The Missing

USA 2003 · 137 min. · FSK: ab 12
Regie: Ron Howard
Drehbuch: ,
Kamera: Salvatore Totino
Darsteller: Tommy Lee Jones, Cate Blanchett, Evan Rachel Wood, Jenna Boyd u.a.
Tommy Lee Jones und Cate Blanchett

New Mexico, im Jahr 1885: Allmäh­lich wird der Wilde Western zivi­li­siert, die India­ner­kriege sind vorbei, Plat­ten­spieler tauchen auf den Märkten auf, und reisende Photo­gra­phen ziehen durch die Steppe. Irgendwo in den Wäldern lebt die fromme Maggie (Cate Blanchett) mit zwei Töchtern. Sie hat eine Farm, und arbeitet als »Heilerin« für die Menschen der näheren Umgebung. Einen Mann im Haus gibt es nicht, und bald erfährt man, dass sie mit ihrem Vater, der als Jäger in der Gegend lebt, nur das Nötigste spricht. Als Maggie noch ein Kind war, verließ er die Mutter für eine India­nerin. Indianer gelten diesen Weißen noch als primitiv, schmutzig, heidnisch – und gefähr­lich.

Nicht immer zu Unrecht. Denn eines Tages wird Maggies ältere Tochter, die 17jährige Lily (Evan Rachel Wood aus Thirteen) von einer Gruppe Apachen entführt, die, geführt von dem grausamen Hexer Chidin (Eric Schweig) mordend und plündernd übers Land ziehen. Ihr Ziel ist Mexiko, dort wollen sie ihre acht Gefan­genen in Bordelle verkaufen. Weil die örtlichen Sherrifs nicht bereit sind, die Täter zu verfolgen, und die Armee falsche Fährten verfolgt, ist Maggie gezwungen, sich mit ihrem Vater zu verbünden, und sich mit seiner Hilfe auf die Suche zu machen. Begleitet werden sie auch von Maggies zweiter Tochter, der zehn­jäh­rigen Dot (Jenna Boyd), die nicht allein zurück­bleiben konnte.

The Missing von Ron Howard ist nach Kevin Costners Open Range der zweite Western, der binnen sehr kurzer Zeit ins deutsche Kino kommt. Ein präch­tiges Hochlied auf das Genre. Weniger elegisch, auch weniger lahm als Costners Film ist The Missing dabei keine nost­al­gi­sche Hommage an eine für alle Zeit vergan­gene Männer­welt, sondern ein ganz gegen­wär­tiger, zeit­ge­mäßer Film: Ein Thriller mit Mystical-Touch, dabei fast ein »Post-Western«, der jenseits von den Klas­si­kern in der Nachfolge von Ford und Hawks auch vom Italo-Western gelernt hat, und ein düste­reres, härteres, schmut­zi­geres aber wohl auch realis­ti­scheres Bild des Westens zeigt. Es ist das eines Südwes­tens, der an den »Blutigen Meridian« der Romane Cormac McCarthys erinnert.

Die Geschichte ist bis zum Schluß hoch­gradig spannend. Obwohl Howard einige klas­si­sche Western-Motive bedient, um dem Genre gerecht zu werden, steckt The Missing voller Über­ra­schungen und uner­war­teter Wendungen. Die Kamera zeigt herrliche Land­schafts­bilder, ohne je in ihnen unnötig zu schwelgen. Für Regisseur Ron Howard ist The Missing ein großer Schritt voran: Weitaus besser, als der primitive, aber oscar­t­räch­tige A Beautiful Mind, aber auch als der sonstige arg biedere Main­stream (Apollo 13), für den dieser Regisseur bisher bekannt war.

Im Verlauf des Gesche­hens wird die Verfol­gung erwar­tungs­gemäß zu einer Reise ins Innere der Figuren, in der es um Versöh­nung, Erlösung und urmen­sch­liche Toleranz geht. Die besten Auftritte haben dabei nicht die Haupt­dar­steller: Tommy Le Jones ist stoisch und solide wie immer, während Cate Blanchett in Wahl und Gestal­tung ihrer Rollen allmäh­lich in Merryl Streep-Gefahr gerät – immer mehr nur noch bigotte männ­er­feind­liche »reine« Frauen zu spielen. Eindrucks­voll schur­kisch ist dagegen Eric Schweig. Tapfer Evan Rachel Wood. Zur eigent­li­chen Haupt­figur und Antriebs­kraft des Films wird aber zunehmend die kleine Tochter Dot – wunderbar, bezau­bernd gespielt von Jenna Boyd ist sie der Antrieb zur Versöh­nung, die Beglei­terin des Zuschauers, die stell­ver­tre­tend für ihn eine Erfahrung macht, die sie für den Rest des Lebens begleitet.