Obaba

Deutschland/Spanien 2005 · 107 min.
Regie: Montxo Armendáriz
Drehbuch:
Kamera: Javier Aguirresarobe
Darsteller: Pilar López de Ayala, Juan Diego Botto, Bárbara Lennie, Peter Lohmeyer, Mercedes Sampietro u.a.
Studentin in der Schule

Facettenreichtum des Dunklen

Eine kleine Eidechse steht im Zentrum dieses Films. Das Tierchen ist hübsch und doch unheim­lich in seiner flinken Unbe­re­chen­bar­keit, und ein »kleiner Dino­sau­rier«, eine Ahnung von der vormensch­li­chen Urwelt vermit­telnd, der es entstammt. Im Alten Testament galt es als »unrein«, als Verkör­pe­rung des Bösen. Hier steht es für »das Andere der Vernunft«. Eine Legende im titel­ge­benden baski­schen Dorf Obaba erzählt davon, das sich das kleine Wesen durchs Ohr in das Gehirn eines Menschen hinein­frisst, ihn fürs Leben taub macht – eine Metapher ist das natürlich für die Träume und Phan­ta­sien, die dafür sorgen, dass der Eine oder Andere fürs Leben nicht mehr taugt, ihm »auf Erden nicht zu helfen« ist.

Die Haupt­figur ist die Studentin Lourdes (Bárbara Lennie). Aus der baski­schen Metropole San Sebastián kommt sie in das abge­le­gene Bergdorf Obaba, um dort einen Film über das Leben der Bewohner zu drehen. Sie begegnet den Bewohnern und ihren für sie merk­wür­digen Ritualen, ihrer Vergan­gen­heit, und irgend­wann wird sie auch mit ihrer eigenen Nacht­seite konfron­tiert, ihrem Unbe­wußten. Stadt trifft auf Land, Alltags­ver­nunft auf Esoterik, Wissen­schaft auf Legenden.

Obaba von Montxo Armen­dáriz demons­triert einmal mehr die ganz gewöhn­liche Stärke des spani­schen Gegen­warts­kinos. Zugleich ist dies eines der seltenen Beispiele für einen originär baski­schen Film. Wer Obaba in der Origi­nal­fas­sung sieht, wird erstaunt sein, über die Rauheit und Fremd­ar­tig­keit dieser Sprache. Zugrunde liegt dem Film der Episoden-Roman Obabakoak oder Das Gänse­spiel (1988) von Bernardo Atxaga – ein welt­weiter Best­steller und schnell zu einem zentralen lite­ra­ri­schen Werk des baski­schen Natio­nal­be­wusst­seins geworden, ein Kosmos des Phan­tas­ti­schen und Skurrilen. Kame­ra­mann Javier Aguir­resa­robe (The Others) entdeckt uns den Facet­ten­reichtum des Dunklen, und die durchweg guten Darsteller, unter ihnen Peter Lohmeyer als deutscher Ingenieur, machen den Film zu einem sehens­werten Erlebnis.