Juan of the Dead

Juan de los muertos

Kuba 2011 · 96 min. · FSK: ab 16
Regie: Alejandro Brugués
Drehbuch:
Kamera: Carles Gusi
Darsteller: Alexis Díaz de Villegas, Andrea Duro, Andros Perugorría, Eliecer Ramírez, Elsa Camp u.a.
Aaaarrrggghhhhhh...

Edelmann & Willmann sind sich einig

Heute: Wir sezieren Juan of the Dead

Tran­skrip­tion des Tonband-Proto­kolls einer Film-Autopsie:

Bei dem Subjekt handelt es sich um ein männ­li­ches Exemplar der Art »Splat­terus como­e­dicus« – das erste uns bekannte latein­ame­ri­ka­ni­scher Herkunft, dessen Entde­ckung in Fach­kreisen für ein gewisses Aufsehen sorgte.
Die Unter­su­chung des Magen­in­halts und des Blut­al­ko­hol­werts lassen darauf schließen, dass es zuletzt erheb­liche Mengen kuba­ni­schen Rums zu sich genommen hat. Das mag auch in ursäch­li­chem Zusam­men­hang mit den diversen Biss­wunden stehen, die es aufweist.

Trotz der aufgrund der Herkunft zu vermu­tenden Mange­lernäh­rung und des reichlich vergos­senen Blutes zeigt das Subjekt keine der für die Region üblichen Verküm­me­rungen des Aussehens, sondern ist auf vergleich­barer Entwick­lungs­stufe mit bekannten globalen Vertre­tern seiner Spezies.

Die zum Todes­zeit­punkt mit sich geführten Dokumente iden­ti­fi­zieren das Subjekt als »Juan« offenbar adliger Abstam­mung aus dem Geschlecht der »De los Muertos«.
Eine routi­ne­mäßig durch­ge­führte DNA-Analyse ergab anglo­ame­ri­ka­ni­sche Vorfahren. Vermut­lich handelt es sich dabei um die auf im Porte­mon­naie befind­li­chen Zetteln notierten »Shaun« aus London und eine gewisse »Dawn« aus Pitts­burgh. Aufgrund des gegen­wär­tigen Zusam­men­bruchs der Tele­fon­netze konnte zu diesen Indi­vi­duen noch kein Kontakt aufge­nommen werden.

Verwand­schaft und Zusam­men­gehö­rig­keit scheinen generell eine wichtige Rolle im Leben des Verstor­benen gespielt zu haben. Nur unter Einsatz der Knochen­säge konnten die Fotos entfernt werden, die er mit einer Hand umklam­mert hielt. Auf den Aufnahmen ist »De los Muertos, Juan« in einer Gruppe von trotz großer Diver­si­fi­ka­tion offenbar befreun­deter Menschen zu sehen. Darunter ist eine junge Frau, die Fami­li­enähn­lich­keit (Ohrrand­krüm­mung, Fußwinkel, Ellbo­gen­länge) aufweist. Ihr gegenüber scheint er einen beson­deren Beschüt­zer­in­stinkt an den Tag zu legen. Dieser äußert sich sogar in einem post­mor­talen Grei­f­re­flex der abge­trennten Finger­glieder – den ein medi­zi­nisch weniger geschulter Beob­achter fälsch­lich als bewusst gesteu­erte Bewegung inter­pre­tieren könnte.

(Die Band­breite der bei dem Subjekt aufge­fun­denen Waffen verblüfft, da sie zum Einsatz gedacht scheinen gegen sich für gewöhn­lich ausschließende Spezies von Carni­voren: Zombicus romericus amblicans und Zombicus duodetrin­gintii acce­le­rans. Eine Erklärung für das gleich­zei­tige Auftreten ist zur Bewertung des Falles jedoch ohne weitere Bedeutung.)

Über­pro­por­tional entwi­ckelt ist zu unserer Über­ra­schung das bei dieser Art oft verküm­merte Organ Herz. Die Größe entspricht dabei einem gesunden, natür­li­chen Zustand, die Arterien sind frei von senti­men­talen Abla­ge­rungen.

Die primären männ­li­chen Geschlechts­merk­male sind – wie für die Herkunfts­re­gion üblich – außer­ge­wöhn­lich ausge­prägt. Verheilte alte Narben bei gleich­zei­tigem Fehlen von neueren Verlet­zungen zeugen von einem zwar lust­vollen, aber zunehmend reiferen und bewuss­teren Umgang mit der eigenen Männ­lich­keit.

Sowohl Bein­mus­ku­latur als auch Sitz­fleisch sind stark ausge­bildet. Dieser Wider­spruch zwischen Flucht­re­flex und Terri­to­ri­al­ver­bun­den­heit ist häufig zu beob­achten bei Bewohnern abge­schottet-insulärer Biotope. Er ist genauso Zeichen für die darwi­nis­ti­sche Anpassung an die Umwelt­ein­flüsse wie der Zwiespalt zwischen geringem Leis­tungs­willen und hoch­ent­wi­ckelten Über­le­bens­fähig­keiten mit impro­vi­sa­to­ri­scher Intel­li­genz.
Dazu gehört auch, dass die Abwehr­kräfte deutlich gestärkt sind mittels der Endor­phin­aus­schüt­tung durch gezielte Reizung der Lach­mus­ku­latur. Das Subjekt weist hier eine regel­mäßige Stimu­lie­rung auch des Tiefen­ge­webes auf, wie sie nur durch Anwendung eines auf eigenen, neuen Ideen basie­renden Trainings erzielt werden kann.

Eine genauere Einord­nung der Befunde gestaltet sich jedoch schwierig durch mangelnden Kontakt mit Kollegen vor Ort in Kuba. Es fehlt uns die Abglei­chung mit deren Erfah­rungs­werten. Eine abschließende, voll­s­tän­di­gere Bewertung wird hoffent­lich ermög­licht, wenn das wegen der aktuellen Invasion »ameri­ka­ni­scher Dissi­denten« über die Insel verhängte Embargo aufge­hoben wird.
Es über­rascht uns jeden­falls, dass uns das Subjekt überhaupt in seinem gegen­wär­tigen, voll­s­tändig schei­nenden Zustand erreicht hat. Trotz offen­sicht­lich viru­lenten Risi­ko­ge­webes scheinen keine Eingriffe von staat­li­chen Aufsichts­behörden vorge­nommen worden zu sein.

Über alle Detail­be­ob­ach­tungen hinaus ist anzu­merken, wie unge­wöhn­lich unver­dorben und lebendig dieses Exemplar wirkt.
Es hat Hand und Fuß und Hirn. (Teilweise auch im Magen.)
Wir halten es für ange­bracht, eine Warnung auszu­spre­chen an Folge­gut­achter, dass eine Anste­ckung durch vermehrt auftre­tende Spaßmen keines­falls ausge­schlossen werden kann.
Bereits jetzt ist die Zunahme an invol­un­tären Zuckungen durchaus bedenk­lich zu nennen.
Bei der Dental­un­ter­su­chung hat Kollegin Edelmann eben einen Beiß­re­flex ausgelöst. Die Ähnlich­keit zu gewöhn­li­chen Kaube­we­gungen ist frappant.

An dieser Stelle muss die Unter­su­chung kurz­zeitig unter­bro­chen werden, da Kollegin Edelmann einen Zusam­men­bruch erlitt und medi­zi­ni­sche Erst­ver­sor­gung benötigt. Sobald sie stabi­li­siert wurde, werde ich das Protokoll alleine abschließen.

Anna?
Anna??

Annnaaaaaaaaaa!

Aaaarrrggghhhhhh...

(Die folgenden Passagen entziehen sich aufgrund plötz­li­chen Vers­tänd­lich­keits­ab­falls der Arti­ku­la­tion leider der Tran­skrip­tion.)

Um eine uner­war­tete Vakanz zu füllen, bittet die artechock-Redaktion um Bewer­bungen unter: film@artechock.de