Independence Day

USA 1996 · 142 min. · FSK: ab 12
Regie: Roland Emmerich
Drehbuch: ,
Kamera: Karl Walter Lindenlaub
Darsteller: Will Smith, Bill Pullman, Jeff Goldblum, Mary McDonnell u.a.

Die Geschichte läßt sich denkbar einfach erzählen: Am 2. Juli tauchen auf der ganzen Erde riesige Raum­schiffe auf. Die Außer­ir­di­schen sind ganz böse Buben und beginnen mit der syste­ma­ti­schen Zers­tö­rung unseres Planeten. Zwei Tage später, am ameri­ka­ni­schen Unab­hän­gig­keitstag, schlagen die Menschen zurück. So gesehen kennt man diese Geschichte bereits vom Film­plakat, das alle rele­vanten Infor­ma­tionen über den Inhalt des Films enthält. Manch einer mag sich auch an »Krieg der Welten« erinnern...

Hier sind wir schon bei den Beson­der­heiten des Films: der Schwabe und König des Recycling, Roland Emmerich, hat ihn gemacht, und deswegen ist er eine riesige Anhäufung von Zitaten aus der modernen Popkultur. Das geht vom REM-Song »It’s The End Of The World As We Know It« (wie geist­reich), über den Roswell Mythos, bis zu einer enormen Anzahl von Filmen. So spielt Inde­pen­dence Day zu einem großen Teil in der »Area 51«, einer streng geheim­ge­hal­tenen Militär­basis, in der nach der Legende ein Ufo mitsamt Besatzung aufbe­wahrt und unter­sucht wird. Diese Unter­tasse soll 1947 bei Roswell/New Mexico abge­stürzt sein. Nun kann man dem Film aber nicht nachsagen, er unter­s­tütze diesen ameri­ka­ni­schen Mythos, denn in Verbin­dung mit all den Film­zi­taten rückt auch diese Legende mehr in den Bereich der Phantasie.

Neben den Kata­stro­phen­filmen der Siebziger werden vor allem Krieg der Sterne und Alien wieder­ver­wertet. Doch das verblüf­fendste Zitat ist auch gleich­zeitig das charak­te­ris­tischste für den Geist dieses Films. Es stammt aus einer der letzten Szenen von Stanley Kubricks Dr. Seltsam, oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben. Bei Kubrick ritt eine Mischung aus Cowboy und Soldat, zynisch jauchzend, auf einer Atombombe Richtung Erde, um ihre voll­kom­mene atomare Zers­tö­rung einzu­leiten. In Inde­pen­dence Day opfert sich ein ähnlich schräger Kriegs­ve­teran in Kami­ka­ze­ma­nier für die Rettung des Planeten. Offen­sicht­lich in dem Moment, in dem der Feind von außen kommt, haben wir endlich eine vernünf­tige Anwendung für diese Typen. Und durch die extra­ter­res­tri­sche Bedrohung bekommen wir einen Grund, uns alle, ob Chinesen oder Iraker, der Führung der einzigen wirk­li­chen Großmacht, God’s Own Country, anzu­schließen. Das Militär wird reha­bi­li­tiert und gemein­same Feinde machen einig.

Militant und patrio­tisch gesinnt werden wir die fiesen E.T.'s zerschmet­tern, erzählt uns Emmerich. Dann nehme man noch eine Mons­ter­pa­ckung indi­vi­dua­lis­tisch männ­li­chen Heroismus und schon haben wir einen kampf­er­probten jungen ameri­ka­ni­schen Präsi­denten, der den finalen Angriff in seinem Düsen­flieger selbst anführt. Während­dessen regeln zwei andere Helden, was im All zu tun ist. Frauen scheinen in dieser Welt, in der alle Herde und Betten explo­diert sind, seltsam depla­ziert. Aber sie können ja noch etwas samma­ri­tern und Kinder retten, bis sie ihre Heroen in die Arme schließen dürfen – unan­ge­nehm bequeme Anachro­nismen der Geschlech­ter­rollen, die uns erneut an »Krieg der Welten« und die fünfziger Jahre erinnern. Um die Political Correct­ness zu retten, gibt es dann wenigs­tens einen schwarzen und einen jüdischen Helden.

Im Gegensatz zum Inhalt gibt sich die Form sehr modern, wobei sie aber innerhalb der Konven­tionen des Action­films bleibt. Die Special-Effects, die ganz ausge­zeichnet sind, und die große Geschwin­dig­keit der Bilder lassen den Zuschauer kaum zu Atem kommen. Was dazu führt, daß man hin und wieder die Dämlich­keit der Handlung vergißt. So halten Action und Tempo den Film zusammen, der sonst in seine wieder­ver­wer­teten Einzel­teile zerfallen würde. Inde­pen­dence Day schafft mit seinen faszi­nie­renden und schnellen Compu­ter­bilder eine Spannung, die einem ordent­li­chen Action­film gerecht wird, und damit gelingt es dem Film, das lustvolle archai­sche Bedürfnis nach Jagen und Schießen zu befrie­digen.