerlichen Hippie-Eltern. Nikolajs Vater Magnus zitiert Nietzsche am Weihnachtsabend, singt statt Wiegenliedern die kommunistische Internationale und läuft ständig in haariger Nacktheit durch das Haus. Kurz und gut: Nikolajs Vater ist ein hartnäckiges Überbleibsel aus der Hippie-Zeit.
Nikolaj will anders sein. Doch wie kann er noch revolutionärer, noch mehr anti sein als seine Eltern? Er startet die ersten zarten Versuche, aber erntet statt Tadel auch noch Lob. Doch Gott sei Dank kommt aus Großbritannien eine musikalische Welle der Anarchie angeflogen, auf der er jetzt mitschwimmt, der Punk. Nikolaj hört die Sex Pistols, trägt kaputte Kleidung, nimmt Drogen und gründet schließlich selbst eine Punk-Band. Als seine Mutter stirbt, gerät er komplett auf die schiefe Bahn. Sein Vater ist zuerst skeptisch. Sein friedliebendes, ruhiges Linkentum kollidiert kurzzeitig mit dem anarchisch-chaotischen Linkentum seines Sohnes. Doch statt einzuschreiten, macht er beim Punk-Sein einfach mit. Zum Leidwesen seines Sohnes.
Sons of Norway ist ein tragischer Film. Wenige lustige Momente durchbrechen die oberflächliche Tragik, die das Geschehen bestimmt. Der Vater-Sohn-Konflikt ist ein einziges Hin und Her zwischen den Stereotypen des Punks und des Hippies, ohne dass dabei die Stereotypisierung, die der Film vornimmt, irgendwie kritisch hinterfragt würde: Punks sind gewalttätig und drogenabhängig, Hippies sind sentimental und dauerhigh. Punkt. Was will uns der Film sagen? Er preist die alte, reaktionäre und autoritäre Elternschaft und verurteilt hyperliberales Elternsein, das im Film zwangsweise auf die Katastrophe hinführt. Und er will uns zeigen, was tragische Momente aus einem jungen Leben machen können. Letzteres gelingt ihm allerdings gerade wegen der unreflektierten Stereotypisierung kaum.
Der Vater ist derartig unkonventionell, dass der Sohn Probleme damit hat, noch unkonventioneller zu sein: eine interessante Idee. Der Film macht weniger daraus, als möglich wäre. Wenn man das Kino verlässt, bleibt zumindest eins: das Glück, einen wenigstens halbwegs reaktionären Vater zu haben.