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16.09.1999
 
 
   
 

Ein Hauch von Männlichkeit

Lauren Bacall, mehr als die Frau an Bogeys Seite, wird 75

 
Alles Gute zum 75.ten!
     
 
 
 
 

Eine Männerprojektion: Eine Frau, die kumpelhaft ist, ohne daß dies ihrer Schönheit einen Abbruch tut. Die von Sex-Appeal überströmt, und auf die dennoch Verlaß ist. Mit der man "Pferde stehlen" kann, und die doch nie nach Schweiß riecht.

Lauren Bacall machte solche Träume wahr. Sie verströmte die merkwürdig ambivalente Ausstrahlung einer Frau, die zupacken kann, mit beiden Beinen auf der Erde steht - und trotzdem für die meisten (Männer) unerreichbar bleiben. Ihre größte Macht waren ihre Augen, ihr Blick - noch heute haftet ihr der Beinahme "The Look" an - und ihr Mund. Niemand konnte den Zuschauern so gut durch die Leinwand in die Augen schauen wie sie.

Als ein schon bekanntes Model aus Brooklyn kam sie mit kaum 18 Jahren nach Hollywood. 20 Jahre alt war sie, als Howard Hawks sie 1944 für HAVE AND HAVE NOT verpflichtete - an der Seite von Humphrey Bogart, den sie ein Jahr später, 1945, heiratete. Mit ihm drehte sie insgesamt 5 Filme, die zugleich ihre berühmtesten sind: THE BIG SLEEP (1946), TWO GUYS FROM MILWAUKEE (1946), DARK PASSAGE (1947) KEY LARGO (1948). Bis zu seinem Tod 1957 waren Bogart/Bacall eines der berühmtesten Paare Hollywoods.

Zu dieser Zeit, den Jahren des Film Noir und der schwarzen, existentialistischen Phase Hollywoods, zeigte Lauren Bacall uns, daß eine Frau dann am schönsten sein kann, wenn sie einen Hauch Männlichkeit verströmt: dunkle Stimme, karierte Kostüme, cool-knappe Sprüche machten sie einmalig - in einer Zeit, in der sie - eher knabenhaft, mit weiten Hosenanzügen, Zigarette zwischen den vollen Lippen - immerhin mit "Vollblutfrauen" wie Ava Gardner, Veronica Lake und Rita Hayworth wetteifern mußte.
Mit ihren frühen Filmen - und nicht nur wegen Bogart - wurde die Bacall zur Ikone. Sie verkörperte ein Frauenbild, das emanzipiert und selbstständig, patent und unendlich verständnisvoll gegenüber den Schwächen des Mannes ist. Ein wenig mütterlich.
Auch fordernd? Ja, schon, aber was sie fordert, scheint in erster Linie Sicherheit - obwohl sie nie Zweifel läßt, sich wenn nötig immer noch selbst helfen zu können. Nur will sie's nicht müssen. Sexuelle Interessen bekundet dieser Frauentyp offen, aber nie besonders emotional - um Liebe geht es, wenn überhaupt, nur unausgesprochen.
Und wie sie fordert, das signalisiert dem Mann (nicht allen, aber DEM männlichen Helden) keine echte Gefahr - sie ist bereit, verfügbar, aber passiv. Bedrohlich wird sie nur, wo sie sich verraten fühlt.

Das funktioniert nicht auf ewig. Schon in den 50ern, als Hausmütter wie Doris Day und Sexbomben a la Monroe en vogue wurden, man die Heiligen und die Huren wieder säuberlich auseinander hielt, paßte die Bacall nicht mehr in die Zeit. Denn sie war immer Heilige und Hure zugleich.

Eine Frau also aus einer anderen Zeit. Kaum zu glauben, daß sie noch lebt. Kaum zu glauben, daß sie - am 16.September - schon 75 wird. Wir gratulieren von Herzen!

Rüdiger Suchsland

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