The Nice Guys

USA 2016 · 116 min. · FSK: ab 16
Regie: Shane Black
Drehbuch: ,
Kamera: Philippe Rousselot
Darsteller: Russell Crowe, Ryan Gosling, Angourie Rice, Matt Bomer, Margaret Qualley u.a.
Wirklich eine Entdeckung: Angourie Rice

Es leben die Seventies!

Ein Auto kracht in ein Haus. Aus dem Off erfahren wir kurz darauf: »There is something wrong with kids today. They know too much.« Und: »Marriage is buying a house for someone you hate – remember that.«

»Time is drifting...«, »die Zeit fließt« erklingt der Sound­track, in typischer 70er-Jahre-Manier. Genau­ge­nommen ist es das Jahr 1978, in das uns dieser Film zurück­führt – nicht erst im Rückblick eine Zeiten­wende, sondern schon die Zeit­ge­nossen spürten: Die Hippie­träume waren vorbei, auch Watergate hatte keine Revo­lu­tion gebracht und nach der Ölkrise stiegen die Benzin­preise noch schneller als der Dollar sank.

Und auch wenn The Nice Guys zual­ler­erst eine furiose Komödie ist, so ist dieses Krisen­be­wusst­sein unter der Ober­fläche präsent – in den Figuren des Films wie im Kopf des Zuschauers, der unwei­ger­lich Paral­lelen zieht, und erkennt, dass es auch 40 Jahre später immer weiter bergab geht, mit dem Ameri­ka­ni­schen Traum.

Regisseur Shane Black, als einer der wich­tigsten Dreh­buch­au­toren Holly­woods ein Meister des Main­stream, in seinen eigenen Filmen wie dem großar­tigen Kiss Kiss, Bang Bang zumeist Exzen­triker und Außen­seiter, ein Meister turbu­lenter Komödien, der für einen guten Witz seine Groß­mutter und dazu auch die Story sofort verkaufen und vergessen würde, dieser Shane Black ist ein Nost­al­giker. Er hat ein Händchen für jene Äußer­lich­keiten und Ober­flächen, die im Kino so wichtig sind, für Räume, für Design, für die kleinen Details, die die Vergan­gen­heit erst lebendig machen.

So kreiert er ein 70er-Jahre Los Angeles, das es viel­leicht so tatsäch­lich nie gegeben hat, dass aber so glaub­würdig wirkt, und dabei so schön, dass man sich gar kein anderes vorstellen kann, geschweige denn will.

Alle tragen Schlag­hosen, Männer kunter­bunte Hawaii-Hemden, die Autos sind riesig und tiefer­ge­legt, Kinder fahren Bonanza-Rad und im Fernsehen laufen »Die Waltons«. Das ist wichtig, weil es auch hier einen John-Boy gibt, aber ganz anderen.

Solche genau gesetzten Äußer­lich­keiten sind die eine Stärke dieses Films. Die zweite ist Blacks Talent für rasant insze­nierte, verzwickte Plots, die sich am Ende aber immer auflösen. Die dritte Stärke sind die Darsteller. Russell Crowe und Ryan Gosling, sonst die harten Jungs in Hollywood.

Diemal sind sie zwar auch hart, doch hinter dem Rauhbein-Auftreten verbergen sich unüber­sehbar Männer mit Schwächen und Herz. Das muss auch so sein, denn am Ende ist dieser Film eine Komödie vor ernstem Hinter­grund, in der die heiteren Momente und ein anzüglich-ironi­sches Augen­zwin­kern, alle Gewalt und die vielen Blech­schäden des Films schnell vergessen lassen.

Die Handlung kreist um ein verschwun­denes Mädchen und zwei Privat­de­tektve, die zusam­men­ar­beiten müssen, um ihren Fall aufzu­klären. Versof­fene Versager, allein zweit­klassig werden sie zu einem erst­klas­sigen Team.
So ist The Nice Guys auch ein klas­si­scher »Buddy-Movie«, ein Film über zwei Männer­kum­pels.

Wer weiß schon, wie es wirklich war, als Privat­de­tektiv in Amerika in den 1970er Jahren. Man kennt ja nur Fernseh-»Detektiv Rockford«. Wenn diese Komödie immer wieder ins Ernste kippt, dann wird hier zumindest ange­deutet, dass die Realität näher bei Polanskis Chinatown liegt als bei netten Fern­seh­se­rien.

Unter all solchen filmi­schen Zeichen­sys­temen liegt aber die Wirk­lich­keit. Und so erinnert uns Shane Black an ein Amerika in dem mal die Auto­in­dus­trie von Detroit und die Porno­film­ty­coons der Westküste die mäch­tigsten Wirt­schafts­in­stanzen des Landes waren

Trotz solcher Realität­s­ein­schübe ist The Nice Guys vor allem sehr lustig. Ein Spiel mit Nostalgie und Genre-Regeln, das nichts wirklich ernst nimmt, auch sich selbst nicht, und dies mit toller Musik, und perfekt-routi­nierter Insze­nie­rung auffängt.

So toll wie Kiss Kiss, Bang Bang (so hieß in Anspie­lung auf den berühmten Nancy-Sinatra-Song, vor elf Jahren immerhin eine der besten Komödien des Jahr­zehnts), ist der Film leider nicht. Kein Neo-Film-Noir, der den Mythos der »Hard Boild«-Detektve der 30er Jahre aus den Geschichten von Chandler und Hammet noch einmal wieder­be­lebt.

Man mag vieles in diesem Film bei allem Spaß schnell vergessen, eines aber vergisst man nicht: Den Auftritt der 13-jährigen Angourie Rice als neun­mal­kluge Tochter von Russel Crowe. Dieses Girl ist wirklich eine Entde­ckung.