Der Sohn der Braut

El hijo de la novia

Argentinien 2001 · 120 min. · FSK: ab 0
Regie: Juan José Campanella
Drehbuch: ,
Kamera: Daniel Shulman
Darsteller: Ricardo Darín, Héctor Alterio, Norma Aleandro, Eduardo Blanco u.a.
Glückloser Verehrer

Alte Liebe rostet nicht

»Das ist so ähnlich wie Fred Astaire beim Tanzen zuzusehen«, sagt Rafael ange­sichts seiner glücklich verhei­ra­teten Eltern. »Es sieht ganz einfach aus.« Er selbst hingegen hat den Dreh mit der Liebe, dem Leben und dem Glück noch nicht so ganz raus: Wie ein Hamster im Laufrad rotiert der Restau­rant­be­sitzer im Rennen um unbe­zahlte Rech­nungen, miss­ra­tene Tiramisu und verspä­tete Wein­lie­fe­rungen. In seinem Herzen ist er noch immer Zorro, der Held seiner Kindheit, der mit wehendem Mantel und wirbelndem Degen für Recht und Ordnung sorgt. Doch dann bringt ein Herz­in­farkt den 42jährigen abrupt zum Still­stand und ist Anlass, sein Leben zu über­denken.

Dieser Film ist ein echter Glücks­griff: Hinreißend intel­li­gente Dialoge jenseits allen künst­li­chen Parlie­rens. Eine Gefühls­tiefe, die niemals kitschig wirkt, weil sie so nah am Lachen gebaut ist. Und Figuren, die so lebendig sind, dass man am nächsten Tag zum Telefon greifen möchte, um mit ihnen ein bisschen über Gott und die Welt zu plaudern.

Da ist Rafaels Vater, der nach 40 Ehejahren noch immer über beide Ohren verliebt ist in seine an Alzheimer erkrankte Frau. Und der es sich in den Kopf gesetzt hat, sie ein zweites mal zu heiraten – diesmal in der Kirche. Die Tochter, die unbeküm­mert ihre Zahn­spange neben dem Teller­rand parkt, Gedichte schreibt und sich von den Schar­müt­zeln der geschie­denen Eltern nicht unter­kriegen lässt. Da ist der Schul­freund, der plötzlich aus der Versen­kung auftaucht und durch den Mut besticht, ange­sichts persön­li­cher Schick­sals­schläge auf Bitter­keit zu verzichten. Und natürlich Rafael selbst, der seine Freunde gern durch makabere Späße schockt und dessen größte Gabe ist, seine Fehler zu erkennen. Immerhin der erste Schritt zur Besserung, wie er selbst sagt, obwohl er zugibt, nicht sicher zu sein, wie weit man damit kommt.

Rafaels Entschluss, sein Leben komplett umzu­krem­peln, erweist sich nicht als erhoffte Lösung des Dilemmas. Denn nicht das Leben ist das Problem, sondern Rafaels Einstel­lung dazu. Im Grunde, so zeigt sich, kommt es gar nicht so sehr darauf an, welchen Weg man einschlägt. Wichtig ist nur, dass es der eigene ist. Und dann kann es sogar passieren, dass sich äußerlich nicht viel verändert hat. Doch von Innen fühlt es sich komplett anders an. Und das ist es, was wirklich zählt.