Stellen Sie sich vor: Nach den peinlichen Ergebnisse der
Fußballnationalelf bei den letzten Spielen, haben die Trainer
einige Änderungen in der Aufstellung beschlossen. Zur
Nationalmannschaft werden ab nächstem Jahr unter anderem
gehören: Zwei Männer, die noch nie in ihrem Leben Fußball
gespielt haben, in einem Trikot aber durchaus professionell wirken;
zwei Rockmusiker; ein Kunstturner; zwei Bodybuilder; ein Dressman
und Harald Schmidt als Torwart.
Wenn Sie jetzt behaupten, dass diese Vorstellung absolut
lächerlich ist, da im internationalen Fußball nur hochbezahlte,
jahrelang ausgebildete, schwer trainierende Profis spielen, dann
gebe ich ihnen gerne Recht, wundere mich aber gleichzeitig, warum
dieselben Eigenschaften nicht grundsätzlich auch auf die Darsteller
großer internationaler Kinofilme zutreffen.
Es gibt einem doch zu denken, wenn Filmschauspieler immer wieder
den Rang eines Künstlers für sich einfordern und die Realität dann
so aussieht dass: - in diesem Jahre beide Darstellerpreise in
Cannes von Laiendarstellern gewonnen wurden - berühmte Sportler
sich nicht mehr mit kleine Rollen in Komödien begnügen, sondern
auch größere Rollen in ernsthaften Filmen übernehmen (z.B. Eric
Cantona in ELISABETH) - nicht mehr nur die Stars der
Musikindustrie (wie Madonna oder Sting) ins Filmgeschäft drängen,
sondern auch relativ unbekannte Musiker (wie Courtney Love oder
Lyle Lovett) und der schwarze amerikanische Film ohne seine
Darsteller aus der Hip Hop - Szenen gar nicht mehr denkbar ist
- Oprah Winfrey tränenreiche Dramen nicht mehr nur in ihrer
Talkshow präsentiert, sondern in solchen jetzt selber mitspielt
(MENSCHENKIND) - es mittlerweile für jedes halbwegs bekannte
Modell üblich ist, eine Filmkarriere einzuschlagen
Reden wir nicht davon, dass etwa im neuen STAR WARS manche
Roboter und Gummipuppen ihren menschlichen Kollegen die Schau
stehlen werden und dass man für einen guten Film zwar immer noch
einen Regisseur und einen Drehbuchautor braucht, auf die Darsteller
jedoch (z.B. bei Zeichentrick- oder Computerfilmen) verzichten
kann.
Das verrückte daran ist jedoch, dass die oben genannten
Nebenerwerbsdarsteller ihre Aufgabe meist sehr gut, manchmal sogar
brillant meistern, während die Schauspielprofis keineswegs immer
eine großartige Darstellung garantieren. Liegt das vielleicht an
der Führung durch den Regisseur ? Ein legendärer Dialog von
Hitchcock drängt sich dazu auf: Reporter: Mr. Hitchcock, stimmt
es, dass Sie Schauspieler als Rindvieh bezeichnet haben ?
Hitchcock (leicht entrüstet): Nein, das ist nicht wahr ! Ich habe
nur gesagt, dass man sie wie Rindvieh behandeln sollte.
Sind die Schauspieler also nur so gut wie ihr Regisseur ? Das
kann auch nicht stimmen, da es immer wieder belanglose Filme gibt,
in denen es nur einzelnen Schauspielern gelingt, in ihrer Rolle zu
glänzen, was selten den ganzen Film rettet, einen jedoch den
Verlust des Eintrittsgeldes leichter verschmerzt läßt (wie z.B. in
dem schwachen APT PUPIL mit dem großartige Ian McKellen).
Wie im täglichen Leben ist es wohl auch für eine gelungene
Schauspielleistung wichtig, als richtige Person, am richtigen Ort,
zur richtigen Zeit, mit den richtigen Menschen zu sein, denn dann
kann auch ein Amateur den Schritt vom Darsteller zum Schauspieler
machen. Dieser Umstand sollte die Schauspielprofis nicht
weiter beunruhigen, denn ich bin zudem davon überzeugt, dass kein
Laiendarsteller jemals den Travis Bickle in TAXI DRIVER so hätte
spielen können wie Robert de Niro, kein Ex - Fußballer ein so
beängstigender Hannibal Lecter in DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER gewesen
wäre wie Anthony Hopkins und kein Modell so beeindruckend wie Cate
Blanchett in ELIZABETH hätte sein können.
Michael Haberlander
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