The Bang Bang Club

Kanada/Südafrika 2010 · 108 min. · FSK: ab 12
Regie: Steven Silver
Drehbuch:
Kamera: Miroslaw Baszak
Darsteller: Ryan Phillippe, Taylor Kitsch, Frank Rautenbach, Neels Van Jaarsveld, Malin Akerman u.a.
Sterben verhindern oder sterbend fotografieren?

Der Duft von Adrenalin am Morgen...

Fotos, Krieg und Gewis­sens­fragen: Steven Silvers »The Bang Bang Club«

Ein Mann, der lebendig verbrennt – dieses Photo machte Greg Mari­no­vich berühmt und brachte ihm den Pulitzer-Preis ein. Es entstand in Südafrika im Jahr 1994. Die letzten Tage der weißen Herr­schaft sind ange­bro­chen, Unruhen erschüt­tern das Land am Kap und keiner weiß, was die Zukunft bringen wird. Kaum 20 Jahre liegt das zurück und scheint doch unendlich ferner, als etwas der Bürger­krieg und Zerfall Jugo­sla­wiens. Von Kriegs­re­por­tern im Balkan haben schon mehrere Kinofilme erzählt, und damit auch von der Lage der Medien, der Frage, ob und inwieweit man Partei werden darf in einem gewalt­tä­tigen Konflikt, und die – mora­li­schen, ästhe­ti­schen, aber auch unmit­telbar persön­li­chen – Gefahren, die das mit sich bringt. In Südafrika scheinen Gut und Böse, Täter- und Opfer­rollen noch klarer verteilt. Viel­leicht ist das der Grund, warum dieser Film The Bang Bang Club einem doch wie etwas Neues vorkommt, obwohl er alle bekannten Topoi des schon immer dankbaren Kino­sujets der Reporter in Krisen­ge­bieten versam­melt: Der Kick der Todes­ge­fahr, der Wett­be­werb um das »beste Bild«, die »neueste Nachricht«, die Abge­brüht­heit der Erfah­renen, die Unschuld der Newcomer, Sex mit irgend­wel­chen Kollegen und harte Drinks in irgend­wel­chen Hotelbars, Schmutz, Schund und Tod.

Den »Bang Bang Club« gab es tatsäch­lich. So nannten sich einmal vier befreun­dete Kriegs­fo­to­grafen Greg Mari­no­vich, Kevin Carter, Ken Ooster­broek und João Silva. Mit Bildern des unter­ge­henden Apartheid-Regimes wurden sie Anfang der 90er Jahre welt­berühmt. Kurz darauf starben zwei von ihnen, Ooster­broek wurde bei Unruhen erschossen, Carter ging kurz nach Gewinn des Pulitzer-Preises im selben Jahr frei­willig in den Tod. Das sind die Fakten, die einem Buch zugrun­de­liegen, das Mari­no­vich und Silva schrieben, und das wiederum die Vorlage für Steven Silvers Film The Bang Bang Club liefert.

Mari­no­vich (gespielt von Ryan Phillippe) fungiert hier als der Held, aus dessen Perspek­tive der Film erzählt wird: Der Jüngste, Wage­mu­tigste und Begab­teste der vier. Eindring­lich entfaltet Regisseur Silver an dieser Figur die unschul­dige Faszi­na­tion dieses Berufs, die Sexyness eines Lebens unter ständiger Todes­ge­fahr. Kaum über­ra­schend rückt der Film die mora­li­schen Fragen in sein Zentrum: Gibt es eine Moral darin, einen Menschen beim Sterben zu foto­gra­fieren. Einem Mord zuzusehen. Nicht einzu­greifen, wenn blut­rüns­tige Menschen­horden aufein­ander losgehen? Und wo steht eigent­lich dieser Film? Ist sein Portrait der Südafri­kaner akzep­tabel, deren Verhalten wir zwar sehen, die Gründe dafür uns aber verborgen bleiben? Auf der anderen Seite steht im Fall der Reporter dann, wie sie sich durch Drogen verschie­denster Art trösten, wie sie einen Oppor­tu­nismus kulti­vieren, zu dem sie der Beruf zu zwingen scheint, der sich aber fast notge­drungen in Zynismus steigert.

Spannend an dem Film sind vor allem zwei Aspekte. Zum einen, wie er an die kompli­zierte Lage Südafrikas im Übergang erinnert: Stam­mes­kämpfe drohen das Land zu spalten, Lynch­morde waren an der Tages­ord­nung, und die heute sakro­sankte Stellung Nelson Mandelas war noch längst nicht gesichert. Spannend ist auch, wie der Film betont, das weiße Reporter in Afrika immer eine Sonder­stel­lung behalten. Egal wie nahe sie mit ihren Kameras an das Geschehen heran­kommen, sie bleiben doch immer außen vor. Sie rufen »Press!« und man beachtet sie nicht. Aller­höchs­tens beschul­digt man sie mit ihren Bildern einer bestimmten Seite in die Hände zu spielen. Diese narziss­ti­sche Kränkung, nie dazu zu gehören, steigert den Wagemut noch. Die vier spüren nicht wirklich, was sie riskieren, und wollen doch ihre Grenzen austesten.

Viel­leicht macht es sich der Film am Ende ein bisschen zu leicht mit seinem Portrait der Foto­jour­na­listen getreu der »Bang Bang«-Legende als leicht­sin­nige Gesellen, die zwar immer wieder Gewis­sens­bisse haben und das Herz auf dem rechten Fleck, die aber irgendwie doch vor allem auf den größten Adrenalin-Kick aus sind. Man übersieht so als Betrachter viel­leicht zu schnell, wovon The Bang Bang Club doch im Rahmen der Grenzen eines Unter­hal­tungs­films auch erzählt: Dass wir alle, trotz des hohen, auch mora­li­schen Preises, den sie kosten, auf die Bilder dieser scheinbar verrückten Krisen­fo­to­grafen ange­wiesen sind. Erst recht aber die Betrof­fenen. Ohne diese Verrückten und ihren Wahnwitz wüssten wir noch viel weniger.