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Vom Flugzeug her gesehen liegt da nur ein kleiner dünner
Strich im Morgendunst - trotzdem ist der Lido seit diesem
Donnerstag für knapp zwei Wochen das konkurrenzlose Zentrum
der internationalen Filmwelt. Jedes Jahr gibt es hier irgendeinen
Grund, Jubiläen oder eigene neue Einfälle zu feiern.
Im nächsten Jahr begeht man das 60te Festival, diesmal
lautet das Motto "70 Jahre Mostra", denn tatsächlich
fand das erste Festival von Venedig 1932 statt, zu Zeiten
also, als der Duce gerade zehn Jahre in Rom regierte. Zuerst
allerdings traf man sich nur alle zwei Jahre, und war da nicht
auch irgendein blöder Krieg, der dazwischen kam? Die
"Mostra" ist das mit großem Abstand älteste
Festival der Welt, Cannes, Berlin und die ebenfalls erstaunlich
traditionsreichen Festivals von Mannheim und Locarno waren
alles Wiederaufbauprojekte im Optimismus der Nachkriegszeit,
oder wie in Berlin ideologische Flankenangriffe im Kalten
Krieg. Aber die Geburt der Filmfestivals aus dem Geiste der
Diktatur - das wäre allemal auch gelegentlich einer Betrachtung
wert, verbunden mit dem Nachdenken darüber, wie Demokratie
und Film eigentlich zusammenpassen, wie viel der Blick des
Kinos überhaupt - Leni Riefenstahl hatte ja, auch das
ein Jubiläum, gerade erst Geburtstag - mit Totalitarismus
zu tun hat.
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Es beginnt erst einmal mit denn Ritualen, die schon nach
ganz einmaligem Besuch zu einer Art liebgewonnener Gewohnheit
werden: Vor allem das Ausleihen der Fahrräder, mit denen
man hier praktischerweise unterwegs ist. Der Verleiher gibt
die Räder einfach aus, ohne Pfand zu verlangen. Ein Vertrauensvorschuss,
wie man ihn auch einem Festival geben muss. "Festivalgäste
sind viel zu verträumt, um unehrlich zu sein" meint
ein Kollege auf mein Erstaunen. Wenn er sich da mal nicht
täuscht.
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"Hitler hat immerhin eine Vision, Hitler hat das Volk
auf seiner Seite. Stalin dagegen ist nur ein Bürokrat
und Mörder - die schlimmste Kombination!" Das sagte
nicht etwa Leni Riefenstahl auf ihrer, von Leo Kirch veranstalteten
Geburtstagsparty in Pöcking (Donnerstag vor einer Woche,
wir waren leider nicht eingeladen), sondern Leo Trotzki, in
Julie Taymors Film FRIDA, mit dem die "Mostra" und
der Wettbewerb um den "Goldenen Löwen" am Donnerstagabend
eröffnet wurde.
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Eine Schmerzensfrau: Unbeweglich in ihrem Bett liegend, manchmal
laut aufschreiend wird sie, schön und leidend durch die
Straßen getragen, wie wir Zuschauer zwei Stunden später
wissen, auf dem Weg zu ihrem letztem öffentlichen Auftritt
wenige Wochen vor ihrem Tod 1954. Salma Hayek ist Frida Kahlo.
Der Film Taymors - die bisher nur durch die TV-Fassung von
Shakespeares TITUS ANDRONICUS (mit Anthony Hopkins) einige
Bekanntheit erlangte - engagiert, sympathisch, nicht durchweg
gelungen, aber mit sehr viel Herzblut und Verstand umgesetzten
Lebensportrait der mexikanischen Künstlerin. Mit aller
Hingabe, ohne sich auch nur eine mögliche pathetische
Geste zu ersparen spielt Hayek die künstlerische Ikone
ihres Heimatlandes - eine Hommage auch an die eigene Herkunft.
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Die Faszination der Malerei der Frida Kahlo liegt zu einem
guten Stück im "trotz alledem", in der Anstrengung
mit der die Künstlerin ihr Werk ihrer schweren Krankheit
- zusätzlich zu ihrer Kinderlähmung wurde sie 1925
bei einem Verkehrunfall so schwer verletzt, dass sie zeitlebens
unter den Folgen litt - abgetrotzt hat. So gesehen entspricht
FRIDA dieser Künstlerin ganz gut, denn der Film ist so
leidenschaftlich und farbenreich, so intim, und dabei so naiv
und unbeholfen wie letztlich auch die Malerei Kahlos, ohne
allerdings deren Mut und ihren Surrealismus zu teilen. Kulturgeschichte
als Bilderbuch, das sich vor allem auf Persönliches und
die Liebe Kahlos zu dem Maler Diego Rivera konzentriert, mit
dem sie von 1929 bis zu ihrem Tod verheiratet war. In seinen
besten Momenten ist FRIDA ein Stück atmosphärischer
Zeitgeschichte: zahlreiche Künstler, Intellektuelle und
Politiker treten auf, oft verkörpert in kleinen, aber
schönen Auftritte bekannter Schauspieler wie Ashley Judd,
- besonders eindringlich in der Rolle der Photographin Tina
Modotti - Antonio Banderas, Edward Norton (als Nelson Rockefeller).
Auch Leo Trotzki (Geoffrey Rush) darf nicht fehlen. An der
mexikanischen Endstation seines Flucht vor Stalins Häschern
war er zeitweilig auch Kahlos Geliebter. So schildert FRIDA
mit allem Pathos auch ein Stück wenig bekannter mexikanischer
Geschichte. Vor allem aber portraitiert der Film außergewöhnliche
Persönlichkeiten voller Mut und Engagement, wie man ihnen
in der heutigen von Funktionären und Wellenreitern geprägten
Kulturlandschaft kaum noch begegnet.
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Unfreiwillig ist FRIDA damit auch ein Gegenentwurf zu jenem
Geist, den die diesjährige "Mostra" im übrigen
zu repräsentieren scheint. Im letzten Jahr hatten wir
hier als "Mostra"-Neuling noch geschrieben, dass
wir den Vorteil haben, gar nichts mit früher vergleichen
zu können. Diesmal ist alles anders: Zuerst reibt man
sich verdutzt die Augen. Noch mal. Glaubt an Drogen, die einen
ein halbes Jahr verschlafen ließ. Ist es denn schon
wieder Februar, und das hier Berlin? Aber nein, da residiert
ja schon längst Dieter Kosslick. Also, was nun? Tatsächlich:
Keine optische Täuschung, keine Zeitmaschine, sondern
ein alter Bekannter: Moritz de Hadeln höchstpersönlich
stolziert da über den Lido. Und nicht etwas als harmloser
Tourist, sondern als das, was er immer, ganz gleich wo in
seinem tiefsten Wesen gewesen ist: Festivalchef. Der Mann,
der 22 Jahre die Berlinale geleitet hat, und den viele glaubten,
im vorvergangenen Februar auf Nimmerwiedersehen verabschiedet
zu haben, ist wieder da, nicht wegzukriegen, wie Helmut Kohl,
wie ein Zombie, der nicht sterben mag.
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Im Gegensatz zu Anderen, auch Konservativen, die vor ihm
dankend abgelehnt hatten, ließ sich de Hadeln im März
bereitwillig darauf ein, die Nachfolge von Antonio Barbera
zu übernehmen, dem die Berlusconi-Regierung schnöde
den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte - nachdem sie bereits
im Vorjahr die "Mostra" als "letzte Bastion
der Linken" geschmäht hatte.
Zweifellos ein persönlicher Triumph für den, der
sich von den Deutschen am Ende schlecht behandelt fühlte.
Jetzt kann er es allen zeigen, beweisen, dass er nach wie
vor gefragt ist, kein Untoter ist, und wie um es allen Kritikern
zusätzlich zu zeigen, hat er gleich zwei deutsche Filme
in den Wettbewerb gehoben, zum ersten Mal seit vier Jahren,
seit Tykwers LOLA erfolgreich über den Lido rannte. Ob
Doris Dörries NACKT und Winfried Bonengels FUEHRER EX
vor internationalem Publikum eine ähnliche Chance haben,
das wissen wir allerdings erst nächste Woche.
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"Die Dinge nehmen erst einen Sinn an, wenn sie zu Ende
sind - denn dann beginnt die Geschichte." (Jean-Luc Godard)
Geändert haben sich unter de Hadeln wie bei jedem Machtbewussten
erst einmal die sichtbaren Dinge: Der Festivaltrailer, der
seit Jahren jeden Film einleitete - und nach Ansicht vieler
besser war, als einige der Filme, die ihm folgten - wurde
abgeschafft, und durch ein kurzes, diffuses, von eher beliebigem
Geklimper begleitetes Nichts ersetzt. Ersetzt wurde auch der
über 50 Meter lange weiße Laufsteg, auf dem bisher
allabendlich die Stars zur Galavorstellung entlangdefilierten,
mal schnell spurtend, mal sich Zeit lassend und mit der Menge
flirtend. Jetzt gibt es - angeblich auf Betreiben des Sponsors,
eines französischen Autoherstellers - eine kurze knappe
Treppe, und die Regisseure und Schauspieler sollen mit den
gesponsorten Luxuskarossen vorfahren. Beliebt macht man sich
mit solchen Einfällen jedenfalls nicht, schon gar nicht
bei den Italienern, wo die "bella figura" vor der
Menge nicht nur in der Politik Tradition hat. Auch am Lido
gibt es viele Fans, die eigens anreisen, um einen kurzen Blick
auf ihr Idol zu werfen. Das werden jetzt nur noch ein Zehntel
so viele tun können wie in den vergangenen 58 Jahren
zuvor.
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Stattdessen gibt es eine neue weiße Wand, die deshalb
besonders hässlich ist, weil sie direkt vor der Mitte
des Festivalgebäudes, aber quer hingepfropft wurde -
offenbar um den Photographen den immergleichen Hintergrund
zu garantieren. In Italien ist man mit Spott schnell bei der
Hand, darum hat die Wand hier schon einen Namen, der sich
gleich auch mit auf die Person de Hadeln bezieht: "Il
Muro di Berlino".
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Man hatte de Hadeln sowieso schon kritisiert, weil er den
Posten nach dem rein politisch bedingten Rausschmiss seines
Vorgängers überhaupt angenommen hatte. Auch sonst
macht es sich der neue Festivalleiter nicht gerade leicht.
In seiner unnachahmlichen Art hat sich de Hadeln gleich richtig
in die Nesseln gesetzt (und damit all seinen Feinden aus Berliner
Zeiten noch im nachhinein recht gegeben), als er zu aller
Überraschung sein eigenes Festival in Zeitungsinterviews
öffentlich herabgesetzte: "Der Goldene Löwe
ist nichts mehr wert" meinte er, was sicher falsch ist,
wenn man Film nicht nur ökonomisch betrachtet, als Industrie
und Maschine zum Geldverdienen. Unklug ist es außerdem,
denn man sollte sich als Leiter nicht sein eigenes Festival
kaputt machen. Im Katalog hat de Hadeln auch noch für
Kino als "politisches Niemandsland" plädiert
- was aller Erfahrung nach immer nur der Wunsch der Rechten
ist, und im Kontext der Vorjahrsangriffe als Kotau vor Berlusconi
erscheinen muss. So einfach liegen die Dinge aber auch im
Italien der Gegenwart nicht, und schon jetzt werden am Lido
Wetten angenommen, dass 2002 de Hadeln einziges Jahr als "Mostra"-Leiter
bleiben wird.
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Die Filmkunst wird geschmäht, aber zugleich ehrt das
Festival Michelangelo Antonioni und erweist damit gerade dem
Autorenfilm wieder Reverenz - so sehr man sich auf den Altmeister
freut, dessen Filme immer noch fast alles Neue in den Schatten
stellen, so sehr belegt dies doch nur de Hadelns Opportunismus
und Doppelzüngigkeit. Im Programm sind - von der Papierform
her - die künstlerischen Wagnisse jedenfalls weitaus
weniger geworden. Kommerzialität dominiert das Festival
stärker denn je.
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"Super Film" meint der geschätzte Kollege
einer süddeutschen Tageszeitung jedenfalls nach Besuch
der FRIDA-Eröffnung. "Ganz ok" meinen wir,
und treffen uns da mit der Mehrheit der Kollegen. Weitaus
mehr angetan, als der Rest waren wir dafür von THE MAGDALENE
SISTERS, dem Regie-Erstling des Schauspielers Peter Mullan
(bekannt vor allem durch die Hauptrolle in Ken Loachs MY NAME
IS JOE): Beschrieben wird der Alltag in den irischen Magdalene-Convents,
in denen junge Mädchen aus den unterschiedlichsten Gründen
bis in die 90er Jahre gefangengehalten wurden - jenseits aller
Grund- und Menschenrechte - ohne zu übertreiben an eine
Art katholisches KZ erinnernd. Beschrieben wird das Schicksal
dreier Mädchen, die hier Anfang der Sechziger über
Jahre quasi inhaftiert waren: Einer jungen Waisen, weil sie
"zu hübsch" fürs Waisenhaus war, einer
unehelichen Mutter, und einer jungen Frau, die vom Pfarrersohn
vergewaltigt wurde. Das Schockierendste an dieser insgesamt
unglaublichen Geschichte ist, dass sie in allen Details wahr
ist. Die Kritiker am Lido waren gespalten über den Film.
Von "sozialdemokratischer Scheiße", die billig
längst offene Türen einrennt, bis zu "beeindruckend"
lauteten die Urteile. Nach ganz starkem, wunderschönem
Beginn, in dem Mullan ohne viele Worte, fast nur in Bildern
vom dreifachen Verschwinden der Mädchen im Konvent erzählt,
von der Gewalt der Väter, vom allgemeinen unter-den-Teppich-kehren,
verliert sich der Film etwas in der allzu dichten Beschreibung.
Ein wenig suhlt sich Mullan im Sadismus der Verhältnisse,
und sein Film verliert an Stringenz. Doch bleibt auch diese
Verbindung von Katholizismus und Gewalt und Demütigung
eine bis heute politisch zu brisante Geschichte, um sich von
solcher rein formalen Kritik wirklich treffen zu lassen.
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Um der politischen Ausgewogenheit willen, möchten wir
an dieser Stelle noch etwas anders zitieren, eine Bemerkung
von Jean-Luc Godard, der ebenfalls hier ist, um jene Episode
vorzustellen, die er zu TEN MINUTES OLDER - THE CELLO beigesteuert
hat, dem zweiten Teil jenes Episodenfilmprojekts, dessen erste
Folge in Cannes (und auf dem Münchner Filmfest) zu sehen
war: "In der fast obszönen Debatte, die sich seit
einigen Jahren darauf kapriziert, die Toten des Gulag mit
denen der Konzentrationslager zu vergleichen - wo man doch
nur zu sehen braucht, dass die ersten drei Buchstaben von
Lager die letzten drei von Gulag sind -, einer Debatte, in
der nur Satz an Satz gereiht wird", schlägt Godard
vor, "einen sowjetischen Film der grande époque
und eine nazideutsche Wochenschau nebeneinander zu stellen:
Dann sieht man, wie verschieden das Lächeln der vor den
Karren der Partei gespannten jungen Leute in Russland und
in Deutschland war. Das russische Lächeln war ganz anders
als das deutsche. Es ist unglaublich, wie sehr man das den
jungen Mädchen ansieht. Es ist nicht das Gleiche. Und
mit den Toten verhält es sich genauso."
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Die filmpolitischen Debatten und überhaupt das Festival
scheinen im übrigen den Lido-Betrieb nur wenig zu stören.
Ein paar werkelnde Bauarbeiter, ansonsten dominieren die braun
gebrannten Rentnerinnen, und jene Nachfahren Gustav von Aschenbachs,
die im "Hotel des Bains" längst in anderen
Welten dämmern, für die sie die Träume des
Kinos gar nicht brauchen.
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Auch in diesem Jahr darf man aber jedenfalls im "Controcorrente"
("gegen den Strom") dem kleineren der beiden Wettbewerbe
mit einen waghalsigen, spannenden Filmen rechnen. Dies bestätigte
bereits LILYA 4 EVER, der dritte Film des Schweden Lukas Moodysson,
der bisher mit den beiden fröhlich-sensiblen Filmen FUCKING
AMAL und ZUSAMMEN! auch in Deutschland viel Beifall erntete.
Diesmal erzählt er untermalt von Vivaldi wie Rammstein
ungleich Traurigeres: Die eindringliche Passionsgeschichte
eines 15jährigen russischen Mädchens. Von ihrer
Mutter im Stich gelassen, verarmt und haltlos landet sie schließlich
alle illegale Hure in Schweden. Immer passiert das Schlimmstmögliche,
um so eindringlicher wirkt Lilyas ungebrochener Glückshunger,
ihr kindliches Hoffen und eine engelsgleiche Unschuld. Und
der Zuschauer leidet am meisten, weil er das Unvermeidliche
immer als Erster kommen sieht.
Als Popmovie beginnend, nähert sich LILYA 4 EVER im
Verlauf mehr und mehr der kargen Konzentration eines Bresson,
mit dem er auch den religiösen Subtext teilt. Gerade
weil der Film ganz dicht am Geschehen dranbleibt, fehlt ihm
die letzte Form, wirkt er zerfahrener und chaotischer, als
seine beiden Vorläufer. Wenn man so will, ist LILYA 4
EVER Moodyssons schwächstes Werk, trotzdem ein hervorragender
Film.
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Anders liegen die Dinge im Fall Soderbergh. FULL FRONTAL
ist jedenfalls ein gewagtes, mutiges Projekt. Aber dieser
"Mut" hat im Fall Soderbergh doch einen gewaltigen
Beiklang von Eitelkeit. Denn was er in seinem neuen Film liefert,
ist zwar einerseits ein freches Spiel mit Stereotypen, ein
von witzigen Augenblicken überquellender Film, den man
um wundervoller Auftritte von Julia Roberts, Brad Pitt und
David Fincher (als "Regisseur") lieben kann, andererseits
eine Frechheit: Denn nie gelingt der Versuch, im Stil von
Altman, Anderson und Toback der wild-chaotische Realität
des modernen Lebens tatsächlich in einem Episodenfilm
eine filmische, wenn auch "andere" Gestalt zu geben.
Es bleibt eine Zumutung, die immer öder wird, je mehr
sie ihren anfänglichen Charme des Ungewöhnlichen
einbüßt.
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Und dann noch der neue Sam Mendes. ROAD TO PERDITION, in
dem Tom Hanks fast (!!!) glaubwürdig einen Killer spielt,
ist spannend und interessant, freilich ein reiner "Männerfilm",
den man, in einem Satz, als "SHANE meets Film Noir-Krimi"
beschreiben könnte. Darüber nächste Woche mehr.
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So starten die Wettbewerbe am Lido mit ernsten Geschichten
über Passion und Willensstärke, in denen es wenig
zu lachen gibt. Ein spannender Beginn, und - glücklicherweise
- eine frühe Absage an alle, die auf ein "politisches
Niemandsland" hoffen.
(to be continued)
Rüdiger Suchsland
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