100-facher Aufstand gegen die Einfalt |
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Ein Buch, das in jedes Kinder- und Elternzinmmer gehört... | ||
(Foto: Rochus Wolff/Buchcover) |
Von Axel Timo Purr
Man könnte meinen, dass es in unserer Gegenwart, in der Eltern fast schon zuviel für ihre Kinder tun, es auch die besten Kinderfilme geben müsste. Aber leider nein, weit gefehlt. Wer sich etwa mit der deutschen Kinderfilmproduktion der letzten Jahre näher beschäftigt hat, konnte sogar regelrecht verzweifeln. So war es uns im letzten Jahr in der Jury für den besten Kinderfilm der deutschen Filmkritik nicht möglich, drei Filme für die Shortlist zu nominieren, es blieben aus dem Pool zumeist unterirdisch schlechter Produktionen nur zwei Filme übrig, die den Preis verdient hatten, den dann schließlich Fritzi – Eine Wendewundergeschichte zurecht gewonnen hat, so wie die großartigen Preisträger der Jahre zuvor, wie die Königin von Niendorf, Nur ein Tag oder Auf Augenhöhe.
Doch das sind leider nur Perlen, die in einem unüberschaubar morastigen Meer schnell untergehen, sich kaum behaupten können und gegen austauschbare, völlig fantasielose Großproduktionen (man denke nur an Jim Knopf und die Wilde 13 oder Drachenreiter), die mit aller Gewalt in die Kinos und jetzt auf die großen Streamingplattformen gedrückt werden, kaum eine Chance haben. So wie etwa der vielleicht beste Kinderfilm dieses Jahres, Zu weit weg, der wegen der Corona-bedingten Schließung der Kinos nur eine Woche Kinopräsenz hatte und jetzt bereits sein Heil als DVD-Auskopplung suchen muss.
Um diesem digitalen Vergessen entgegenzuwirken und Eltern wie Kindern zu zeigen, dass gute Kinderfilme noch nicht ganz ausgestorben sind, dass es sie wirklich noch gibt, so wie auch das kleine Dorf in Gallien, hat der Kinderfilmkritiker Rochus Wolff einen wundervollen Band mit kurzen Kritiken zu 100 besten Kinderfilmen zusammengestellt, die er im Lauf der letzten Jahre auf seinem engagierten Kinderfilmblog veröffentlicht hat und für dieses Büchlein von 172 Seiten noch einmal überarbeitet hat.
Da Wolff weiß, dass in den heutigen Kinder- und Elternzimmern DVD-Spieler kaum mehr existent sind, beschränkt sich seine Auswahl auf Filme, die ausnahmslos gestreamt werden können. Und um es auch den gestresstesten Eltern etwas leichter zu machen, gibt Wolff auch die Plattformen an, auf denen seine Best-Ofs zu finden sind.
Und noch einen fast unersetzlichen Service bietet Wolff an, einen Service, über den man natürlich streiten kann – die Altersempfehlung. Wolff beginnt bei 5 Jahren (z.B. Kommissar Gordon & Buffy), bietet Filme ab 6 an (z.B. Der kleine Rabe Socke), ab 7 (etwa Trolls), begibt sich für die 8-jährigen auch mal in die jüngere Kinogeschichte (Ich – Einfach unverbesserlich), oder für die 9-jährigen nach Kenia (Supa Modo) und Holland (Romys Salon), vergisst für die 10-jährigennicht die fantastischen Kinderfilme der nordischen Länder (Thilda & die beste Band der Welt) und erinnert für die 12-jährigen an eine im Kino leider völlig untergangene Perle wie Sieben Minuten nach Mitternacht.
Dass diese Empfehlungen verhandelbar sind, sollte sich von selbst verstehen, mehr noch in Zeiten, da die pädagogischen Leitlinien für Medienkonsum inzwischen in ähnliche Blasen fragmentiert sind wie unser politisches Spektrum.
Auch deshalb gehört Wolffs kleines Kompendium zum guten Kinderfilm in jedes Kinder- und Elternzimmer. Denn es baut Brücken, führt Kinder und Eltern zu gemeinsamen Glücks- und Erkenntnisgewinnen und zeigt vor allem, dass man in den Kinderfilm nicht genug inverstieren kann. Denn ohne gute Kinderfilme in unserer heutigen Zeit dürften auch die Kinogeher von morgen eine bedrohte Spezies sein.
Rochus Wolff, 100 Kinderfilme für alle Tage, ist als E-Book und Papierbuch erhältlich.