Der Prinz von Ägypten

The Prince of Egypt

USA 1998 · 99 min. · FSK: ab 6
Regie: Brenda Chapman, Steve Hicker
Drehbuch: ,
Musik: Hans Zimmer, Stephen Schwartz
Zeichentrick-Bibel

Moses und Ramses, Adolf und Charlie

Dream­works tollkühne Bibe­l­ad­apton

Während hier­zu­lande alte Männer schus­se­lige Debatten führen über das Vergessen oder Nicht-Vergessen von Geschichte, haben sich die Amis in ihren Zeichen­trick­filmen mitt­ler­weile einen eigen­artig sport­li­chen Umgang mit histo­ri­schen und klas­si­schen Vorlagen ange­eignet. Ob Bibel, grie­chi­sche Mytho­logie oder Geschichte des 20.Jahr­hun­derts, für Disney und Konsorten ist alles nur ein Exposé zum nächsten Block­buster, beliebig verän­derbar und tantie­men­frei. In Hercules hatte der grie­chi­sche Held gegen seinen Onkel Hades zu kämpfen, in Anastasia straft der böse Zauberer Rasputin den Zaren mit der Revo­lu­tion, und nun hat Spiel­bergs Firma Dream­works, die derzeit Disney auf dem Kitsch­markt Konkur­renz macht, mit einer kühnen Adaption des Alten Testa­ments zuge­schlagen. Für Der Prinz von Ägypten ist Moses kurzer­hand zum Bruder von Ramses mutiert.

Die Produ­zenten des Filmes sehen diesen in der Tradition von Bibel-Adap­tionen wie Die zehn Gebote. Mit so bombas­ti­schen Compu­ter­ef­fekten werden bren­nender Busch, diverse Plagen und die Meeres­tei­lung auf die Leinwand geschmiert, daß man, wenn man denn Christ wäre, sich gegen solch gottes­läs­ter­li­chen Krawall lautstark wehren müßte. Der Prinz von Ägypten soll besonders ein erwach­senes Publikum bannen, das heißt, die Saga wurde völlig ironie­frei und mit einem schwin­del­er­re­genden Maximum an Melo-Effekten zusam­men­ge­schwelgt. Man könnte meinen, wenn alle Gläubigen so hinge­bungs­voll doof wären, wie die Macher dieses Filmes, dann hätte sich das Chris­tentum bald erledigt. Doch mit Sicher­heit wird auch dieser wohl fürch­ter­lichste Schmus seit Bambi ein Voll­treffer werden. Ein Planet, der schon Telly Savalas als Pontius Pilatus und John Wayne als guther­zigen Legionär hat durch­gehen lassen, kommt ein Moses-Musical grade recht.

Die Leute von Disney werden sich in der nächsten Herbst­meis­ter­schaft ganz schön veraus­gaben müssen. Falls sie einen guten, ausbaufähigen Stoff brauchen, sei ihnen das dritte Reich empfohlen. Die Story könnte so aussehen: Hitler und Chaplin werden als Zwil­lings­brüder in England geboren, durch einen IRA-Anschlag verschellt der kleine Adolf und treibt in einem Bast­körb­chen den Rhein hinunter und landet in Braunau. Dort hat ihn seine Stief­mutter nicht richtig lieb, weshalb er sich zum bösen Diktator entwi­ckelt, während Bruder Charlie mit seiner gesunden Mutter­bin­dung zum größten Komiker aller Zeiten reift. Eines Tages erkennt Chaplin seinen verschol­lenen Bruder in der Zeitung am Schnurr­bart und beschließt, Kontakt mit ihm aufzu­nehmen. Charlie reist, nur begleitet von einem putzigen Wasch­bären namens Eisenhower, nach Deutsch­land. Adolf überwacht inzwi­schen ganz Mittel­eu­ropa mittels Satel­li­tenüber­wa­chung von einem geheimen Bier­keller unterhalb des Hofbräu­hauses, wo er sich faschis­ti­scher Malerei hingibt und ein Gehege von Schä­fer­hunden hält. Charlie beschwört Adolf den Plan vom 2. Weltkrieg aufzu­geben, Adolf schwankt zunächst, doch als Eva Braun schließ­lich dem Charme des Komikers erliegt, steigt Hitlers Haß ins Uner­meß­liche. Charlie flieht, nennt sich Oscar Schindler, teilt den Atlantik, indem er die Arme ausbreitet, führt die Juden ins gelobte Land und singt einen Song von Elton John. Hitler dagegen trinkt sich im Hofbräu­haus zu Tode.
Wenn sich diese 3. Reich-Version durch­setzen ließe, müssten unsere Senioren nie mehr über Vergessen und Nicht-Vergessen der jüngeren Geschichte disku­tieren.