Schnee in der Neujahrsnacht

Deutschland 1999 · 100 min. · FSK: ab 12
Regie: Thorsten Schmidt
Drehbuch:
Kamera: Klaus Eichhammer
Darsteller: Jürgen Tarrach, Tamara Simunovic, Hannes Jaenicke, Dieter Landuris u.a.

Jeder hat andere Vorbilder. Thorsten Schmidt z.B., Jung­fil­me­ma­cher, preis­ge­krönt und als hoff­nungs­reich gepriesen, steht offen­sicht­lich auf Ran – nein, nicht den Kurosawa-Film, sondern die Sendung auf Sat.1, die drollige Genre­szenen am Rande des Fußball­sports doku­men­tiert. Um die Spiele selbst kümmert sich die Sendung wenig, meist werden grimmige Manager und fuch­telnde Trainer gezeigt oder Gewinn­spiele veran­staltet. Bei Schmidts Spielfilm Schnee in der Neujahrs­nacht gibt es auch eine Art Preisau­schreiben: Der Bürger­meister von Berlin verspricht dem ersten Berliner Baby zum Millenium eine Million DM, wahr­schein­lich von dem Konto, das Kohl extra für solche Zwecke in der Schweiz einge­richtet hat.

Zufällig ist die Russin Natalia schon am Sylves­ter­abend von oben bis unten schwanger, leider ist der Vater unpäss­lich, so daß sich Natalia bis zur Nieder­kunft um zwölf mit einem Busfahrer anfreunden muß, um nicht Allein­er­zie­hende zu werden. Zugleich plant ein verlas­sener Ehemann, seine Gattin von einem Heiß­luft­ballon aus nieder­zu­knallen. Als das Feuerwerk beginnt, stürzt das Gefährt ab, und er verspricht am Handy schnell, mit dem Saufen aufzu­hören, falls er überlebt, was er schließ­lich tut. Jede der vier, fünf Episoden hat eine über­sicht­liche Problem­stel­lung und erfährt eine hurtige Auflösung. Alko­ho­lismus, Armut und Deppres­sion werden von märchen­hafter Hand beseite gewischt. Als Geländer dienen der jewei­ligen Handlung die Meldungen, die ein einsamer Radio-DJ dem nächt­li­chen Berlin zuver­künden hat. »In Berlin ist der Bär los« heißt es da mehrfach, haha, denn, tatsäch­lich ist aus'm Zoo einer entlaufen.

Schwar­ze­negger hat kürzlich einen Mangel an »Millän­niums-Fülmen« fest­ge­stellt. Der eine hier ist schon zuviel. Gut, auf Sat.1 wäre er nicht weiter negativ aufge­fallen. Auf der Leinwand aber macht er revue­artig auf alle Unzu­läng­lich­keiten deutschen Kinos aufmerksam, bringt’s weder zumMär­chen, noch zur Schnulze, noch zur Komödie, zieht sogar ehrbare Darsteller wie Jürgen Tarrach nach unten und verschwendet den leib­haf­tigen Eric Burdon an eine hinfäl­lige Neben­rolle. Der Bär als Turbulenz-Quotient ist nicht die einzige ausge­franste Idee, schlimmer ist Hannes Jaenicke als einsamer Wolf im Radio. Mit sonorer Stimme mauschelt er Groß­stadt­phi­los­phi­sches daher, bis die einsame Nachbarin von gegenüber ihn endlich, endlich während des Abspanns erhört und damit zum Schweigen bringt.