30.10.2008

Wenn Menschen fliegen

Ashes of Time Redux
Wong Kar-wai eröffnete: Ashes of Time Redux
(Foto: Splendid/Twentieth Century Fox)

Das 5. Asia Filmfest Flying Chopsticks zeigte Wong Kar-wai und moderne Asia-Klassiker

Von Claus Schotten

Am heutigen Donnerstag beginnt im Münchner Gloria das dies­jäh­rige Asia-Filmfest.
Zwei Wochen lang beherrscht dann das Kino Ostasiens den Kino­pa­last am Stachus. Eröff­nungs­film ist Wong Kar-wais Ashes of Time Redux. Wong hat aus dem Material seines Wuxia-Films von 1994, der damals beim Publikum zwie­spältig aufge­nommen wurde, einen neuen Film geschaffen: Komplett umge­schnitten, über­ar­beitet und mit neuem Sound­track versehen, feierte das Werk diese Jahr in Cannes seine Welt­pre­miere. Es ist der perfekte Eröff­nungs­film für das Festival, nicht nur weil er auch die Wong-Kar-wai-Retro eröffnet. Er vereint in idealer Weise auch die beiden Stand­beine des Programms – auf den inter­na­tio­nalen Film­fes­ti­vals von Cannes bis Venedig gefeierte Werke etablierter Autoren­filmer zu zeigen, etwa Kim Ki-duks Dream, und daneben Kampf­kunst-Filme und andere Genre-Produk­tionen auf die Leinwand zu bringen. Die Spann­breite reicht von der Lite­ra­tur­ver­fil­mung Schnee im Frühling bis zum trashigen Mons­ter­film Monster X Strikes Back: Attack the G8 Summit!. Da dürfte jeder Filmfan auf seinen Geschmack kommen.

Gegenüber dem Vorjahr hat sich auf den ersten Blick wenig geändert. Das Konzept und die Spielstätte im stil­vollen Gloria-Palast haben sich bewährt. Aber das Festival ist weiter gewachsen, mit den Wieder­ho­lungen kann man jetzt volle zwei Wochen lang die ostasia­ti­sche Filmkunst genießen. Die Anzahl der Filme in der aktuellen Programm­schiene ist dabei kaum gestiegen, aber es gibt eine tolle Neuerung: In der Reihe »Asia Spezial« werden moderne Klassiker des ostasia­ti­schen Films gezeigt. Die Gele­gen­heit, seine Lieb­lings­filme noch einmal auf einer riesigen Leinwand zu sehen!
Die Reihe reicht von Godzilla, der Mutter aller japa­ni­schen Mons­ter­filme, über Ghost in the Shell bis Tiger & Dragon und Hero. Dazu Appleseed als Einstim­mung auf die Fort­set­zung, die in der aktuellen Programm­schiene läuft und einige Geheim­tipps, etwa Go, die packende Geschichte eines Jugendlichen aus der koreanischen Minderheit in Japan, oder Beyond Hypo­thermia über eine (im wahrsten Sinne des Wortes) eiskalte Killerin – mein Favorit!
Auf den ersten Blick scheinen in dieser Reihe fast alle wichtigen, epochalen Filme vertreten, bis auf die von John Woo, Johnnie To oder Kim Ki-duk, die schon in den vergangenen Jahren auf dem Festival gezeigt wurden. Bei genauerem Nachdenken fallen einem aber doch noch ein paar andere würdige Kandidaten ein, so dass die Reihe unbedingt im nächsten Jahr fortgesetzt werden sollte.

Und dann gibt es noch die durch den Eröffnungsfilm gefeaturete Wong-Kar-wai-Retrospektive. Das Filmmuseum redet schon jahrelang davon sie abzuhalten, hier findet sie endlich statt. Zwar fehlen die Kurzfilme und Drehbucharbeiten des Hongkong-Chinesen sowie sein amerikanischer Film My Blueberry Nights, der schon letztes Jahr auf dem Festival lief, richtig vermissen wird man aber allein die ursprüngliche Fassung von Ashes of Time Redux. Die wäre als direkter Vergleich zum »Redux« sehr reizvoll gewesen.