Wie jedes Jahr ist man vom Programm des Münchner Filmfests
überwältigt - zumindest, was die Quantität der Filme betrifft. Will
man nur einen wagen Überblick bekommen, bedeutet das: sich mit
ganzer Wucht ins Getümmel aus Filmen und Menschen stürzen. Mit
anderen Worten, man sieht sich vier Filme am Tag an und geht
dazwischen immer wieder in der Masse des Maxx-Foyers unter, wobei
man dabei die seltsamsten Exemplare beider Spezies - Filme und
Menschen - trifft. Ein, zwei organisatorische Probleme beim
Kartenverkauf reichern die Spannung noch ein wenig an.
Sehr spaßig war es dafür wieder beim Independent-Fest, wo
man neben seinen alten Freunden Benny Beimer treffen konnte,
der auch schon mal für Tommy Orner gehalten wurde. Besonders
schön sind dann die Momente, in denen Jonathan Berman, der
Regisseur von MY FRIEND PAUL, von seiner Zeit bei Troma-Pictures
erzählt oder wenn George Hickenlooper - mit THE BIG BRASS
RING vertreten - seine Deutschkenntnisse zum Besten gibt.
Um halb vier am Morgen hat man dann ein paar Bier zuviel getrunken
und der Kopf in der wenige Stunden später stattfindenden Pressevorführung
ist schwer.
Bei derartig viel Trubel im positiven wie negativen Sinne
entsteht eine Stimmung, die einen den guten Film besonders schätzen
läßt, der Film, der einen für zwei Stunden in eine andere Welt
entreißt.
Zu diesen Filmen zählten zunächst jene der Polanski -Werkschau.
Wie unser Kollege und Kunstkenner Thomas Willmann so treffend
bemerkte, ist diese Reihe und das konzentrierte Sehen der
Filme Polanskis dazu geschaffen, daß man Roman Polanski nicht
mehr zu den guten sondern zu den wirklich großen Regisseuren
zählt.
Unter den neuen Filmen begeisterten bis jetzt WELTMEISTERSCHAFT
vom tibetanischen Mönch Khyentse Norbu, der von fußballverrückten
Mönchen im indischen Exil erzählt und beweist, daß sich buddhistische
Ordensbrüder mit viel Selbstironie betrachten können. Leider
ist der Film bereits zweimal auf dem Festival gelaufen, und
so bleibt nur zu hoffen, daß dieser große Wurf in die Kinos
kommen wird.
Nochmal gezeigt wird RUSHMORE im Kino Münchner Freiheit, am Donnerstag
um 22:30 - allerdings wird RUSHMORE auch demnächst in den
deutschen Kinos anlaufen. Die großartige Satire um den „Musterschüler“
Max Fischer bietet Bill Murray und Seymour Cassel in Hochform
und wechselt dabei virtuos zwischen schrillem Humor und stiller
Melancholie, die an „Catcher in the Rye“ erinnert.
Den richtig hoffnungslosen Romantikern sei noch DIE LIEBENDEN DES
POLARKREISES ans warme Herz gelegt, der noch am Samstag um
22:30 im Maxx 2 läuft, aber auch demnächst einen Deutschlandstart
haben wird.
Also die Halbzeit ist ‘rum und wir schaun weiter.
Max Herrmann
|