Mickey Blue Eyes – Mafioso wider Willen

Mickey Blue Eyes

USA 1999 · 102 min. · FSK: ab 6
Regie: Kelly Makin
Drehbuch: ,
Kamera: Donald E. Thorin
Darsteller: Hugh Grant, Jeanne Tripplehorn, James Caan, James Fox u.a.

Hugh Grant's Mafia

Neues vom Lieb­lings­schwie­ger­sohn

Einst war die Mafia im Kino eine bedroh­liche Sache. Da wurde – von Rosi über Coppola bis Leone – gemordet und gemetzelt was das Zeug hielt. Schutz­gelder wurden erpreßt, schmut­zige Geschäfte abge­wi­ckelt und nebenbei ein ganz klein wenig am Mythos gewoben, am Mythos des Verbre­chens nach strengen Regeln, in dem sich solide konser­va­tive Moral und Krimi­na­lität nicht ausschließen sondern bedingen. Mafiosi im Kino, das waren die schwarzen Schatten des Kapi­ta­lismus, Klein­bürger, oft einge­wan­derte, die aufsteigen wollen, und es auf dem rechten Weg nicht schafften. In ihrem Herzen, das zeigten Ehren­kodex und Treue­schwüre, spießige Haus­halts­füh­rung und strenges Patri­ar­chentum, wünschten sie sich nichts sehn­li­cher, als Bürger zu sein, anerkannt, geschätzt und ehrenhaft.

1999 sind diese einst so harten Spaghetti-Killer zu Witz­fi­guren geronnen. Während für das Böse Russen, Chinesen oder gleich richtige Aliens herhalten müssen, ist der Italo-Gangster im Kino nunmehr skrupulös und trottelig, ein Macho, der an der eigenen Stärke zweifelt, ein Killer, der nicht mehr killen kann. Allen­falls Martin Scorsese hält noch in hoch­re­fle­xiver, anspruchs­voller Weise an der alten Aura fest, doch sein Lieb­lings­dar­steller Robert de Niro spielte zuletzt in der Komödie Analyze This einen Paten, der zum Analy­tiker muss, um Wein­krämpfe, Impotenz und Selbst­zweifel behandeln zu lassen.

Auch Mickey Blue Eyes macht aus der Mafia einen großen Witz. Im Mittel­punkt steht der brave Kunst­auk­tio­nator Michael (Hugh Grant), ein Englishman in New York. Als er seiner Freundin Gina (Jeanne Tripp­le­horn) einen Heirats­an­trag macht, bricht die erst einmal in Wein­krämpfe aus, und rennt weg – um später zu gestehen, daß sie sich vor ihrem anstän­digen Auser­wählten schämt; denn ihr Papa Frank Vitale (der grandiose James Caan endlich wieder einmal in einer Haupt­rolle) ist ein Mafiaboß. Der ist ganz begeis­tert von seinem braven Schwie­ger­sohn in spe, und versucht seinen neuen Verwandten durch kleine »Gefäl­lig­keiten« in die »Familie« zu inte­grieren. Irgend­wann ist die Situation soweit eskaliert, dass Michael verzwei­felt Ginas Herz zurück­ge­winnen muss, derweil in seiner Wohnung eine Leiche liegt, die unbedingt verschwinden muss...

Regisseur Kelly Makin, bisher nicht weiter aufge­fallen, gelang hier eine routi­nierte roman­ti­sche Komödie in genau dem Stil, den alle Hugh-Grant-Fans immer wieder gern sehen. Ohne die Zuschauer verwir­rende, mögli­cher­weise Nach­denken und Diffe­ren­zie­rungs­ver­mögen erfor­dernde Zwischen­töne, ist Mickey Blue Eyes viel witziger und ehrlicher als Notting Hill. Hier wird zwar auch Gesell­schaft nur stabi­li­siert, nicht ironi­siert, geschweige denn kriti­siert. Aber das wäre von einem 08/15-Hollywood-Produkt, um das es sich hier unge­achtet aller Qualität gewiß handelt, dann doch zuviel verlangt. Und für Grant ist der Film eine weitere Gele­gen­heit, den immer gleichen pseudo-typischen Briten, höflich-verwirrten Jüngling und verschmitzt-char­manten Lieb­lings­schwie­ger­sohn zu geben, mit dem er seit Four Weddings and a Funeral noch immer (Kassen-)Erfolg hat. Und wenn er nicht gestorben ist, dann macht er noch so weiter.