Alles ist erleuchtet

Everything Is Illuminated

USA 2005 · 106 min. · FSK: ab 12
Regie: Liev Schreiber
Drehbuch: ,
Kamera: Matthew Libatique
Darsteller: Elijah Wood, Eugene Hutz, Boris Leskin, Laryssa Lauret, Jason Schwartzman u.a.

Mehr Licht!

Eine Lite­ra­tur­ver­fil­mung ist immer eine schwie­rige Sache. Meist sind die Verfil­mungen besser, die dem Medium Film, seiner eigenen Sprache vertrauen, einfach Filme sein wollen: So wie Schlön­dorffs Verfil­mung von Günter Grass Die Blech­trommel, zum Beispiel. Da fehlt dann einfach mal der letzte, dritte Teil.

Ähnlich radikal ging Regisseur und Dreh­buch­autor Liev Schreiber bei seiner Verfil­mung von Jonathan Safran Foers Erfolgs­roman Alles ist erleuchtet vor. Von drei Erzäh­le­benen strich er eine voll­s­tändig. Anders kann man vermut­lich in diesem Fall kaum vorgehen: Wurde dem gefei­erten Debüt Foers im Vorfeld doch häufig Unver­film­bar­keit beschei­nigt.

Foer beschreibt eine tatsäch­lich gesche­hene Reise in die Ukraine, eine Suche nach seinen Wurzeln. Held der Geschichte ist deshalb der jüdische Autor selbst. Zum Helden wird Foer auch für seinen Dolmet­scher Alex, der in abstrusem Kauder­welsch neben Foer ein Erzähler des Romans ist. Foer sucht das Shtetl Trachim­brod, aus dem sein Großvater vor den Nazis nach Amerika floh. Dort hofft er, Augustine zu finden, die Frau, die seinem Großvater damals das Leben rettete. Reise­führer der Klein­gruppe ist Alex Großvater, begleitet auf der Suche werden sie außerdem von der neuro­ti­schen Prome­na­den­mi­schung Sammy Davis jr. jr., die dem Hunde­pho­biker Foer sehr zugetan ist.

Der Regisseur und Dreh­buch­autor Liev Schreiber war zuvor Schau­spieler, etwa in Scream und den beiden Sequels oder Der Manchu­rian Kandidat. Sein Film ist also ebenfalls ein Erstling. Debüt trifft auf Debüt, ein Über­ra­schungs­er­folg hilft dem anderen auf die Beine, das klingt erst mal plausibel. Doch Foers Buch zu verfilmen, ist eine harte Nuss, eine härtere als es Lite­ra­tur­ver­fil­mungen ohnehin schon sind: lebt doch sein Buch zum großen Teil vom spie­le­ri­schen, virtuosen Umgang mit der Sprache. Werden seine skurrilen Figuren dieser Versprach­li­chung entledigt, bebildert und verkör­pert, dann bleiben sie dabei eines: Skurril. Das birgt die Gefahr, im Film jeglichen Witz einzu­büßen, den die lite­ra­ri­sche Vorlage hatte und damit zur Plat­titüde, zum Klischee zu gerinnen. Vor allem die Neben­fi­guren, etwa Alex Familie, eine Kellnerin oder Bauern am Straßen­rand, aber auch ganze Szenen­ab­läufe sind Alex Kauder­welsch-Ausfüh­rungen im Buch so deckungs­gleich entnommen, als handele es sich bei diesen sprach­ver­ball­hor­nenden Beschrei­bungen und Benen­nungen um Regie­an­wei­sungen. Ihr Übriges tut dazu die Musik: Nach allem, was witzig sein soll, oder in alle Passagen, die kontem­plativ sein könn­tenwie die Fahrten im klapp­rigen Auto übers weite, frucht­bare ukrai­ni­sche Land­dröhnt sie unsen­sibel volks­tü­melnd und viel zu laut hinein.

Ein wenig erinnert die Komik an Emir Kustu­ricas Schwarze Katze, weißer Kater, nur gehen bei Kusturica die folk­lo­ris­ti­sche Musik, die Land­schaft, die abstrusen Typen und der absurde Plot eine sinn­fäl­lige Einheit ein, aus der sich die Komik quasi organisch entwi­ckel­tall diese Anteile arbeiten bei Schreiber gewis­ser­maßen gegen­ein­ander. Im zweiten Teil des Films, wenn sich die Reisenden Trachim­brod nähern, über­wiegen dann senti­mental-melan­cho­li­sche Töne. In Alex Großvater steigen Erin­ne­rungen auf, die über Rück­blenden erzählt werden: In Sepia gefärbte Erläu­te­rungen, die nicht nötig gewesen wären. Ebenso wie die Komik im ersten Teil mag sich auch die Tragik im zweiten Teil nicht so richtig entfalten.

Die Leistung der Verfil­mung liegt ebenfalls in der bereits erwähnten harten Nuss. Einen Roman, der so sehr von seiner Sprache lebt, überhaupt in Dreh­buch­form zu fassen, ist alleine schon ein echter Kraftakt. Haupt­dar­steller Elijah Wood spielt Foer mit glaub­wür­digen Nerd-Qualitäten: Bis ins kleinste, unauf­fällig-neuro­ti­sche Bril­le­hoch­schieben lotet er die Figur präzise aus, so dass man sie dem Buch bzw. der eigenen Vorstel­lung entsprungen wähnt. Auch Foers Gegenüber Alex ist mit dem exzen­tri­schen Sänger der ukrai­ni­schen Folk-Punk-Band Gogol Bordellos ausge­zeichnet besetzt. Alles ist erleuchtet ist ein ordent­li­cher Erstling, der eben ab und zu in die Fallen tappt, die sich bei Lite­ra­tur­ver­fil­mungen und Debüts so auftun. Der letzte, zündende Funke fehlt einfach­aber viel­leicht funkelt ja Liev Schrei­bers nächster Film.