16.03.2000

Kein Tropfen Blut

Drie in der Köche
Drei Chinesen
(Foto: Jugendfilm)

Ein Interview mit Klaus Krämer

Richard Oehmann führte ein Gespräch mit Klaus Krämer, Regisseur von 3 Chinesen mit dem Kontra­bass, der am 16.3.2000 in den Kinos startet. Zusammen mit Kaspar von Erffa hat er auch das Drehbuch geschrieben. Der Film ist Krämers Abschluß­ar­beit an der Deutschen Film- und Fern­seh­aka­demie in Berlin.

artechock: Es fällt auf, daß in Ihrer makaberen Komödie ganz entgegen allen Trends kaum Blut zu sehen ist.

Klaus Krämer: Gar keins. Kein Tropfen. Ich selber mag Splat­ter­filme überhaupt nicht. Es geht ja um die Komödie dabei, und wenn wir jetzt da degou­tante Bilder gezeigt hätte, dann hätte das Über­trei­bene auch nicht mehr funk­tio­niert. Das was mir daran viel Spaß macht, ist, daß die beiden Haupt­fi­guren Wahn­sinns­sa­chen veran­stalten, ganz schlimmes Zeug, und trotzdem mag man sie irgendwie. Das ist ein sehr schönes Spiel, mit dem, was man selber über die beiden denkt. Die sind also eigent­lich ganz lieb, es geht alles schief und sie hecheln mit voller Naivität hinterher, um das Ganze wieder auf die Reihe zu kriegen.

artechock: Der Film wirkt ziemlich altmo­disch

Krämer: Was Komödien betrifft sind die alten Meister sinn­ge­bend. Was Wilder und Lubitsch gemacht haben, dafür gibt es derzeit einfach keine Entspre­chung. All diese Leute, die sowohl Kino- als auch Komö­di­en­hand­werk herstellen, haben immer auch die Tragödie in den Vorder­grund gestellt, weil dann wird’s erst richtig komisch. Was mir bei Film­komö­dien oft auf die Nerven geht, ist, daß Lacher produ­ziert werden, bei denen nicht an die Geschichte gedacht wird, an die gesamten 90 Minuten. Es war uns wichtig, daß nicht nur die Figuren witzig sind, sondern daß die Situa­tionen witzig sind.

artechock: Diese Technik, an einigen Stellen nur Türen oder Schalter zu zeigen, anstelle der eigent­li­chen Aktion – ist die auch von Ernst Lubitsch über­nommen?

Krämer: Sicher. Lubitsch hat das sehr oft gemacht, daß die Geschichte im Nebenraum passiert und allein daran, wie die Leute raus­ge­kommen sind, hat man erkannt: »Ohh, da ist was passiert«. Das is ‘ne tolle Technik. wenn bei uns zum Beispiel die Leute in den Kühl­schrank schauen, dann glaub ich nicht, daß die Leute wirklich sehen wollen, was da Schreck­li­ches drin ist. Wenn man dann aber das Gesicht von Jürgen Tarrach sieht, wie ihm das richtig leid tut, was er da gemacht hat, dann muß man sich nicht wegdrehen, sondern kann lachen.

artechock: Was war denn jetzt in dem Kühl­schrank?

Krämer: Da kommt jeder auf was anderes. Je nach Charakter ist das dann heftig oder sanft, und dann ist es also genau richtig. Wenn man versucht dafür ein bestimmtes Bild zu finden, dann würde dieses nur sehr, sehr klein werden.

artechock: 3 Chinesen mit dem Kontra­bass ist ein Typen­komödie. Waren die Haupt­dar­steller schon von Anfang an vorge­sehen?

Krämer: Boris Aljinovic haben wir beim Schreiben schon im Kopf gehabt. Ich halte ihn für einen ganz tollen Schau­spieler. Er hat genau diesen Blick, den die Haupt­rolle haben muß, damit man ihm nichts übelnimmt. Er kommt von einer Verlet­zung in die andere, muß immer fürch­ter­li­ches Zeug machen und dieses Gesicht von Boris kann das tragen. Jürgen ist derzeit viel präsenter im Kino als Boris. Am Anfang wußten wir noch nicht, wie groß unser Film wird, es war ein Abschluß­film. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt haben wir versucht, die größt­mög­liche Besetzung zusam­men­zu­bringen. Wir ham’se alle gekriegt.

artechock: War von Beginn an geplant, daß dieser eher kleine Abschluß­film in den Kinos landet?

Krämer: Als wir ange­fangen haben, war das noch unklar, was es wird, ob das nun Fernsehen wird, ob 35 mm oder 16 mm-Film. Das war auch nicht die Frage, es ging um die Entwick­lung der Geschichte. Und als wir fertig waren ging das mit der Finan­zie­rung Schlag auf Schlag, innerhalb von drei Monaten, und es wurde ein Kinofilm draus. Für einen Abschluß­film waren das schon unglaub­liche Bedin­gungen.

artechock: Andere junge Kollegen bemühen sich mit ihren Bildern wesent­lich stärker, auf sich aufmerksam zu machen. Warum halten Sie sich als Regisseur so sehr im Hinter­grund.

Krämer: Was die Auflösung und die Art und Weise der Erzählung betrifft, hatten wir nicht das Bedürfnis, irgendwas neu zu erfinden. Es gibt ja ein wunder­bares Reper­toire an Einstel­lungen und Erzähl­weisen. Und die Ruhe in den Bildern als auch im Erzähl­stil hat sich da nach der Geschichte gerichtet. Man muß auch darauf achten, daß man da nicht zu groß einsteigt, weil man die Stimmung oft nicht über die gesamte Länge der 90 Minuten halten kann.