Senna

Großbritannien/F/USA 2010 · 104 min. · FSK: ab 6
Regie: Asif Kapadia
Drehbuch:
Kamera: Jake Polonsky
Schnitt: Chris King, Gregers Sall
Der Dauerraser: Ayrton Senna

Der letzte Spinner

Ayrton Senna war eine Ausnah­me­er­schei­nung in der Formel Eins. Eine Figur des Übergangs von der Ära der großen erwach­senen Indi­vi­dua­listen wie Niki Lauda, Alan Prost und Nelson Piquet, die die Play­boy­fahrer Jackie Stewart und Emerson Fitti­paldi abgelöst hatten, zur Ära der puber­tären Maschi­nen­men­schen vom Schlage Michal Schuh­ma­chers, de ungleich erfolg­rei­cher war, als alle vorge­nannten, aber nie so beliebt, weil ihm das humane Element, die Verwund­bar­keit zu fehlen schien. Nach der musste man schon bei Senna eine Weile suchen, aber sein Fahrstil hatte Grazie in seinem Mut, der Eleganz, mit der scheinbar unmög­liche, in jedem Fall waghal­sige Fahr­manöver so lässig wie kontrol­liert durchzog, und damit seinen großen Gegen­spieler, den Franzosen Prost in den Schatten stellte.

Dreimal wurde Senna in den zehn Saisons, die er zwischen 1984 und 1994 fuhr, Welt­meister. 41 Grand-Prix-Siege erreichte er. Als Junggenie hatte er begonnen, doch bald und über Jahre galt er vielen als kalt und robo­ter­haft: »Teil des Rennautos« sagte man über ihn, und eine Fach­zeit­schrift lästerte: »Schalt­kreise im Gehirn. ... Senna ist der liebe Gott. Aber es mangelt ihm an Nächs­ten­liebe.« Erst in den letzten Jahren seines Lebens taute er auf, wirkte mensch­li­cher.

In einer fesselnden Doku­men­ta­tion erzählt jetzt der britische Doku­men­tar­filmer Asif Kapadia das Leben dieser unver­ges­senen Formel-eins-Legende nach – als Sohn eines Millionärs. Man nannte ihn »Magic Senna«, und das nicht nur seines außer­ge­wöhn­li­chen Fahr­talents wegen. Er war ein Perfek­tio­nist. Am meisten inter­es­sierten ihn die Motoren der Boliden. Statt zu trinken und die »Boxen­luder« zu verna­schen, begann er schon am Donnerstag vor einem Rennen mit einem Besuch seiner Box und ließ es dabei nicht aus, jeden seiner Mecha­niker einzeln zu begrüßen, nahm auch oft selbst den Schlüssel zur Hand. Hier wider­legte er das Urteil, er sei arrogant. Er wahrte aber die Distanz eines Genies. Der Film zeigt auch den viel zu frühen Tod am 1. Mai 1994 beim Großen Preis von San Marino im italie­ni­schen Imola. Der Film leistet viel, lässt eine vergan­gene Zeit wiede­auf­er­stehen. Die Faszi­na­tion die der Rennsport haben kann, und seine Kino­t­aug­lich­keit, sind hier aller­dings nur begrenzt nach­zu­emp­finden. Es lohnt sich, sich noch einmal die großen Auto­renn­filme in Erin­ne­rung zu rufen – Grand Prix von John Fran­ken­heimer, India­na­polis mit Paul Newman und Le Mans mit Steve McQueen: Sie strahlen jenes Charisma aus, dass auch Senna hatte, von dem dieser Film aber zu wenig ahnen lässt.

In Erin­ne­rung bleibt Senna als schier unschlag­barer Magier der Renn­strecke – und der bis heute schnellste Formel-eins-Pilot aller Zeiten. Mit Sennas Tod ging eine Ära zu Ende – die als Formel-Eins-Fahrer noch Playboys, Spinner, Grand­sei­gneurs und Ritter des Sports zu sein schienen, nicht leitende Ange­stellte eines Auto­mo­bil­kon­zerns.