Illuminata

USA 1998 · 119 min. · FSK: ab 12
Regie: John Turturro
Drehbuch: ,
Kamera: Harris Savides
Darsteller: John Turturro, Katherine Borowitz, Christopher Walken, Susan Sarandon u.a.
Das pralle Theaterleben

Was für ein Theater

Wenn Schau­spieler zu Regis­seuren werden, dann ist das Ergebnis oft ambi­va­lent. Zum einen haben lang­jäh­rige Darsteller natürlich viel von der Zusam­men­ar­beit mit großen Regis­seuren gelernt. Zum anderen aber besteht die Gefahr, dass sie alle ihre so gemachten Erfah­rungen auf einmal in ihren eigenen Film einbringen wollen, jeden Fehler zu umschiffen versuchen, die Brillanz von 20 großen Regis­seuren in einen Film packen möchten und sich darüber fürch­ter­lich verzet­teln.

Mac, das Regie­debüt von John Turturro kam nie in die Nähe eines so über­for­derten Films. Illu­mi­nata, das zweite Werk des Schau­spie­lers, tappt dagegen voll in diese Falle.
Zum zweiten mal nach Barton Fink spielt Turturro darin selber einen Thea­ter­au­toren, der verzwei­felt versucht, gleich­zeitig sein eigenes Stück auf die Bühne zu bringen und um die Liebe einer Frau zu kämpfen. Unter den anderen Mitar­bei­tern des Theaters gibt es daneben gar amouröse Verwick­lungen; eine exzen­tri­sche Schau­spiel­diva und ein schwuler Thea­ter­kri­tiker sorgen für Verwir­rung und Erregung, ein Mann stirbt einmal auf der Bühne und einmal in seinem Bett und am Ende ist das ersehnte Thea­ter­stück auf der Bühne und alle Betei­ligten auf Wolke 7.

Natürlich tut man der durch­dachten Handlung unrecht, wenn man sie so derb zusam­men­faßt, aber schlußend­lich bleibt wirklich leider nur dieser wirre Eindruck zurück.
Dabei beginnt der Film durchaus furios. Hervor­ra­gende Schau­spieler werfen sich geschlif­fene Dialoge zu, die Ausstat­tung schwelgt, die Bild­ge­stal­tung begeis­tert durch ihre Lebhaf­tig­keit und die Musik setzt die richtigen Akzente. Würde es bis zum Schluß so weiter­gehen wie in den ersten 30 Minuten, dann könnte man gut unter­halten das Kino verlassen. Aber nein.
Turturro will mehr. Er will alles noch geist­rei­cher, noch durch­dachter, noch schöner machen und verrennt sich dabei voll­kommen. Ihm ist eine Geschichte nicht genug, weshalb ein halbes Dutzend Hand­lungs­stränge aufgebaut werden. Die Paral­lel­mon­tage von vier Liebes­aben­teuern mag ganz nett sein, ist aber auch bezeich­nend für die Unent­schlos­sen­heit der Handlung.
Nachdem so viele Schub­laden aufge­macht wurden, fragt man sich, wie Turturro sie bis zum Ende des Films wieder schließen will. Er tut es gar nicht, sondern versucht es mit einem Trick. Der Film endet mit dem Ende des umkämpften Thea­ter­stücks. Gerade das, was man Autor Tuccio im Film immer vorge­halten hat, kann man jetzt auch dem Regisseur Turturro vorwerfen »Das Stück hat kein Ende!«

Die Kalku­la­tion 'Das Stück ist geglückt, der Vorhang fällt, alle Probleme und Fragen sind vergessen', ist zu einfach. Niemand verlangt, dass am Ende des Films alle Frage geklärt sind, aber das, was Turturro hier betreibt, ist zu leicht­fertig.

Großar­tige Schau­spieler wie Ben Gazzara, Susan Sarandon oder Chris­to­pher Walken in lustige Kostüme zu stecken, sie mit geist­rei­chen Dialogen ausstatten und dann unter­halt­same kleine Szenen spielen zu lassen ist nicht so schwierig. Aus diesen Stückchen einen ganzen Film zu machen ist jedoch ein Kunst, in der Turturro in diesem Fall leider versagt.
Er verläßt sich zu sehr auf die Bühnen­ak­ti­vitäten in seinem Film und gerade dieser Fehler ist um so ärger­li­cher, wenn man bedenkt, dass jemand wie Peter Greenaway schon seit Jahren vor dem Kino als nur abge­filmtes Theater warnt.
Die endlose Schluß­szene von Illu­mi­nata (sowohl des gleich­na­migen Stücks im Film wie auch des Films selber) bringt schließ­lich jede Leben­dig­keit des Films zum erliegen.
Film ist gut. Theater kann schön sein. Theater im Film ist weder Fleisch noch Fisch. In Shake­speare In Love haben mich die reinen Thea­ter­szenen auch gelang­weilt. In Bullets Over Broadway waren sie erträg­lich, da nicht ernst­ge­meint. Und in Barton Fink, daran hätte sich Turturro erinnern sollen, sieht man von Finks umju­belten Stück nur einen Bühnen­ar­beiter der »Fisch, frischer Fisch« ruft und sich verbeu­gende Darsteller. Mehr nicht.

Die Welt des Theaters ist in seiner kreativen Verrückt­heit sicher geeignet einen guten Filmstoff abzugeben. Das Theater selbst jedoch ist mit dem Kino­format nicht kompa­tibel. Wenn Turturro unbedingt Theater machen will, dann sollte er genau das machen und keinen Film.

Was das Scheitern des Regis­seurs Turturro einzig erträg­lich macht, ist die Sicher­heit über den nach wie vor exzel­lenten Schau­spieler Turturro.