Hercules

USA 1997 · 93 min. · FSK: ab 0
Regie: John Musker, Ron Clements
Drehbuch: , ,
Musik: Alan Menken

»Meinen Dauerlauf gebe ich niemals auf!« – Dieser Nonsense prägt sich – mehrmals intoniert – unwei­ger­lich ein. Der neueste Disney­film Hercules ist eine holly­wood­ty­pisch verfälschte Adaption der gleich­na­migen Sage. Der Held wird im Film mit einer moralisch korrekten Herkunft als ehelicher Sohn des olym­pi­schen Herr­scher­paares Hera und Zeus versehen und gerät in das intri­gante Spiel der Götter mit einem himmel­schreiend deut­li­chen Kontrast zwischen Gut und Böse.

Die Konzep­tion der Charak­teren lehnt sich an Altbe­währtes an: Auf der Seite der Guten gibt es neben dem Helden den – wie bei Arielle oder in König der Löwen – omni­po­tenten und trotzdem ganz lieben Papa Zeus, ein flie­gendes Pferdchen, das auf die Flamme des Herrchens eifer­süchtig ist (siehe auch Der König der Löwen oder Aladdin) und einen besten Freund, Hercules' Trainer Phil, der für sein Durch­hal­te­ver­mögen mit der Erfüllung seines Lebens­traumes belohnt wird (so eine Art zweiter Dschini, nur nicht ganz so blau und wand­lungs­fähig).

Der große Bösewicht ist Hades, seines Zeichens Gott der Unterwelt – herrlich böse und gemein – der nach dem Thron seines Bruders Zeus lechzt und deshalb dessen Sohn aus dem Weg räumen möchte (bekannt seit Scar aus Der König der Löwen). Seine beiden Vasallen Pech und Schwefel sind für einige Lacher gut und sorgen dafür, daß unserem Helden nichts allzu schlimmes passiert. Die inter­es­sante Figur in diesem Film ist Meg, die Traumfrau von Hercules: Sie verwan­delt sich von der intri­ganten Helferin des Hades zur treu­sor­genden Seele. Damit kein Zuschauer über Megs Gesinnung grübeln muß, trägt sie pech­schwarze Haare und dämo­ni­sche Schminke. Aber immerhin hat sie keine Warzen auf der Nase, sondern ist als Schönheit mit klas­si­scher Disney-Barbie­puppen-Figur gezeichnet.

In Hercules »verwirk­licht« sich mal wieder der ameri­ka­ni­sche Traum der Karriere vom Teller­wä­scher zum Millionär. Er mausert sich vom Findel­kind über eine Stufe des tolpat­schigen, naiven Jünglings, der mit seiner Kraft nicht umgehen kann – eine wunder­bare über­zeich­nete Projek­ti­ons­fläche puber­tärer Ängste – zum Gott. Vor dem Einzug in den Olymp steht als bemüht hollywood-selbst­iro­ni­sches Stadium der Merchan­di­sing-Virtuose. Es ist zwar lustig im Film anzusehen, wenn Hercules für eine Vasen­ma­lerei mit dem Fell des numi­bi­schen Löwen posiert oder seine Wider­sa­cher auf »Herc Air«-Sandalen schwören, aber spätes­tens bei einem Blick in den Disney-Store vergeht einem das Lachen. Gelungene Selbst­ironie stellt aller­dings die deutsche Synchron­stimme des reifenden Hercules dar: Wer könnte die Figur des muskel­strot­zenden Dummkopf glaub­hafter sprechen als Til Schweiger?

Da die Ästhetik des Films deutlich von bekannten Disney-Produk­tionen abweicht – dank der Verpflich­tung des briti­schen Kari­ka­tu­risten Gerald Scarfe als Produk­ti­ons­de­si­gners – ohne mit einem neuen Stil zu über­zeugen, werden weder Disney-Fans von dem Film begeis­tert sein, noch wird sich ein neues Publikum gewinnen lassen. Aber das ist nun wirklich reine Speku­la­tion, denn viel­leicht schaffen ja die Götter des Marketing, den Film als wirklich »cool« zu verkaufen.