Focus

USA 2015 · 105 min. · FSK: ab 12
Regie: Glenn Ficarra, John Requa
Drehbuch: ,
Kamera: Xavier Pérez Grobet
Darsteller: Will Smith, Margot Robbie, Rodrigo Santoro, Gerald McRaney, Adrian Martinez u.a.
Mal die Brille scharfstellen

...was du nicht siehst

Auf den richtigen Fokus kommt es an. Er ist der Schlüssel für den Erfolg. – Gemeint ist aller­dings der Fokus auf das Falsche: Denn es ist der falsche Fokus des Opfers, der den Erfolg des Trick­be­trü­gers begründet. Zeigt jener nach oben, greift er sich unten das Porte­mo­naie seines Gesprächs­part­ners. Guckt er hingegen auf seine Schuhe, zieht er seinem Gegenüber dessen sündhaft teure Uhr vom Arm. Es ist ganz einfach, denn »der Mensch ist so bere­chenbar«!

In dieser Art geht die kleine Einfüh­rungs­szene, bei welcher der Meis­ter­dieb Nicky (Will Smith) seiner wiss­be­gie­rigen Schülerin Jess (Margot Robbie) die Grund­lagen seines Handwerks vermit­telt. Wie in vielen Holly­wood­filmen üblich, gibt diese Szene zugleich das Thema des Films vor und deutet in Form einer Miniatur die Struktur der folgenden Erzählung an.

Meis­ter­haft wird dieses Prinzip angewandt zu Beginn von Chris­to­pher Nolans Film Prestige (2006). Die Erklärung des Aufbaus eines Zauber­tricks wird zur Vorweg­nahme der Erklärung der Struktur des Films über zwei riva­li­sie­rende Zauberer, die selbst einem Zauber­s­tück gleicht. So wie die Zuschauer im Theater auf die Zauber­künstler auf der Bühne gucken, so sieht der Kino­zu­schauer auf der Leinwand den Zauber­tricks des Filme­ma­chers zu.

Nur was bei dem großen filmi­schen Struk­tu­ra­listen Chris­to­pher Nolan zu einem äußerst ausge­klü­gelten Schau­spiel gerinnt, bleibt in dem poppigen Gutelaune-Block­buster Focus doch sehr will­kür­lich und sehr ober­fläch­lich. Der kommt viel eher so locker und so stylish wie die Ocean’s-Filme daher. In Focus geht es in erster Linie um den großen Coup und in zweiter Linie um den noch größern Coup.

Focus startet mit einem Vogelflug über das nächt­liche New York. Nur selten strahlte die Welt­haupt­stadt so kris­tallin-kalt und zugleich so disko­leuchten-bunt. Dazu ein atmo­s­phä­risch-poppiger Song. Es ist der perfekte Filman­fang und die perfekte Einstim­mung in die Welt der Reichen und der Schönen, in welcher der Film spielt.

Von der Gottes­per­spek­tive wechselt der Blick der Film­ka­mera in das Foyer eines Luxus­ho­tels. Nicky unterhält sich kaum mit Jess, schon liegen beide in ihrem Hotel­zimmer im Bett. Will Smith zeigt seinen knackigen Body, Margot Robbie ihre biggen Boobies. Da erscheint – oh Schreck! – der wutent­brandte Mann von Jess in der Tür.

Doch es ist ein abge­kar­tetes Spiel, denn das Trick­be­trüger-Paar will nur an Nickys Geld heran­zu­kommen. Aber der ist natürlich so ein smarter und abge­klärter Vogel, dass er bereits im Foyer erkannt hatte, woher der Wind weht. – Weshalb er trotzdem hoch­ge­kommen ist? – »Profes­sional curiou­sity – and I like boobs!«

Das ist so der Stil, in welchem es 105 Minuten lang weiter­geht. Focus entbehrt ein wenig der Finesse, welche die großen Klassiker des Caper-Movies auszeichnet. Statt einer bis ins letzte Detail ausge­klü­gelten Handlung zieht das Autoren- und Regieduo aus Glenn Ficarra und John Requa (beide ebenfalls in beiden Funk­tionen in Crazy, Stupid, Love) öfter gerne einmal feist grinsend ein Karnickel aus einem nicht vorhan­denen Hut.

Die Clever­ness in diesem Film ist nicht wesent­lich weniger ober­läch­lich als die Cocktails schlür­fende High Society, die das bevor­zugte Jagd­re­vier dieser Trick­be­trüger darstellt. Damit das nicht so fade wie Nickys gefakte Cocktails wird, jagt der Meis­ter­dieb und Womanizer nebenher der sexy Jess hinterher. Aber auch hier fehlt die klare Linie. Das Drehbuch tut, was es will. So kann im Verlaufe der fast zweistün­digen Laufzeit das Interesse des Zuschauers unter Umständen deutlich schwinden.

Oder aber man lässt sich von diesem kuschelig-bunten Knall­bonbon einfach genüßlich einlullen und von Szene zu Szene treiben. Immer wieder, wenn die ganze Ange­le­gen­heit zu glatt und zu abge­schmackt zu werden droht, ziehen die beiden Filme­ma­cher einen neuen Trumpf aus dem Ärmel. Während die beiden Haupt­dar­steller sehr damit beschäf­tigt sind, eine gute Figur zu machen, sind einige Neben­dar­steller schön schief geraten.

Da ist beispiels­weise der reiche und wett­süch­tige Chinese Liyuan (B.D. Wong) mit dem sich Nicky ein sich immer weiter hoch­schau­kelndes Wettduell liefert, bei dem haushohe Einsätze auf immer absurdere Dinge gesetzt werden. Das verrückt-amüsierte Psycho­pa­then­grinsen, dass Liyuan hierbei an den Tag legt, tröstet einen fast über den haare­sträu­benden Endpunkt dieser Szene hinweg.

Bei diesem Film kommt eben wirklich alles auf den Fokus des Zuschauers an. Je nachdem, auf was man seine Aufmerk­sam­keit am stärksten richtet, ist Focus entweder ein recht hahne­büchenes Knall­bonbon ohne viel Sinn und Tiefgang oder aber ein poppig-prickelnder Spaß, bei dem man sich entspannt zurück­lehnen und amüsieren kann.

Bei Focus liegt die mögliche Schönheit im Fokus des Auges des Betrach­ters.