Als Michael Jordan vor einigen Wochen seinen Rücktritt aus dem
amerikanischen Profibasketball erklärte, bedeutete das nicht nur
einen schweren Verlust für seine Mannschaft, die Chicago Bulls, die
seither in ihren Leistungen rapide abgefallen sind. Zudem verlor
die gesamte Liga einen ihrer wichtigsten Akteure und damit einen
Teil ihrer Anziehungskraft. Erst durch diesen Schritt Jordans wurde
klar, warum man ihm Jahr für Jahr einen achtstelligen Dollarbetrag
bezahlte.
Hollywood, daß das Leben von Michael Jordan sicher umgehend
verfilmen wird (teilweise geschah das ja bereits in SPACE JAM),
glaubt ebenfalls an solche "Ausnahmespieler", die es nicht nur
schaffen, alleine einen Film zum Erfolg werden zu lassen, sondern
zudem der gesamten Branche ihren nötigen Glanz verleihen können.
Aus diesem Grund zahlt man Schauspielern wie Jim Carrey, Bruce
Willis oder Leonardo DiCaprio pro Film mindestens 10 Millionen
Dollar und treibt gerade durch diesen Wahnsinn die
Produktionskosten in Bereiche, in denen es immer schwieriger wird,
einen Gewinn zu erwirtschaften.
Jetzt kann man darüber streiten ob die astronomischen Gehälter
für Sportler oder auch die nicht nachvollziehbaren Prämien für
Topmanager berechtigt sind oder nicht, im Filmgeschäft sind sie es
sicher nicht. Vielmehr sind diese Spitzengagen vollkommen
willkürlich und alles andere als ein Garant für den Erfolg eines
Films mit Starbeteiligung. Klassisches Gegenbeispiel für diese
Erfolgsgarantie sind die (leider) meist nur mäßig gewinnträchtigen
Filme Woody Allens, der uns jetzt mit seinem neuesten Werk
CELEBRITY erfreut und Stars für jeden Geschmack liefert. Leonardo
DiCaprio und Winona Ryder für die Kids, Kenneth Branagh für die
Fans des englischen Anspruchskinos, Judy Davis und Joe Mantegna für
die Freunde des amerikanischen Anspruchskinos und Charlize Theron
für die Verehrer von Supermodels. Reden wir nicht davon, daß der
Film als solches ein riesiges Einspielergebnis verdient hätte;
Qualität rechnet sich leider selten. Den Theorien Hollywoods jedoch
widerspricht der schlichte Umstand, daß trotz der oben genannten
Stars dieser Film keine 100 Millionen einspielen wird. Ebenso wird
es dem neuen Film vom zweiten TITANIC Star Kate Winslet,
MARRAKESCH, ergehen.
Es zeigt sich, daß selbst der (finanziell) ertragreichste
Darsteller das passende Starvehikel braucht, um sein Potential zu
entwickeln. Oder um bei unserem Eingangsbeispiel zu bleiben:
Michael Jordan hätte in der deutschen Bezirksliga Ost auch nicht
das leisten können, was er in der NBA geschafft hat. Betrachtet
man jedoch die großen Erfolge der letzten Zeit, so scheint weniger
das Prinzip "Stars machen Erfolge" als vielmehr das Gegenteil
"Erfolge machen Stars" zu gelten. TITANIC steht dafür ebenso wie
MAN IN BLACK mit Will Smith, VERRÜCKT NACH MARY mit Cameron Diaz
oder SPEED mit Sandra Bullock. Darüber hinaus gibt es immer
wieder Blockbuster, die keine großen Stars benötigen aber die
Schauspieler, die daran beteiligt sind, auch nicht zu solchen
machen. Jeff Goldblum etwa, der sowohl in JURASSIC PARK als auch in
INDEPENDENCE DAY eine Hauptrolle hatte, ist bis heute weit davon
entfernt, so etwas wie ein Superstar zu sein. Am stärksten
gegen die Notwendigkeit von Superstars spricht jedoch der Umstand,
daß die erfolgreichsten Filme der letzten Monate ohne jeden Star,
sogar ohne jeden Menschen auskamen. Sowohl der digitale
Animationsfilm als auch Zeichentrickfilme machen sich ihre eigenen,
erfundenen Helden und lassen für die echten Stars gerade noch die
Möglichkeit, ihre Stimme zur Verfügung zu stellen.
Vielleicht sollte man in Hollywood endlich akzeptieren, daß man
selbst mit Gagen von 20 Millionen Dollar keinen wirklichen Star
erschaffen kann. Zu einem echten Star gehört eine gewisse
Ausstrahlung und der Eindruck der Unerreichbarkeit. Solange diese
beiden Eigenschaften nicht von Industrial Lights and Magic
künstlich hergestellt werden können, bleibt Hollywood als letztes
Mittel einen Star zu erzeugen, ihm eine goldene Figur zu verleihen
und ihm die Gelegenheit zu geben, sich vor 1 Milliarde Menschen zum
Idioten zu machen. Hollywood nennt das einen Oscar, ich nenne das
peinlich.
Michael Haberlander
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