Le Prince

Deutschland 2021 · 125 min. · FSK: ab 6
Regie: Lisa Bierwirth
Drehbuch: ,
Kamera: Jenny Lou Ziegel
Darsteller: Ursula Strauss, Passi Balende, Alex Brendemühl, Victoria Trauttmansdorff, Hanns Zischler u.a.
Halt dich an meiner Liebe fest
(Foto: Port-au-Prince/24 Bilder)

Eine deutsch-kongolesische Liebesgeschichte

In dem sehr einfühlsamen Drama LE PRINCE schildert Lisa Bierwirth eine Liebesgeschichte, die aufgrund großer kultureller Unterschiede zu scheitern droht

Monika (Ursula Strauss) ist Kuratorin eines modernen Museums in Frankfurt am Main. Nachdem ihr der Direktor (Alex Bren­de­mühl) eröffnet hat, dass er seine Stelle wechseln wird, ist sie zutiefst verun­si­chert. Auf dem Rückweg zu ihrer Wohnung im Bahn­hofs­viertel landet Monika auf der Suche nach Ziga­retten in einer afri­ka­ni­schen Bar. Als sie auf den Hinterhof geht, um eine zu rauchen, findet in der Bar plötzlich eine Razzia statt. Ein Kongolese, der sich ihr später als Joseph (Passi Balende) vorstellen wird, nötigt Monika, sich zusammen mit ihm hinter den Müll­tonnen zu verste­cken. Ein Funke sprüht über. Schon bald darauf sind die beiden ein Paar.

In ihrem Spiel­film­debüt Le Prince erzählt Lisa Bierwirth zusammen mit ihrem Co-Autor Hannes Held eine euro­päisch-afri­ka­ni­sche Liebes­ge­schichte in der Banken­me­tro­pole am Main. Es ist eine Liebe, die mit vielen Hinder­nissen zu kämpfen hat. Die großen kultu­rellen Unter­schiede zwischen Monika und Joseph – der von seinen Freunden nur »le Prince« genannt wird – stellen die sich als eine offene Welt­bür­gerin fühlende Kuratorin immer wieder auf die Probe. Denn Joseph stammt nicht nur aus Afrika, sondern zusätz­lich auch aus einem ganz anderen sozialen Umfeld. Er ist ein Geschäfts­mann. Import/Export. Mehr sagt er nicht dazu. Nicht nur wegen seiner fehlenden Papiere gerät Joseph immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Er ist bereit, alles dafür zu tun, um seinen Traum von einer eigenen Diaman­ten­mine zu verwirk­li­chen.

Sehr stim­mungs­voll insze­niert Lisa Bierwirth die unter­schied­li­chen Milieus in Le Prince: Das ober­fläch­liche intel­lek­tu­elle Geplänkel auf einer Vernis­sage. Das pralle Leben in einer afri­ka­ni­schen Bar. Das Bahn­hofs­viertel, in dem die verschie­densten Milieus zusam­men­fließen. Ein Essen mit Monikas intel­lek­tu­ellen Freunden, bei dem der nur Englisch und Fran­zö­sisch spre­chende Joseph schon rein sprach­lich ausge­schlossen wird. Immer ist die ruhige Hand­ka­mera von Jenny Lou Ziegel nahe an den gezeigten Figuren. Doch zugleich wahrt die Insze­nie­rung selbst in emotio­nalen Momenten eine unauf­dring­liche Sach­lich­keit, die verhin­dert, dass Le Prince zu einem reinen Melodrama wird.

Joseph sagt, sein Vater sei kolo­nia­li­siert gewesen. Er selbst würde dies nie sein. Immer wieder erhebt sich das Geschehen in Le Prince von der rein persön­li­chen auf eine poli­ti­sche Ebene. Zugleich ist Lisa Bierwirth entschlossen, keine poli­ti­schen Filme zu machen. Und auch Le Prince ist dies nicht geworden. Denn niemals verkommen die Prot­ago­nisten in dem Film zu reinen Chiffren, die nur für einen bestimmten Menschentyp stehen. Statt­dessen haben wir es hier mit äußerst leben­digen Figuren zu tun, die jederzeit ihre ganz persön­liche Geschichte erzählen. Und zwar ist die Liebes­ge­schichte zwischen Monika und Joseph von der Ehe von Lisa Bier­wirths Mutter mit deren kongo­le­si­schem Mann inspi­riert. Doch auch ein biogra­fi­scher Film ist Le Prince nicht geworden. Denn diese Monika führt ein ganz eigenes Leben, das keinem realen Vorbild folgt.

Mit großem Einfüh­lungs­ver­mögen schildert Lisa Bierwirth diese schwie­rige Liebes­ge­schichte, in der sich Momente großer Zärt­lich­keit immer wieder mit Augen­bli­cken der Spannung, des Miss­trauens und der Aggres­sion abwech­seln. Unheim­lich roman­tisch ist es, wie sich Monika und Joseph das erste Mal am Küchen­tisch körper­lich näher kommen. Ganz zart spielt Josephs Hand mit der von Monika. Ein Schnitt und die beiden liegen nackt im Bett. Es ist eine von zahl­rei­chen Ellipsen in diesem Film. Lisa Bierwirth und Hannes Held trauen es dem Zuschauer zu, selber die Lücken zu füllen.

Die Stadt Frankfurt als die inter­na­tio­nalste deutsche Metropole ist ein heim­li­cher weiterer Prot­ago­nist in Le Prince. Doch nie verfällt Lisa Bierwirth darauf, die Main­me­tro­pole für spek­ta­ku­läre Aufnahmen von der Skyline oder ähnlich klischee­hafte Bilder auszu­schlachten. Statt­dessen ist Frankfurt als Ort im Film fast schon ein wenig unter­re­prä­sen­tiert. Wo genau in der Stadt sich die Prot­ago­nisten bewegen, ist oftmals aufgrund des verschwom­menen Hinter­grunds nicht genau zu erkennen. So wird Frankfurt fast zu einer Chiffre für die Großstadt an sich. Nur das Bahn­hofs­viertel als einer der multi­kul­tu­rellsten Orte in der Stadt ist immer wieder deutlich zu erkennen. Man kann sich keinen besseren Ort in Deutsch­land vorstellen, an dem eine Geschichte wie diese spielt.