Diese Woche sollte eigentlich der zweite "Dogma 95"-Film, Lars
von Triers IDIOTERNE
(IDIOTEN), anlaufen. Daß Sie den nicht zu sehen bekommen,
das haben Sie dem Verleiher Arthaus zu verdanken. "Moment mal,"
werden Sie jetzt einwenden, "aber der kommt doch." Leider nein -
was läuft ist ausschließlich eine deutsche Synchronfassung. Und das
ist in diesem Fall wirklich etwas ganz was anderes. Das ist
jetzt keine pingelige Cineasten-Spinnerei von mir (und Dänisch kann
ich genausowenig wie die meisten von Ihnen) - es geht um einen
Film, bei dem die ausschließliche Verwendung von am Drehort
aufgezeichnetem Originalton zu einem der wesentlichsten
Bestandteile der Ästhetik gehört. Es ist ja kein Zufall, daß
gleich die zweite Regel im "Dogma" lautet: "Der Ton darf nie
unabhängig vom Bild produziert werden oder umgekehrt." Der Ton ist
nun mal ganz entscheidend daran beteiligt (oft unbewußt viel mehr
als das Bild), welche Räume beim Betrachten im Kopf entstehen.
Speziell bei IDIOTERNE hat diese Regel außerdem für Lars von Trier
zu einer ganzen Reihe von offensichtlich von der Tonspur diktierten
Schnittentscheidungen geführt und somit unmittelbar das beeinflußt,
was an Bildern überhaupt zu sehen ist. Nichts von alledem in
der Synchronfassung, wo nachvertonte Geräusche und tote
Studioatmosphäre alles zunichte machen, was da vom Regisseur
beabsichtigt war. Konsequenterweise mußte auf Anordnung von Lars
von Trier auch das Dogma-Diplom aus der Synchronfassung
herausgeschnitten werden - IDIOTEN auf Deutsch ist KEIN
Dogma-Film.
Nun hat sich doch ausgerechnet Arthaus die Kunst schon in den
Namen geschrieben und will ein erwachseneres Publikum etwas abseits
vom Mainstream bedienen - sprich: Menschen, die OmU-Fassungen von
Haus aus eher aufgeschlossen gegenüberstehen. Finanziell sollten
solche Fassungen also zumindest in den Großstädten wirklich kein
Wagnis darstellen. Aber ausgerechnet dieser Verleih ist mit
originalsprachigen Fassungen knausrig wie kein zweiter. FESTEN (DAS
FEST) - der erste Dogma-Film - war bisher in München noch überhaupt
nicht unsynchronisiert zu sehen, und SCHWARZE KATZE, WEIßER KATER
hat's gerade mal mit Monaten Verspätung zwei Wochen in's Maxim
geschafft.
Wen diese Verleihpolitik nervt, der möge nun nicht einfach
still in sich hineingrummeln, sondern sich aktiv bei Arthaus
beschweren. Und zwar bitte höflich - aber bestimmt.
And tell them Artechock sent you.
Für eine bessere Kino-Welt!
Thomas
Willmann
|