09.01.2003

»Ich hatte nie das Gefühl: Ich habe es geschafft.«

Famke Janssen in I SPY
Famke Janssen in I Spy
(Foto: Columbia Pictures)

Famke Janssen über die Einsamkeit in Hollywood

Als Gegen­spie­lerin von James Bond mit dem schil­lernden Namen Xenia Onatopp wurde Famke Janssen 1995 in GoldenEye schlag­artig berühmt. Seitdem spielte Janssen Haupt­rollen in einer ganzen Reihe bemer­kens­werter Filme, unter anderem von Robert Altman, Woody Allen und Roberto Rodriguez. Nun ist sie in der Spionage-Komödie I Spy von Betty Thomas zu sehen.
Mit Famke Janssen sprach Rüdiger Suchsland.

artechock: I Spy ist die Kino­ver­sion einer 60er-Jahre-TV-Serie, eine Referenz an die Zeit, in der man noch klas­si­sche Agenten und Spio­na­gesto­ries erzählen konnte. Der Film belegt: Sie scheinen ein Faible für Ironie und zwie­lich­tige Figuren zu haben...

Famke Janssen: Ja, bis zum Ende ist meine Figur sehr schil­lernd. Man weiß nicht, was man von ihr halten soll, wo sie steht. Der Film hat viel Spaß gemacht. Ich musste sehr, sehr schnell sein, um mit einem Komiker wie Eddie Murphy mitzu­halten. Sein Verstand arbeitet rasant. Es war richtig einschüch­ternd.

artechock: Wie ist Ihr Dasein als Europäerin in Hollywood? Es ist ja eine spezielle Situation. Haben Sie es besonders schwer?

Janssen: Ich kann das schwer verglei­chen: Ich weiß ja nicht, wie es ist, als Ameri­ka­nerin in Hollywood zu sein. Und in Europa habe ich erst später gear­beitet, für US-Produk­tionen. In jedem Fall behandelt man mich ein wenig als Exotin. Denn einen ganz leichten Akzent werde ich nie ablegen, er ist quasi mein Marken­zei­chen.

artechock: Gibt es ein bestimmtes „Type Casting“ für Europäer?

Janssen: Ja, man wird anders besetzt. Oft sind die „Bösen“ europäi­sche Darsteller – das „Fremde“ wird eben mit Miss­trauen betrachtet. Ande­rer­seits bin ich nicht sicher, ob man mich dort noch wirklich als Europäerin sieht. In Europa tut man das. Ich habe mich ins System inte­griert. Eher bin ich eine Ameri­ka­nerin mit Exotik.

artechock: Sie haben ein sehr spezi­elles Rollen-Image: Sie sind weder das typische „bad girl“, noch die Gute, sie sind fast „zu“ groß gewachsen, spielen »sonder­bare« Frauen, aber strahlen nicht zuletzt Stärke und Intel­li­genz aus, manchmal geradezu bedroh­lich...

Janssen: [Lacht] Ich hoffe nicht. Ich habe früher viel über so etwas nach­ge­dacht, mit dem Ergebnis, dass ich kein bestimmtes Image haben möchte. Ich will natürlich Karriere machen, aber ich tue das mit großen Filmen ebenso wie mit Inde­pen­dent-Produk­tionen. Mein Ziel ist, möglichst verschie­dene Rollen zu spielen, möglichst verschie­dene Filme zu machen. Zum Film bin ich als Kino-Lieb­ha­berin gekommen, als Fan bestimmter Regis­seure. Daher kommt es, dass ich manchmal eine schwächere Rolle annehme, nur um mit einem guten Regisseur oder einem inter­es­santen Kollegen zu arbeiten. Und manchmal ist es das Script, das mich faszi­niert: Beispiels­weise die Komödie Love & Sex, ein Inde­pen­dent-Film von einer unbe­kannten Regis­seurin, mit unbe­kannten Darstel­lern. Für mich war das eine tolle Rolle, so etwas hatte ich nie gespielt, also bin ich das Risiko einge­gangen. Es kann nicht immer alles perfekt sein – jeden­falls nicht für mich, jetzt.

artechock: Was war der Reiz bei I Spy?

Janssen: Es ist sicher nicht die Rolle meines Lebens, auch nicht der heraus­for­derndste Film. Aber Betty Thomas, die früher Darstel­lerin war, fand ich eine inter­es­sante Wahl. Und Eddie Murphy und Owen Wilson sind tolle Darsteller. Mit ihnen wollte ich sehr gern zusam­men­ar­beiten. Beide sind sehr gut, dabei sehr verschieden – was die Kombi­na­tion wieder inter­es­sant macht.

artechock: Sie scheinen auch ernsten Rollen immer ein humor­volles Element zu geben. Halten Sie sich selbst für eine bessere Komö­di­antin, oder liegen Ihnen ernste Rollen doch besser?

Janssen: Ich probiere beides. Ich liebe Komödien, aber es ist schwer, gute zu finden. Und das Genre der „Romantic Comedy“ kann manchmal auch ganz schön doof sein! Darum mochte ich damals Love & Sex so gern: Die Story war so viel realis­ti­scher – so, wie ich selbst das Bezie­hungs­leben kenne. Natürlich nicht bezogen auf das Hollywood-Klischee einer idealen Beziehung, das meiner Ansicht nach unser aller Bezie­hungs­leben eher vergiftet – es weckt blöd­sinnig hohe Erwar­tungen. Solche Art Leben existiert gar nicht.

artechock: Was macht Regis­seurin Valerie Breiman eigent­lich heute? Haben Sie noch Kontakt?

Janssen: Ja, ich habe erst neulich mit ihr gespro­chen. Ich glaube, sie schreibt an einem neuen Film. Ich würde auch gerne wieder mit ihr arbeiten. Sie war nur in letzter Zeit in einer Position, die ich sehr gut nach­voll­ziehen kann: Nach dem Erfolg von Love & Sex bekam sie Regie-Angebote, hinter denen sie nicht wirklich gut stehen konnte. Also musste sie sich erst einmal um gute Stoffe kümmern.
Ich kenne das von meiner eigenen Karriere: Ich will ja nicht behaupten, dass ich alle meine Filme aus künst­le­ri­schen Gründen gemacht hätte. Aber man kann auch nicht dauernd so denken. Ich will nicht sechs Monate meines Lebens verschwenden. Es gibt Dinge, die macht man, um seine Miete zu bezahlen, andere, weil sie einen faszi­nieren.

artechock: Auf welche Ihrer Filme sind sie besonders stolz?

Janssen: Auf meine Filme mit Robert Altman und Woody Allen – das war eine Art Ritter­schlag, wenn man bedenkt, was für Hürden ich über­winden musste: Europäerin, Ex-Model, Bond-Darstel­lerin...

artechock: Was unter­scheidet diese großen Regis­seure vom Rest?

Janssen: Jeder ist anders. Ich fand Altman besonders faszi­nie­rend. Er hat einen komplett anderen Ansatz als typische Hollywood-Regis­seure. Er liebt Proben, aber er gibt Schau­spie­lern später viel Freiheit. Es war so, dass er einem den Raum gezeigt hat, und dann meinte: »Mach, was Du für richtig hältst.« Das ist so selten! Oft zeigt einem der Regisseur eine Marke am Boden: »So, hier stellst Du Dich hin! Hier sagst Du den und den Satz.«

artechock: Hat sich Hollywood in den letzten Jahren verändert?

Janssen: Es befindet sich in konstantem Fluss. Es geht letztlich nur um Geld und Zuschauer. Und darum, wie man beides bekommt. Es ist inter­es­sant zu beob­achten, und ich mag das.

artechock: Was sind Ihre nächsten Pläne?

Janssen: X-Men 2 kommt noch ins Kino. Aber ich brauche jetzt etwas anderes. Ich mache zwei Inde­pen­dent-Filme.

artechock: Und ganz allgemein? Haben Sie Angst vorm Altern?

Janssen: Naja, ich weiß, dass die Rollen bald weniger werden. Bis dahin genieße ich die Zeit. Und dann gelingt es mir viel­leicht, Dreh­bücher zu schreiben, mal Regie zu führen.

artechock: Immerhin: Ihnen ist gelungen, etwas zu erreichen, was viele nie erreichen: Sie sind vom ersten Film an ein Star, heute berühmt, eine Art Ikone. Und manche haben Sie genau aufgrund dieser ikoni­schen Qualität gecastet... Zum Beispiel Roberto Rodriguez für The Faculty...

Janssen: Ich vermute – ja. Dabei ist das überhaupt nicht mein Lieblings-Genre. Aber was für ein cooler Regisseur!
Aus Ihrer Perspek­tive mag das alles so aussehen. Mir selbst kommt es wie ein konti­nu­ier­li­cher Kampf vor. Man hangelt sich von Rolle zu Rolle. Sicher habe ich mich nie gefühlt. Ich hatte nie das Gefühl: Ich habe es geschafft. Viel­leicht sollte ich es. Viel­leicht habe ich auch die Latte sehr hoch gehängt.

artechock: Was ist Ihr Lieb­lings­genre?

Janssen: Filme wie Brave­heart und Gladiator. Große, epische Filme...

artechock: Sie wären gern eine römische Kaiserin...

Janssen: Ja! Ich weiß, dass sie jetzt Alexander, der Große drehen werden – und ich wäre so gern dabei. Oder Hannibal. Und Troja. Aber ich mag auch Filme über echte Menschen, wie Deer Hunter.

artechock: Hatten Sie zu Beginn eigent­lich einen Karrie­re­plan?

Janssen: Ja. Ich wollte mit guten Leuten arbeiten. Manchmal hat es geklappt, manchmal nicht.