05.09.2019

Raus aus der Stadt – rein ins Kino

Zwischen uns die Mauer
Eröffnungsfilm und Weltpremiere: Zwischen Uns Die Mauer von Norbert Lechner

Das 13. Fünf-Seen-Filmfestival lockt Cineasten vom 4. bis zum 12. September mit einem abwechslungsreichen Programm an den Starnberger See, nach Gauting, Seefeld und Weßling

Von Ingrid Weidner

In diesem Jahr feiert das Fünf-Seen-Film­fes­tival seinen 13. Geburtstag. »Ich zähle damit schon zu den alten Festi­val­lei­tern«, scherzt Matthias Helwig. Kino­ma­cher und Festi­val­leiter Helwig stellt jedes Jahr in München sein Programm vor. Auch in diesem Jahr lohnt es sich, in das Fünf-Seen-Land zu reisen, erläutert er. Eine Mischung aus bewährten Film­reihen und Events, neue Formate und Preise erwarten die Besu­che­rinnen und Besucher. Der neue Termin Anfang September habe sich bewährt; in diesem Jahr dauert das Festival nur noch neun Tagen und umfasst ein Woche­n­ende.
Eröffnet wurde das Festival bereits am Mittwoch, dem 4. September mit Zwischen Uns Die Mauer von Norbert Lechner. Das fsff zeigt den Film als Welt­pre­miere in der Schloss­berg­halle in Starnberg und im Kino Starnberg sowie am 5., 7. und 8. September nochmals. Erzählt wird die Geschichte von Nanna und Philipp, die sich 1986 in Ostberlin kennen­lernen. In einer Zeit, als die Stadt noch geteilt war. »Ich freue mich sehr, dass wir gerade diesen Film als Eröff­nungs­film präsen­tieren können. Zum einen, weil Norbert Lechner mit all seinen Filmen schon bei uns zu Gast war, dazu letztes Jahr in der Jury saß und natürlich ganz besonders, weil das Thema des Films – eine Liebe vor und nach dem Mauerfall – zu unserem Jahres­thema „Raum“ passt. Hinzu kommt, dass sich der Fall der Mauer in diesem Jahr zum 30. Mal jährt«, sagt Helwig.

Zeit­be­züge finden sich auch an anderer Stelle des unab­hän­gigen, persön­lich ausge­wählten Programms, das sich aus vielen kleinen Perlen zusam­men­setzt, die es zu entdecken gilt, beispiels­weise in der Reihe »Junges Kino« mit einem Schwer­punkt Mittel­eu­ropa. Dort sind beispiels­weise Filme wie IRINA von Nadejda Koseva zu sehen. Erzählt wird die Geschichte einer jungen Frau, die in ärmlichen Verhält­nissen in einem bulga­ri­schen Dorf lebt. Die Idee, als Leih­mutter für eine wohl­ha­bende Familie aus Sofia Geld zu verdienen, entpuppt sich als vertrackte Lösung. Thou Shalt Not Kill von Gabi Virginia Şarga und Cătălin Rotaru basiert auf wahren Bege­ben­heiten und thema­ti­siert die allge­gen­wär­tige Korrup­tion in Rumänien. Cristian, ein Kinder­chirurg in einem rumä­ni­schen Kran­ken­haus, will nur das beste für seine kleinen Patienten. Als ein Kind stirbt und die Eltern ihn dafür verant­wort­lich machen, recher­chiert er und entdeckt einen Skandal, den alle Profi­teure am liebsten verschweigen wollen.

Das fsff zeigt Filme, die Main­stream-Kinos und Streaming-Dienste den Zuschauern meist vorent­halten. Neben mittel­eu­ropäi­schen Filmen lässt sich aus dem Gastland Taiwan Neues entdecken, Kurz- und Kunst­filme finden sich ebenso im Programm wie »Tango im Kino«, neue Filme und Klassiker, die sich dem Thema Raum widmen. Ausge­wählt und zusam­men­ge­stellt wurde das Programm von einem kleinen Team um Matthias Helwig.
Das Budget des fsff ist mit rund 270.000,- Euro vergli­chen mit anderen Festivals bescheiden. Unter­s­tützt wird Helwig auch durch viele Sponsoren, die kleinere Beträge spenden oder als Filmpate das Festival unter­s­tützen. Die Förderung der Großen wie des Frei­staats, des Bezirks Ober­bayern, des Land­rats­amts Starnberg, der Kreis­spar­kasse oder des FFF Bayern sei wichtig und in Summe unver­än­dert. Von dem Geldregen des Frei­staats, mit dem das Münchner Film­fes­ti­vals überhäuft wurde, kam in Starnberg (noch) nichts an. Doch Helwig hofft, dass er im kommenden Jahr auch mehr Geld zur Verfügung hat; den Förder­an­trag für 2020 muss er bereits im Oktober einrei­chen. »Ich habe ein tolles Team und möchte meinen Mitar­bei­tern gerne mehr für ihre Arbeit zahlen«, sagt Helwig. Mehr als 150 Spiel-, Kurz- und Doku­men­tar­filme aus 41 Ländern werden an den neun Festi­val­tagen zu sehen sein, darunter vier Welt­pre­mieren, zwölf Deutsch­land­pre­mieren, zwölf Süddeutsch­land­pre­mieren und 20 Bayern­pre­mieren.

Ein Festival lebt natürlich auch von den Gesprächen mit Regis­seu­rinnen und Regis­seuren, Schau­spie­lern und Dreh­buch­au­toren. Ehren­gäste sind in diesem Jahr die Münchner Regis­seurin Caroline Link (Der Junge muss an die frische Luft) sowie Regisseur und Autor Tom Tykwer (Lola renntBABYLON BERLIN) und Szenen­bildner Uli Hanisch (Das Wunder von Bern). Neben den Gesprächen mit Schau­spie­lern und Regis­seuren nach vielen Filmen etablierte sich in den vergan­genen Jahren auch das »Film­ge­spräch am See«, zu dem die Akademie für Poli­ti­sche Bildung in Tutzing gemeinsam mit dem fsff einlädt. Am Sonntag, 8. September, um 14 Uhr disku­tieren Caroline Link, Tom Tykwer und Uni Hanisch über das Thema »Verfilmte Räume«.

Was ist neu in diesem Jahr? Das Programm verteilt sich kompakter auf neun Tage und umfasst nur noch ein Woche­n­ende. Die Damp­f­er­fahrt über den Starn­berger See am Mittwoch, dem 11. September, bildet einen weiteren Höhepunkt des Festivals. Gezeigt werden wieder ausge­wählte Kurzfilme, über die das Publikum abstimmt. Neben dem »Goldenen Glühwürm­chen« für den besten Kurzfilm werden dort in diesem Jahr auch viele der Haupt­preise des Festivals über­reicht.
Neu ist auch der von Matthias Helwig initi­ierte Hannelore-Elsner-Schau­spiel­preis. Die im Frühjahr verstor­bene Hannelore Elsner war selbst mehrmals Gast auf dem fsff, Helwig und Elsner verband eine Freund­schaft. Auch wenn der Festi­val­leiter von ihrer Erkran­kung wusste, über­raschte ihn der plötz­liche Tod. Es entstand die Idee, einen Preis zu ihren Ehren auszu­loben. Mit dem Einver­s­tändnis ihres Sohnes machte sich der Festi­val­ma­cher auf die Suche nach Geld­ge­bern. Das Preisgeld von 5000,- Euro stellte ein Sponsor bereit, der anonym bleiben möchte. Schnell war für Matthias Helwig klar, dass die Schau­spie­lerin Barbara Auer die erste Preis­trä­gerin sein soll. Die 60-Jährige reist zur Preis­ver­lei­hung am Sams­tag­abend nach Starnberg. Gezeigt wird Vakuum (2017) von Christine Repond um 20 Uhr in der Schloss­berg­halle. Außerdem zeigt das Festival aus dem umfang­rei­chen Werk von Barbara Auer Die innere Sicher­heit (2000) und Transit (2018), beide von Christian Petzold. Zu Ehren von Hannelore Elsner zeigt das Festival ihren letzten Film Kirsch­blüten & Dämonen von Doris Dörrie. »Ich schätze Barbara Auer sehr«, sagt Helwig, der die Schau­spie­lerin als erste Preis­trä­gerin auswählte. Ausge­zeichnet wird Auer auch wegen ihrer Viel­sei­tig­keit, mühelos zwischen Kino und Fernsehen die Rollen zu wechseln. Auch im kommenden Jahr soll es den Preis geben, der anonyme Sponsor stellt auch 2020 das Preisgeld bereit. Helwig will damit in erster Linie deutsche Stars auszeichnen, die bereits über ein umfang­rei­ches Werk verfügen. Zwar wird auch die nächste Preis­trä­gerin wahr­schein­lich wieder eine Schau­spie­lerin sein, doch Helwig kann sich auch vorstellen, in Zukunft den ein- oder anderen Schau­spieler auszu­zeichnen.
Das wich­tigste in Kürze: Insgesamt kommen 155 Film­schaf­fende ins Fünf Seen Land. Spielorte sind Starnberg, Seefeld, Gauting und Weßling mit insgesamt 255 Vorstel­lungen.

Das voll­s­tän­dige Programm unter http://fsff.de
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