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Tja, nun sind aus den angekündigten wenigen Stunden, die bis zum
Erscheinen dieser Tips vergehen sollten, doch ein paar deutlich
mehr geworden. Aber auch wir bei Artechock feiern halt Weihnachten
und geraten davor in den Vorbereitungs- und
Geschenkebesorgungs-Stress, sind währenddessen mit
Familienbesuchen, Essen, Trinken, Geschenkeauspacken, Essen,
Trinken und Trinken und Essen beschäftigt, und müssen danach unsere
wenige übriggebliebene Geisteskraft erstmal wieder versammeln und
bündeln, bevor wir wieder Texte zu Bildschirm bringen können.
Aber den meisten von Ihnen, oh treue Leserinnen und Leser, wird's
sowieso ähnlich ergangen sein, und wer Zeit für einen Kinobesuch
fand, war mit dem empfohlenen THE STRAIGHT STORY dann
ja auch erstmal bestens beraten.
Jetzt aber genug vom Vergangenen, es sei der Blick gerichtet
auf's Kommende. Und das ist... na ja, Sie wissen schon, neues
Jahrtausend und so. (Und BITTE: Keine Besserwisser-Mails, dass das
neue Jahrtausend erst in einem Jahr beginnt und bla. Da ein
Jahrtausend nicht sowas ist wie ein Tisch, was in der physischen
Welt da ist, sondern sowas wie ein Staat, dessen Existenz auf
reiner Vereinbarung gründet, finden wir: Der Mehrheitsentscheid
gilt. Und nach dem beginnt das nächste Jahrtausend nächste Woche.
(Und jetzt bitte auch keine Mails von Solipsisten, die zu Recht die
Existenz des Tischs als nicht bewiesen ansehen.)) Nun, also, wo
waren wir stehen geblieben... ach ja: Jahrtausend, kommendes. Und
bis das da ist, doch noch mal den Blick zurück. Für eine
cineastische Gesamtschau des alten ist's ja nun schon etwas zu
spät, aber in den verbleibenden Tagen kann man dann immerhin noch
so bequem wie schon lang nicht mehr nachholen und nochmalgucken,
was dieses Jahr wichtig war. Zum einen, weil zwei der
herausragenden Filme der Klasse von 1999 sogar noch im regulären
Programm sind: Eben THE
STRAIGHT STORY, und FIGHT CLUB. Müssen wir wohl nicht mehr viel dazu sagen.
Einige der anderen aber kann man nun noch in geballter Form im
Filmmuseum sehen, wo die persönlichen Favoriten der SZ-Kritiker
laufen. Da ist dann grob Überschätztes (TODO SOBRE MI MADRE, HAPPINESS) neben
Großartigem (THE THIN RED
LINE - der war aber schon) und noch zu Entdeckendem (LOS AMANTES DEL CÍRCULO
POLAR, z.B.) geboten. Als Letzter in der Reihe: EYES WIDE SHUT - und wir
könnten uns kaum einen schöneren Ausklang für dieses cineastische
Jahrtausend denken als das letzte, große Meisterwerk des
schmerzlich vermissten Visionärs Kubrick; dieses traumhafte
Maskenspiel darüber, das Sehen hinter die Fassaden zu
lernen.
(FILMMUSEUM: tgl. bis Do. 19:00, 21:15)
(Eine
andere schöne Art allerdings, dieses Jahrtausend cineastisch
auszuläuten bietet sich in Münchner Kinos mit Tarkowskys ANDREJ RUBLJOW im Maxim.
Auch traumhaft, auch visionär, auch ein Meisterwerk, hier
allerdings ein frühes und als Tarkowsky-Einstiegsdroge ideal
geeignet, da auch für alle genießbar, denen seine späteren Filme zu
quälend und verquast sind.) (MAXIM: ANDREJ RUBLJOW (OmU),
tgl. bis Do. 21:00)
Von Kubrick, da wären wir ja ganz zwanglos bei 2001, und somit
wieder beim Blick nach vorn. Und den tun wir dann in Münchens
Y2K-Bug-sichersten Kino, denn das nächste Kino-Jahrtausend beginnt
für uns - Ehrensache - im Werkstattkino. Wo wir uns
darüberhinwegtrösten können, dass uns das 21. Jahrhundert vorerst
wohl die fliegenden Autos, sprechenden, metallglänzenden
Roboter-Hausbediensteten, Mahlzeiten in Pillenform und silbrigen
Einheits-Pyjama-Moden schuldig bleibt, die uns einst als Kinder
für's Jahr 2000 immer versprochen wurden. Im Januar ist im
Werkstattkino nämlich Science fiction angesagt, und zwar nicht etwa
THE MATRIX und Konsorten, sondern schön antiquierte, bei der auch
das unkritische Auge sofort erkennt, dass man es bei dem Genre
immer nur (wie's jemand mal so treffend formuliert hat) mit "the
present in drag" zu tun hat. Los geht's - yeah, baby! - mit
RAUMPATROUILLE ORION, was ja allein schon wegen der Musik von Peter
Thomas Pflichttermin wäre, aber es auch sonst ist, weil's uns so
toll in eine ferne, irreale, im Raum-Zeit-Kontinuum unrettbar
verschollene Welt entführt - die BRD der späten 60er. Und als
Pendant dazu dann gleich danach: SIGNALE - EIN WELTRAUMABENTEUER
aus der DäDääR, von der in zwanzig Jahren auch niemand mehr glauben
wird, dass es die außerhalb von Fantasy-Romanen mal gegeben hat.
(Es sei denn, es gibt sie bis dahin wieder - man weiß ja
nie...)
Je nun, das war's. Für dieses Jahrtausend. Man möcht's nicht
meinen, wie flott sowas geht. Nun sind Sie also mit Kinotips nicht
nur bis unmittelbar an die Schwelle zum 21. Jahrhundert versorgt,
sondern bereits auch darüberhinaus! Und wenn nach kommendem Freitag
noch wider Erwarten der ein oder andere Computer funktionieren
sollte, dann lesen Sie uns erst wieder in selbigem (dem 21.
Jahrhundert, that is). Wir wünschen Ihnen allen, dass Sie den
Schritt dorthin gesund, wohlbehalten und fröhlich schreiten werden,
und dass das neue Jahr(tausend) Ihnen nur das Schönste und Beste
bringen möge. Und wie könnten wir das alte schöner und besser
verabschieden als mit den vertrauten Worten des Herrn Oehmann, in
denen auch dann soviel Wahrheit und Weisheit liegt, wenn Samstag
gar nicht Fußball gespielt wird? Mit dem Trost und Glück spendenden
Rat: "Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."
Viel Spaß dabei, und alles Gute für das neue Jahr wünscht
Ihnen
Die
Artechock-Redaktion
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