2:37

Australien 2006 · 99 min. · FSK: ab 16
Regie: Murali K. Thalluri
Drehbuch:
Kamera: Nick Matthews
Darsteller: Teresa Palmer, Joel Mackenzie, Frank Sweet, Clementine Mellor, Charles Baird u.a.
Tugend wird bestraft !

Schönheit und Können

Nichts währt so lang, wie die Ewigkeit eines Augen­blicks – fast buddhis­tisch mutet das erste Bild dieses überaus einfall­rei­chen, virtuos insze­nierten, atmo­s­phä­ri­schen Thrillers an: Ein Blick in den Himmel, umrahmt von grünen Blättern am Bildrand, Frieden, Stille sugge­rie­rend. Die Uhr zeigt genau 2:37. Es entspricht durchaus anderen Filmen, etwa The Quiet American, Lantana, Jyndabyne und Somer­sault, die in den letzten Jahren bereits mehrfach Zeugnis für die heraus­ra­gende Qualität des bei uns immer noch zu Unrecht unter­schätzten austra­li­schen Kinos ablegten, dass dieses erste Bild sich bald als trüge­risch entpuppt. Unter der ober­fläch­lich unberührten Natur hausen nämlich Unglück und Verbre­chen. Als sich die Kamera der Erde zuwendet, erreicht unser Blick die Szenerie einer High School, deren Ruhe alsbald erschüt­tert wird. Auf der Schul­toi­lette findet man eine Leiche. Im Rückblick schildert der Film nun die Stunden vor dem Todesfall, den frühen Morgen eines Schul­tages. Wir lernen ein paar Schüler kennen. Und die Zeichen des Bevor­ste­henden sind an ihrem Verhalten ablesbar.

2:37 ist, wie jeder gute Film über das Leben, ein Film über den Tod. Und vom Leben handelt der Film: Von den Hänsel­leien, die Grau­sam­keiten und die Gleich­gül­tig­keit unter Schülern. Von der Schwie­rig­keit, einfach den ganz normalen Alltag auszu­halten. Und von den Konse­quenzen daraus.
Das Debüt von Murali K. Thalluri, das im Vorjahr in Cannes in der Reihe »Un Certain Regard« den Preis gewann, wäre auch beein­dru­ckend, wenn es von einem erfah­re­neren Filme­ma­cher stammte. Sein konzen­trierter Stil erinnert nicht ganz von fern an die letzten Filme von Gus Van Sant. Trotzdem ist der Stil, schaut man ganz genau hin, den ähnlichen Kame­ra­be­we­gungen, dem gemein­samen Rhythmus aus Inne­halten, mäan­derndem Blick und Tempi­wech­seln zum Trotz, eigent­lich ganz entge­gen­ge­setzt, und pathos­ge­la­dener, direkter, jünger...

Das Gegenteil eines Zynikers und voller Anteil­nahme für seine Figuren, ist Thalluri dabei doch ein Erzähler, der weder diese Figuren, noch den Zuschauer schont oder durch Schön­fär­berei in verlogene Wonnen versetzte. Keine Tugend, die in diesem Film nicht ihre verdiente Strafe erhielte. So viel Mut zum Pessi­mismus ist, man muss das so sagen, überaus erfri­schend, erst recht, wenn er mit so viel Schönheit und schierem Können verbunden ist.