Liebe deine Nächste!

Deutschland 1998 · 96 min. · FSK: ab 12
Regie: Detlev Buck
Drehbuch: ,
Kamera: Joachim Berc
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Heike Makatsch, Lea Mornar, Marc Hosemann u.a.

Männerpension II

Detlev W. Buck riskiert sein Seelen­heil

Warum nicht einmal die Heils­armee? Und warum nicht ein Obdach­lo­sen­asyl ?

Schließ­lich lockte seine Männer­knast-Komödie über 3 Millionen ins Kino. Irgend­etwas in dieser Art muß sich Detlev W. Buck, der sich neuer­dings aller­orten nur noch »Buck« nennen läßt, wohl gedacht haben, als er seinen neuen Film konzi­pierte. Viel­leicht fand er auch nur, daß junge hübsche Mädchen in Uniform irgendwie chic aussehen, und suchte nach einem entspre­chenden Vorwand.

Es wäre ein ganz eigenes, und mögli­cher­weise sogar lohnens­wertes Thema, einmal nach­zu­for­schen, warum die letzten beiden Filme von Detlev Buck in mehr oder weniger geschlos­senen Anstalten spielen, und von bezie­hungs­un­fähigen Männern und von uner­reich­baren engels­glei­chen Frauen handeln.

Pünktlich zum Fest der Liebe kommt jetzt jeden­falls Liebe deine Nächste! ins Kino. Bucks neuester Film spielt in Berlin, und handelt von zwei jungen »Solda­tinnen Gottes«, Josefine (Lea Mornar) und Isolde (Heike Makatsch). Als Engel der Großstadt sollen sie sich um Obdach­lose kümmern. Sehr bald begegnen sie Tristan (Moritz Bleibtreu), einem jungen Yuppie, der als »Trouble Shooter« auf seiner Spur durch die Büro­etagen reihen­weise Leute auf die Straße setzt, zukünf­tige Klientel für die Heils­armee. Die Drama­turgie ist klar: Gut trifft auf Böse, die Macht der Liebe auf die Macht des Geldes, und nun müßte es eigent­lich losgehen.

Doch leider geht überhaupt nichts, denn Liebe deine Nächste! ist ein in fast jeder Hinsicht völlig mißglückter Film, der selbst treueste Fans dieses Regis­seurs in Verzweif­lung stürzen wird. »Suppe, Seife, Seelen­heil« so lautet der Dreisatz der Heils­armee. Für Suppe und Seife wird es langen, aber ob Detlev Buck mit diesem Film seinem Seelen­heil wohl gedient haben mag?

Zugegeben, es klingt, als hätten grobe Vorur­teile den Blick getrübt. Aber schon nach 5 Minuten war klar: Das kann eigent­lich nix werden. Da begann die Lange­weile, die die nächsten 90 Minuten anhalten sollte. Ein paar Scherze, witzig, witzig, hahaha, und Klischee reihte sich an Klischee. Ein unin­spi­rierter Mist, man bekommt das Gefühl: Buck kann einfach gar nichts, es fehlt noch das Elemen­tarste. Wer Bandits mochte, sollte trotzdem hinein­gehen, denn dieser ambitiöse Tiefpunkt des deutschen Kino­jahres 1997 (klar, es gab noch Die drei Mädels von der Tank­stelle, aber da glaubten die Macher nicht, sie hätten einen guten Film gemacht) ist eine geeignete Meßlatte.

Die Story ist klischee­trie­fend, bar jeder Ironie (die hier wenn überhaupt noch einiges hätte retten können), die wenigen Witze sind von plat­testem Zuschnitt. Frau­en­feind­lich ist das Ganze auch noch, oder wie soll man es nennen, wenn der weibliche Teil der Mensch­heit nur als poten­tiell zu knackende Jung­frauen, oder geile, zu allem bereite Schlampen darge­stellt wird, und eine kleine Verge­wal­ti­gung mehr oder weniger kommen­tarlos über­gangen wird. Am Ende der Story haben Butsche, der auf Isolde scharf ist und vor allem Tristan, für dessen zwei­fellos vorhan­denen Ehrgeiz die keusche Josephine endlich einmal eine ange­mes­sene Heraus­for­de­rung darstellt, zwei Dinge gelernt:

Wenn dieser Film überhaupt eine Botschaft hat, dann die, daß sich, wer Geld hat, alles kaufen kann.

Jede Balance zwischen ernsten und spaßigen Momenten fehlt. Zum Beispiel jene Szene, in der kurz nach Ankunft der beiden in der Stadt (Alles scheint nur dazu zu dienen, die vermeint­liche Gefähr­lich­keit der Großstadt zu belegen. Diese Großstadt zeigt Buck durch Nahauf­nahmen, schiefe, von unten blickende Ausschnitte, die wohl Unüber­schau­bar­keit sugge­rieren sollen.) Isolde einen Selbst­mord­kan­di­daten retten soll. Der pfeift auf ihre schönen Worte, ruft:
»Liebe, Liebe, Paß auf: Ich spring jetzt, und Du hast Schuld« und springt tatsäch­lichein scho­ckie­render Moment, von dem aber nichts übrig bleibt: kein Schock bei Isolde, keinerlei Nach­wir­kung in der Geschichte. Die Folge: man nimmt keinen Anteil an den Figuren, und vermißt noch das Elemen­tarste: eine Atmo­s­phäre. Man fragt sich, welcher Teufel Detlev Buck wohl geritten hat, so ohne jedes Stil­ge­fühl und Augenmaß ist der Film geworden. Manchmal scheint es, als wolle Buck gar keinen Film machen, sondern Sketche anein­an­der­reihen.

Man kann das ganze natürlich auch anders sehen: Die klugen Köpfe von der FAZ mühen fast das halbe Theorie-Arsenal der 80er Jahre um uns weis­zu­ma­chen, daß hier zwei »gegen­läu­fige Regel­sys­teme« aufein­an­der­prallen. Ham' ma auch schon gemerkt, Leute, nur: as brimgt uns das? In ungefähr 98% aller Filme und 97,93% des rest­li­chen Lebens prallen gegen­läu­fige Rege­lyss­teme aufein­ander. Wichtig ist, was dann passiert. Und bei Herrn Buck passiert nichts. Auch er kann klug­scheißen, wie das Pres­se­heft beweist, in dem er sich nicht entblödet, zu behaupten, er habe in der Vorbe­rei­tung zu Liebe deine Nächste! an Lubitschs Ninotchka, und bei Josefine an Greta Garbo gedacht. Nun, wer den Film sieht, weiß warum einem dazu zwar viel einfällt, aber jedes Wort zuviel ist.

Fast sehnt man sich nach den netten dummen Komödien der letzten Jahre zurück, die einfach nur schlecht waren, aber nicht derart preten­tiös und ärgerlich.

Ein kleiner Licht­blick sind zwar die Auftritte der soliden Heike Makatsch und eines Moritz Bleibtreu auf dessen Konto die einzigen wenigen halbwegs gelun­genen Szenen gehen. Aber auch er kann nicht viel retten. Zu stark ist der Eindruck vom Größen­wahn eines Regis­seurs, der eine frau­en­ver­ach­tende, unin­spi­rierte Geschichte erzählt, und mit Liebe deine Nächste! der ständig sinkenden Qualität seiner Filme einen neuen Tiefpunkt hinzufügt. Mit diesem Desaster am Ende eines im Prinzip hoff­nungs­voll stim­menden Jahres kommt der deutsche Film wieder ganz unten an.