Das Geheimnis der Geisha

Inju, la bête dans l'ombre

Frankreich 2008 · 105 min. · FSK: -
Regie: Barbet Schroeder
Drehbuchvorlage: Rampo Edogawa
Drehbuch: , ,
Kamera: Luciano Tovoli
Darsteller: Benoît Magimel, Lika Minamoto, Shun Sugata, Maurice Bénichou u.a.
Ästhetisiert: Geisha Tamao (Lika Minamoto)

27. Filmfest München 2009

Autor des Todes

Realität und Fiktion sind eng verwoben in Das Geheimnis der Geisha. In einer Mischung aus Film noir und Krimi insze­niert Regisseur Barbet Schroeder ein Wech­sel­spiel zwischen der realis­ti­schen Darstel­lung des Erzählten und dem Einfluss der Fiktion auf die mensch­liche Realität. Ersteres ist für ein Genre, das von Span­nungs­mo­menten lebt, essen­tiell wichtig. Durch die Vermi­schung der beiden Ebenen erhält die Spuren­suche der Haupt­figur Alex Fayard (Benoît Magimel), eines erfolg­rei­chen fran­zö­si­schen Krimi­au­toren, eine besondere Note. In Das Geheimnis der Geisha macht er sich daran, in Büchern und im Leben ein Netz aus Erzäh­lungen zu entwirren. Auch im Bezug auf den Schau­platz macht Schroeder keinen Halt vor Verschach­te­lungen: von Paris geht es nach Kyoto, vom austausch­baren Zimmer eines sterilen Innen­stadt­ho­tels in die eigene Welt der Geishas. Dort wird aus dem Schrift­steller nach und nach eine Art Meis­ter­de­tektiv.

Getrieben von dem Verlangen, die Identität seines Gegen­parts, des im Schatten der Medien lebenden japa­ni­schen Autor Shundei Oe aufzu­de­cken, dringt er tiefer und tiefer in die Welt der Erzäh­lungen ein. Dem geschrie­benen Wort versucht er einen Einblick in das Wesen des Mannes zu entlocken, den er bewundert und gleich­zeitig aber auch über­trumpfen möchte. Gleich bei seinem ersten Auftritt im japa­ni­schen Fernsehen nimmt das Schicksal seinen Lauf: Fayard fordert durch seine mediale Präsenz den bisher unan­tast­baren Oe zu einem Kampf um Licht und Dunkel heraus. Darüber hinaus bittet ihn die schöne und verzwei­felte Geisha Tamao (Lika Minamoto) um Hilfe: sie fühlt sich von einem früheren Liebhaber bedroht.

Das Geheimnis der Geisha spielt mit trüge­ri­schem Schein und schwer fassbarem Sein; die Maske der Geishas, also der Frauen, die ihre eigene Identität für das Vergnügen anderer verbergen, wird zum Sinnbild für die verbor­genen, anima­li­schen Seiten, die tief im Menschen lauern. Das Masken­hafte und die Liebe zur Insze­nie­rung finden sich auch in Schro­eders Bilder­welt wieder. Minutiös insze­niert sind die Aufnahmen, dabei immer puris­tisch und klar. Dem Thema ange­messen hat der Regisseur auf die Raum­dar­stel­lung ein ganz beson­deres Augenmerk gelegt: als atmo­s­phä­ri­sche Ausdruck­sträger unter­malen sie die Seelen­zu­stände der Figuren, weisen auf neue Indizien hin oder führen Prot­ago­nisten und Zuschauer auf eine falsche Fährte. Grenzen, wie Türschwellen, Stadt­grenzen und ähnliches werden zu Symbolen für die gefähr­liche Grat­wan­de­rung, auf die Fayard sich bei seiner beses­senen Suche nach Shundei Oe begibt.
Leider hat Das Geheimnis der Geisha seine Längen, insbe­son­dere gegen Ende des Films. Die Verlang­sa­mung der Zeit, die anfangs stimmig in die Bild­sprache einge­bettet ist – besonders hervor­zu­heben ist die Teeze­re­monie zu Beginn, mit der der Blick auf die kleinen Dinge und die Schönheit im Detail geschärft wird – wirkt mehr und mehr depla­ziert, wenn die Handlung zur Auflösung hin an Fahrt gewinnt. Wer darüber hinweg­sehen kann und außerdem ein Faible für ästhe­ti­sierte Bilder hat, dem sei Schro­eders aktuelles Werk dennoch wärmstens empfohlen.

Auf dem Filmfest: Di., 30.06., Rio 1, 24:00 Uhr