Huacho – Ein Tag im Leben

Huacho

Chile/Frankreich 2009 · 90 min. · FSK: -
Regie: Alejandro Fernández Almendras
Drehbuch:
Kamera: Inti Briones
Darsteller: Alejandra Yañez, Manuel Hernández, Cornelio Villagrán, Clemira Aguayo u.a.
Beschaulich, aber hart: Das Leben in Huacho

27. Filmfest München 2009

Einfaches Leben

Sonnen­auf­gang – ein kleines Häuschen liegt noch ganz im Dunklen. Die Vögel fangen an zu zwit­schern – ein Licht geht an. Zwei Frauen sind schon aufge­standen, die eine versucht, ihren Mann zu wecken. Der aber macht das Licht noch einmal aus, um noch ein wenig weiter zu träumen. Auch der Sohn, von der Mutter liebevoll aufge­weckt, kuschelt sich wieder verschlafen in seine Decke.

So verträumt und beschau­lich wie der Film Huacho beginnt, wird der Film von Alejandro Fernández Almendras, bisher für seine Kurzfilme wie Was der Regen bringt (2007) bekannt, auch konse­quent weiter­ge­führt. Der Zuschauer begleitet eine arme chile­ni­sche Familie einen Tag lang auf den staubigen Straßen ihres Alltags. Und erfährt ein Leben zwischen bäuer­li­cher Rücks­tän­dig­keit und Moder­nität.

Drei Gene­ra­tionen, die Groß­el­tern, die Tochter und deren Sohn, leben unter einem Dach. Die Groß­mutter macht den Haushalt, füttert die Hühner, baut im Garten ihr eigenes Gemüse an. Man sieht sie bei der Herstel­lung von Käse, den sie, den rest­li­chen Tag in der Sonne stehend, an der Straße verkaufen wird.

Der Alltag der Groß­el­tern ist von schwerer Hand­ar­beit ohne Hilfs­mittel geprägt, das Leben der Tochter spielt sich hingegen schon in einer Zwischen­welt ab. Sie geht nach der Arbeit in der Stadt shoppen, kann sich aber das gefundene neue Kleid nicht leisten, da sie von dem Geld die Strom­rech­nung bezahlen muss. Der Sohn ist in der Schule den Verheißungen der »neuen Zeit« ausge­setzt. Die neue Technik übt eine starke Faszi­na­tion auf ihn aus, auch er möchte endlich zu den Jungs gehören, die ständig auf der Play­sta­tion Portable zocken.

Genauso schlicht wie das Leben dieser Familie sind die Bilder, die Kame­ra­mann Inti Briones für seine Darstel­lung gefunden hat. Sie sind immer ganz dicht dran an den Figuren, mal sieht man sie von vorne, mal nur den Hinter­kopf, dann wieder ein Gesicht in Groß­auf­nahme. Die Umgebung wird dabei ausge­blendet, im Blickfeld befindet sich allein der Mensch. Das braun­ge­brannte faltige Gesicht der Groß­mutter, ihre Hände, der Haar­schopf ihres Enkels. Mitteilen tut sich die Umgebung der Prot­ago­nisten jedoch auf der Tonspur: Alltags­geräu­sche, Vogel­ge­zwit­scher, der Gang der Schuh­sohlen auf der Erde sind die natür­liche Begleit­musik des einfachen Lebens.

Almendras gelingt es, den Zuschauer mit seinem einfach gestal­teten Film und der natu­ra­lis­ti­schen Darstel­lungs­weise in eine ganz und gar fremde Welt zu entführen, die geprägt ist von inneren Wider­sprüchen und herbem Verzicht. Almendras erzählt von einer kleinen Gemein­schaft am Rande der Gesell­schaft, die sich fern von der Moderne und tech­ni­schen Errun­gen­schaften abspielt, und die sich – viel­leicht inmitten der Zeit­bran­dung – das wich­tigste Gut überhaupt retten konnte: Respekt, der Familie gegenüber und unter­ein­ander.

Auf dem Filmfest: Mi., 01.07., Cinemaxx 1, 22:15 Uhr und Fr., 03.07. Cinemaxx 1, 19:45 Uhr