30.04.2020

Rettet die Filmkultur!

Rettet die Filmkultur

Offener Brief von neun Bundesverbänden

Betreff: Rettet die Filmkultur! Positionen von neun Interessenverbänden zur FFG Novelle und zur Unterstützung der Filmschaffenden in der Corona-Krise

Von artechock-Redaktion

Sehr geehrte Frau Staats­mi­nis­terin Monika Grütters,
Sehr geehrter Herr Vorsit­zender Bernd Sibler,
Sehr geehrte Mitglieder des Bundes­tages
Elisabeth Motsch­mann, Martin Rabanus, Yvonne Magwas, Johannes Selle,

wir unter­zeich­nenden Verbände und Verei­ni­gungen haben großes Verständnis, dass die außer­ge­wöhn­li­chen und für uns alle uner­war­teten und belas­tenden Umstände der Corona-Pandemie auch außer­ge­wöhn­liche Maßnahmen erfordern.

Wir ersuchen Sie daher, die Laufzeit des aktuellen FFG keines­falls um mehr als ein Jahr zu verlän­gern, da wir es für dringend geboten halten, zeitnah ein Gesetz umzu­setzen, das schlüs­sige Antworten auf die Entwick­lung und die Krise findet.

Ebenso möchten wir Sie bitten, die Konsul­ta­tionen zur Novel­lie­rung des Gesetzes zeitnah wieder aufzu­nehmen. Dies kann auch auf kürzeren Wegen als an Runden Tischen geschehen – aber bevor durch Refe­ren­ten­ent­würfe bereits Vorfest­le­gungen vorge­nommen werden.

Mate­ri­elle Not, Sorgen und Unsi­cher­heiten, die durch die Corona-Krise entstehen, betreffen uns alle: Kreative, Produzent*innen, Film­schaf­fende vor und hinter der Kamera, Verleiher*innen, Film­fes­ti­vals und Kino­be­treiber*innen. Sie treffen die Bran­chen­mit­glieder aller­dings sehr ungleich. Nicht wenige arbeiten schon zu normalen Zeiten unter prekären mate­ri­ellen Bedin­gungen. Nun drohen ganze Sektoren und Betei­ligte zu verschwinden bzw. abge­wi­ckelt zu werden. Deshalb möchten wir Ihnen folgenden Vorschlag unter­breiten:

Während einige in dieser Krise vor der Insolvenz stehen, profi­tieren andere über­pro­por­tional. Dazu gehören Netz­pro­vider und Strea­ming­dienste ebenso wie die Fern­seh­sender, die in Zeiten erzwun­gener Schließung von Kinos, Film­fes­ti­vals und anderen Kino­kul­tur­stätten ungeahnte Zuschau­er­zahlen verzeichnen sowie längst verloren geglaubte Publi­kums­gruppen anspre­chen und über ihre Media­theken und Youtube-Kanäle mit Filmen versorgen. Erste vorläu­fige Zahlen zeigen, dass das digitale Streaming von Filmen in fast allen Ländern seit Beginn der Pandemie-Eindäm­mungs­maß­nahmen um bis zu 150 Prozent zuge­nommen hat. Netflix hat seit Anfang des Jahres allein 16 Millionen neue Abon­nenten gewonnen.

Diese Erfolge sind aber nur möglich durch die Vorarbeit all jener Film­schaf­fenden, Verleiher*innen, Kino- und Festi­val­ma­cher*innen und so weiter, die jetzt von der Krise betroffen sind und auf deren Kosten dies nun geht.

Aus unserer Sicht ist hier ein fairer Ausgleich unbedingt geboten, um die krisen­be­dingte unver­schul­dete Wett­be­werbs­ver­zer­rung aufzu­fangen. Wir fordern daher – auch um die öffent­li­chen Haushalte nicht noch zusätz­lich zu belasten – eine Soli­da­ri­täts­ab­gabe durch die Strea­ming­dienste und Netz­pro­vider und – sofern angezeigt – durch die öffent­lich-recht­li­chen und privaten Sender.

Diese Abgabe sollte all jenen zugu­te­kommen, die im Film­be­reich massiv benach­tei­ligt sind, gerade auch den freien Kultur­schaf­fenden im Film­be­reich, die von der Sofort­hilfe des Bundes nicht profi­tieren. Denn diese sind die Haupt-Leid­tra­genden in außer­ge­wöhn­li­chen Krisen­zeiten.

Es ist wichtig, auch und gerade in schweren Zeiten, gemeinsam an Problem­lö­sungen und Ideen zu arbeiten, um dem Kino in seiner ganzen Vielfalt einen Platz in der Kultur­land­schaft auch weiterhin zu sichern. Wie unser letzter Brief wird auch dieser veröf­fent­licht werden, um die Branche und Öffent­lich­keit an der Diskus­sion zu betei­ligen.

In der Hoffnung auf eine zukunfts­träch­tige Zusam­men­ar­beit verbleiben wir mit freund­li­chen Grüßen,

AG Dok
AG Film­fes­tival
AG Kurzfilm
Bundes­ver­band kommunale Film­ar­beit
Bundes­ver­band Regie
Crew United
Haupt­ver­band Cine­philie
Verband der deutschen Film­kritik
Zukunft deutscher Film