USA 2025 · 134 min. · FSK: ab 12 Regie: Gareth Edwards Drehbuch: David Koepp Kamera: John Mathieson Darsteller: Scarlett Johansson, Jonathan Bailey, Mahershala Ali, Rupert Friend, Manuel Garcia-Rulfo u.a. |
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Am unteren Ende der Nahrungskette... | ||
(Foto: Universal) |
Seien wir ehrlich: Das letzte Mal, dass ein Trip auf eine Insel mit Urzeitmonstern beeindruckte, war in Peter Jacksons King Kong-Remake von 2005. Dort gelang die Balance zwischen dem überbordenden Technik-Exzess, der Lust an der schieren Größe, aber auch solchen Momenten, in denen Angst und Ekel ihre Wirkung voll und ganz entfalten konnten. Riesige Dinosaurier traten dort ebenso auf wie hungrige Monsterfische, glitschige Menschenfresser-Würmer und allerlei gruseliges Krabbelgetier. Nun kommt Jurassic World: Die Wiedergeburt daher und versucht, ähnlich wie das weitere King Kong-Reboot Skull Island, das Streunen durch Wildnis und Morast mit vergleichbar kindlicher Faszination und allerlei Monster-Action zu kopieren und wiederzubeleben. Wieder ein Film also, in dem es eine Gruppe Forscher auf eine abgelegene Insel verschlägt, um sich dort am unteren Ende der Nahrungskette wiederzufinden.
Die Dinosaurier, die in den Jurassic Park und Jurassic World-Filmen auf die Erde zurückkehrten, sind erneut vom Aussterben bedroht. Krankheiten und das Klima machen den archaischen Kreaturen zu schaffen. Nur die Nähe des Äquators scheint ihnen noch ein letztes Refugium zu bieten, in das nun der Mensch vordringt, um Blutproben von den Dinos zu gewinnen. Man erhofft sich, damit eine neue Wunderarznei herstellen zu können. Natürlich gibt es dabei Zeitgenossen, die bereits auf den großen finanziellen Gewinn hoffen. Andere wiederum entdecken ihre Naturverzückung, inklusive einer bemerkenswerten Erstkontaktsituation: Der Mensch berührt zum ersten Mal die derbe, raue Haut des fremden Geschöpfes in freier Wildbahn. In alter Jurassic-Manier wird die Begegnung mit den Sauriern dennoch schnell zum Überlebenskampf.
Das Publikum bekommt mit alldem beide, ineinander verschränkte Gefühlslagen serviert und wahrscheinlich erklärt das auch einen wesentlichen Teil der langjährigen Faszination für dieses Franchise und diesen Stoff: der Eindruck des Übergroßen, Natürlichen und Kreatürlichen, dem die Menschheit ohnmächtig erliegt, aber dem sie am Ende dennoch in gewisser Weise entfliehen oder es nutzbar machen kann. Jurassic World: Die Wiedergeburt ist gerade dann imposant, wenn sich der Abenteuerfilm in Slapstick-Gefilde wagt. Wenn Boote plötzlich in Schieflage geraten und der Mensch schutzlos den schrägen Boden hinabrutscht. Wenn Figuren unbeholfen irgendwo herunterbaumeln, egal ob am Bug als abgestürzte Galionsfigur oder am Rande einer Klippe. Wenn man haarscharf an Felsen vorbeischrammt oder Saurier mit großen Zähnen nach Menschen schnappen, die sich dann in letzter Sekunde zur Seite schwingen können. So, als würde man wahlweise einer Raubtierfütterung im Zoo oder einer riskanten Zirkusnummer beiwohnen. Doch so oft hier Dinos nach anderen Lebewesen schnappen, so wenig Biss besitzt der ganze Film in seiner monotonen Abfolge von Spannungs- und Entspannungsphasen.
Anfangs, vor Jahren konnte man sich noch gruseln im Jurassic Park. Man konnte auch staunen über die ein oder andere tricktechnische Spielerei. Je lebensechter die Animationen und einfallsloser die Drehbücher über die Jahre wurden, desto dröger erschien jedoch das ganze Franchise. Inzwischen entlockt einem etwa das Versteckspiel mit einem T-Rex oder anderen hungrigen Urzeitwesen nur noch Müdigkeit und Überdruss. Formeln, Motive, Bilder lassen sich nicht unendlich wiederholen und aufwärmen. Das kann man hier ernüchternd sehen. Zumindest dann nicht, wenn einem mehr daran liegt, als nur die ursprüngliche Kreativität einer Reihe als Rudiment und Zitat im eigenen Film zu vergraben.
Sei es den Fans gegönnt, ein weiteres Mal diesen wild überwucherten filmischen Abenteuerspielplatz zu besuchen! Jurassic World verspricht Attraktionskino im Sommer, das sich der sinnlichen Wiedererkennung und damit ganz intuitiver Anknüpfungspunkte bedient: Schwindel, Taumel, Klaustrophobie, die Furcht vor dem Ungezähmten; Wasser, Blut und Schmutz auf Körperoberflächen. Und besagte Attraktion schimmert hier und dort sicher durch! Eine herausragende Sequenz auf hoher See wurde bereits angerissen. Aber selbst das Reißerische, das Spektakel darf sich hier nicht selbst genügen. Es schwatzt, moralisiert und ödet sich in enervierenden Überleitungen zu Tode.
Kaum jemand dürfte verstehen, warum es neben der Forschergeschichte in diesem Film auch noch eine austauschbare Familiengeschichte braucht. Ebenso wenig leuchtet ein, warum die drei bis vier großen Actionszenarien so unbeholfen über eine viel zu lange Laufzeit verkleckert werden, anstatt dieses Kino voll und ganz der ungebremsten Bewegung und der Verdichtung hinzugeben. Hier muss noch eine belanglose Charakterbiographie aufgesagt werden. Dort müssen noch eine wichtige Botschaft und ein Seitenhieb gegen Big Pharma ausformuliert werden. Wo käme man nur hin, würde man allein die Bilder sprechen lassen?
Ein furchtbar zäher, altbackener und unnötig aufgeblasener Aufguss der Jurassic-Reihe ist das also geworden. Und ein Film, der das Label »Sommer-Blockbuster« für die reine Belanglosigkeit missbraucht. Viel zu spät gelingt ihm so etwas wie eine ansprechende Irritation. Zu diesem Zeitpunkt ist man längst genervt und gelangweilt im Kinosessel versunken. Dann nämlich, wenn Reste einer kapitalistischen Kultur und Zivilisation inmitten der rauen Wildnis erscheinen. Wenn dort auf einmal groteske Settings und Bilder entstehen, die auch das panische Verkriechen und Kämpfen in einem Geschäft mit einschließen. Doch auch hier verkennt der Film seine eigenen Ansätze, begreift offenbar solche räumlichen Konstellationen nur als weitere, in ihrer Anordnung beliebige Nummern. Bleibt nur der Fluchtinstinkt. Bloß schnell weg von dieser Insel und raus aus dem Kino!