Fear – Wenn Liebe Angst macht

Fear

USA 1996 · 95 min. · FSK: ab 18
Regie: James Fowley
Drehbuch:
Kamera: Thomas Kloss
Darsteller: Mark Wahlberg, Reese Witherspoon, William Petersen, Amy Brenneman u.a.

Dreh­buch­schreiben für das Main­stream-Kino ist ein ehrbares Handwerk, das virtuos, solide oder schlampig ausgeübt werden kann. Chris­to­pher Crowe, der Autor von Fear, ist kein Schlamper, aber er gehört zu den biederen Vertre­tern seines Fachs. Sein Buch bewegt sich hart an der Grenze zum Teleplay, vermeidet aber die einstel­lungs­spa­renden Längen in den Dialogen und das quoten­he­bende Gemen­schele der Prot­ago­nisten, die das TV-Movie, diesen armse­ligen Zwitter aus Spiel­film­plot und Seri­en­in­sze­nie­rung, so uner­träg­lich machen. Viel Aufre­gendes ist ihm trotzdem nicht einge­fallen zu der an sich spannend und stimmig klin­genden Konstel­la­tion eines liebe­vollen Fami­li­en­va­ters und erfolg­rei­chen Archi­tekten, dessen sech­zehn­jäh­rige Tochter sich ausge­rechnet einen psycho­pa­thi­schen Gangle­ader zum Märchen­prinzen wählt. Als sie ihren Fehler erkennt, ist es natürlich schon zu spät und die Familie muß Haus, Hof und Leben in einem nicht gerade furiosen Showdown gegen ihn und seine Gang vertei­digen.

Thril­ler­spe­zia­listen wie Brian de Palma oder Adrian Lyne hätten viel­leicht mehr aus der Idee gemacht, doch ist es fraglich, ob sie bei einer Vorlage, der alles Abgrün­dige so völlig fehlt, inter­es­siert gewesen wären. So konzen­triert sich James Fowley in seiner Insze­nie­rung auch ganz auf die Eifer­suchts­be­zie­hung zwischen Vater (William Petersen), Tochter (Reese Wither­spoon) und dem sexuellen Eindring­ling David, der vom Testo­steron-Monster »Marky« Mark Wahlberg zwar seelenlos, doch körper­lich über­zeu­gend gespielt wird. Knis­ternde Szenen wie jene aus Cape Fear, als Robert de Niro die feucht­schim­mernde Juliette Lewis im Hexen­häus­lein zu ihrem ersten Joint verführt, bleiben aller­dings die Domäne großer Regis­seure (und Schau­spieler), und wäre Reese Wither­spoon nicht eine so süße Praline (die auspacken zu dürfen der Zuschauer dem uncha­ris­ma­ti­schen Wahlberg bitter neidet), die Geschichte von der verfüh­renden Unschuld, die lernen muß, daß es nicht immer roman­tisch ist, von einem Mann gewollt zu werden, würde uns weit weniger inter­es­sieren.

Etwas über­ra­schend ist, daß der Film auch optisch ganz konven­tio­nell bleibt, obwohl James Fowley mit dem Produk­ti­ons­de­si­gner Alex McDowell und dem Kame­ra­mann Thomas Kloss zwei Leute aus der Musik­vi­deo­szene ins Team gebracht hat, der er ja selbst entstammt. So ist Fear ein akzep­ta­bler Mittel­klasse-Thriller geworden, den man nicht unbedingt im Kino gesehen haben muß. Aber schließ­lich ist der Vide­o­handel auch ein ehrbares Handwerk und der nächste trostlose Fern­seh­abend, der nur durch das Einschieben einer Kassette gerettet werden kann, kommt bestimmt.