Die Dolmetscherin

The Interpreter

USA/GB/F 2005 · 128 min. · FSK: ab 12
Regie: Sydney Pollack
Drehbuch: , ,
Kamera: Darius Khondji
Darsteller: Nicole Kidman, Sean Penn, Catherine Keener, Jesper Christensen u.a.
Nicole Kidman ist »Die Dolmetscherin«

Kein Raum zwischen den Zeilen

Es ist ein Stück Ausland mitten in Manhattan. Selbst das FBI hat keine Autorität dort: Das Grund­s­tück des UN-Haupt­sitzes ist inter­na­tio­nales Terri­to­rium. In den USA kursieren die wildesten Verschwö­rungs­theo­rien darüber, dass die Vereinten Nationen die Fassade eines finsteren Geheim­bunds sei, der Amerika unter­jo­chen will. Vor diesem Hinter­grund muss man diesen Film sehen. Er ist der erste überhaupt, der in den Gebäuden der UN gedreht werden durfte. Er lüftet den Vorhang zu dieser terra incognita auf ameri­ka­ni­schem Boden. Die Räume sind die heim­li­chen Haupt­dar­steller, der Film macht das Publikum gleichsam zu Waffen­in­spek­toren, die sehen sollen: Hier gibt es nichts zu verbergen.

Wobei: Spätes­tens seit Star Wars: Episode I wissen wir ja, dass Voll­ver­samm­lungs-Debatten (selbst inter­ga­lak­ti­sche) kein prickelndes Kino abgeben. Und so muss doch ein bisserl verschwört werden – in, aber nicht von der UN: An ihrem Arbeits­platz bei den Vereinten Nationen hört die Dolmet­scherin Silvia Broome (Nicole Kidman) zufällig von einem geplanten Anschlag auf einen afri­ka­ni­schen Diktator – der mehr mit ihr persön­lich zu tun hat, als sie anfangs ahnen kann. Sie wendet sich an die ameri­ka­ni­schen Bundes­behörden und bekommt den skep­ti­schen Agenten Tobin Keller als Inves­ti­gator und Aufpasser (Sean Penn trägt einmal mehr das Gewicht der Welt).

Sidney Pollack (Jenseits von Afrika) pflegt als Regisseur allerlei angenehme klas­si­sche Tugenden. Aller­dings wird er gele­gent­lich zu didak­tisch, muss jedes poten­tiell unklare Detail für die Aufmerk­sam­keits­ge­störten in den hinteren Bänken brav erklären.

Obwohl der Film von einer Über­set­zerin handelt, gibt es bei ihm keine Zwei­deu­tig­keiten, keinen gefähr­li­chen Spielraum zwischen den Zeilen. Kidman steht in dem Film für das Prinzip der Diplo­matie ein, Penn ist der Mann der Tat. Worte sind besser als Waffen, will die Botschaft sein. Aber genau betrachtet zeigt das Ende des Films, dass man den Menschen manchmal die Waffe an die Schläfe halten muss, damit sie die Worte ernst nehmen.

Und das ist ja schon wieder reinste Bush-Doktrin.