Sie sind ein schöner Mann

Je vous trouve très beau

Frankreich 2005 · 97 min.
Regie: Isabelle Mergault
Drehbuch:
Kamera: Laurent Fleutot
Darsteller: Michel Blanc, Medeea Marinescu, Wladimir Yordanoff, Benoît Turjman u.a.
Witwer in Nöten: Michel Blanc als Aymé Pigrenet

Vom Glück in Gummistiefeln

»Sie sind ein schöner Mann«, diesen Satz hat Aymé Pigrenet seinem Leben sicher noch nicht oft gesagt bekommen. Und nun feuert ihn eine ganze Brigade bild­hüb­scher, blut­junger Frauen auf den Mitt­fünf­ziger mit den traurigen Augen ab. Dabei räkeln sie sich in verfüh­re­ri­sche Posen und wickeln sich kokett die Blond­lo­cken um den Finger.

Aymé jedoch zeigt sich wenig beein­druckt. Der Witwer sucht – nur zehn Tage nach dem Tod seiner boden­s­tän­digen Huguette – eine Frau, die vor allem die Wasch­ma­schine bedienen und zupacken kann, – und wie soll das gehen mit lackierten Fingernä­geln und Träumen im Kopf von einer Karriere als Sängerin unterm Eiffel­turm.

Auch Elena träumt von einem besseren Leben. Sie lebt mit Eltern. ihrer Schwester und ihrer kleinen Tochter in einer tristen Wohnung in Bukarest. Ihr Ziel ist es, eine eigene Ballett­schule zu eröffnen. Doch anders als die übrigen Mädchen, schaltet sie sofort, als sie erfährt, dass dort ein Landwirt hockt, der eine Frau sucht: Elena wischt sich die Schminke vom Gesicht, verstrub­belt ihr Haar und borgt sich von einem jungen Mann in der Bar einen Roll­kra­gen­pulli fürs Vorstel­lungs­ge­spräch. Und auf Aymés resi­gniertes »Ich weiß schon, ich bin ein schöner Mann«, sagt sie nur über­rascht: »Wie kommen Sie denn darauf?«

Isabelle Mergault erzählt in ihrem ersten Film die uralte Geschichte von der Schönen und dem Biest: Der alte Griesgram wird von der lebens­frohen jungen Frau zum liebe­vollen Galan in Gummi­stie­feln verwan­delt. Nach Herzens­lust schöpft die Regis­seurin aus dem deftigen Reper­toire, das ihr das fran­zö­si­sche Landleben bietet: Von der Preis­krö­nung des fettesten Dorf­kar­ni­ckels bis zum Tod durch defekte Melk­ma­schine.

Frag­würdig bleibt jedoch die Darstel­lung des florie­renden Frau­en­han­dels, der zwischen Ost- und West­eu­ropa blüht. Die Verzweif­lung der Mädchen, die sich als Heirats­kan­di­da­tinnen an den nächst Besten verscher­beln lassen, bleibt außen vor. Mit Ausnahme von Elena werden sie allesamt als ein Haufen dumm­dreister und geld­gie­riger Püppchen vorge­führt. Elena hingegen findet auf diesem Weg ihr Glück und verliebt sich tatsäch­lich in den alternden Glatzkopf in Gummi­stie­feln.

Diese höchst unglaub­wür­dige Konstel­la­tion funk­tio­niert nur dank des gran­diosen Schau­spie­l­er­duos. Medeea Marinescu spielt die Elena mit soviel Lebens­lust und Herzens­wärme, und Michel Blanc ist als verliebter Bärbeiß so hinreißend rührend, dass man dem Film schließ­lich sogar das Happyend auf dem Acker verzeiht.

Befremd­lich bleibt auch die Entschei­dung, die rumä­ni­schen Prot­ago­nisten, auch wenn sie unter sich sind, in der gebrochen gespro­chenen Fremd­sprache agieren zu lassen. Hier zeigt sich einmal mehr, dass der Film störende Elemente der Realität kurzer­hand ausge­klam­mert. Letzt­end­lich will er, angelehnt an die klas­si­sche roman­ti­sche Holly­wood­komödie, nicht mehr als das Herz erwärmen und zum Lachen bringen was ihm hervor­ra­gend gelingt. Den Vorwurf, dafür das Schicksal der Menschen im Osteuropa auszu­beuten, muss er sch dennoch gefallen lassen.

Ein Holly­woodre­make des erfolg­rei­chen Films ist übrigens bereits in Vorbe­rei­tung.