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08.04.1999
 
 
   
 

Stars and Hypes

 
Michael Jordan bei der Arbeit
     
 
 
 
 

Als Michael Jordan vor einigen Wochen seinen Rücktritt aus dem amerikanischen Profibasketball erklärte, bedeutete das nicht nur einen schweren Verlust für seine Mannschaft, die Chicago Bulls, die seither in ihren Leistungen rapide abgefallen sind. Zudem verlor die gesamte Liga einen ihrer wichtigsten Akteure und damit einen Teil ihrer Anziehungskraft. Erst durch diesen Schritt Jordans wurde klar, warum man ihm Jahr für Jahr einen achtstelligen Dollarbetrag bezahlte.

Hollywood, daß das Leben von Michael Jordan sicher umgehend verfilmen wird (teilweise geschah das ja bereits in SPACE JAM), glaubt ebenfalls an solche "Ausnahmespieler", die es nicht nur schaffen, alleine einen Film zum Erfolg werden zu lassen, sondern zudem der gesamten Branche ihren nötigen Glanz verleihen können. Aus diesem Grund zahlt man Schauspielern wie Jim Carrey, Bruce Willis oder Leonardo DiCaprio pro Film mindestens 10 Millionen Dollar und treibt gerade durch diesen Wahnsinn die Produktionskosten in Bereiche, in denen es immer schwieriger wird, einen Gewinn zu erwirtschaften.

Jetzt kann man darüber streiten ob die astronomischen Gehälter für Sportler oder auch die nicht nachvollziehbaren Prämien für Topmanager berechtigt sind oder nicht, im Filmgeschäft sind sie es sicher nicht. Vielmehr sind diese Spitzengagen vollkommen willkürlich und alles andere als ein Garant für den Erfolg eines Films mit Starbeteiligung.
Klassisches Gegenbeispiel für diese Erfolgsgarantie sind die (leider) meist nur mäßig gewinnträchtigen Filme Woody Allens, der uns jetzt mit seinem neuesten Werk CELEBRITY erfreut und Stars für jeden Geschmack liefert. Leonardo DiCaprio und Winona Ryder für die Kids, Kenneth Branagh für die Fans des englischen Anspruchskinos, Judy Davis und Joe Mantegna für die Freunde des amerikanischen Anspruchskinos und Charlize Theron für die Verehrer von Supermodels. Reden wir nicht davon, daß der Film als solches ein riesiges Einspielergebnis verdient hätte; Qualität rechnet sich leider selten. Den Theorien Hollywoods jedoch widerspricht der schlichte Umstand, daß trotz der oben genannten Stars dieser Film keine 100 Millionen einspielen wird. Ebenso wird es dem neuen Film vom zweiten TITANIC Star Kate Winslet, MARRAKESCH, ergehen.

Es zeigt sich, daß selbst der (finanziell) ertragreichste Darsteller das passende Starvehikel braucht, um sein Potential zu entwickeln. Oder um bei unserem Eingangsbeispiel zu bleiben: Michael Jordan hätte in der deutschen Bezirksliga Ost auch nicht das leisten können, was er in der NBA geschafft hat.
Betrachtet man jedoch die großen Erfolge der letzten Zeit, so scheint weniger das Prinzip "Stars machen Erfolge" als vielmehr das Gegenteil "Erfolge machen Stars" zu gelten. TITANIC steht dafür ebenso wie MAN IN BLACK mit Will Smith, VERRÜCKT NACH MARY mit Cameron Diaz oder SPEED mit Sandra Bullock.
Darüber hinaus gibt es immer wieder Blockbuster, die keine großen Stars benötigen aber die Schauspieler, die daran beteiligt sind, auch nicht zu solchen machen. Jeff Goldblum etwa, der sowohl in JURASSIC PARK als auch in INDEPENDENCE DAY eine Hauptrolle hatte, ist bis heute weit davon entfernt, so etwas wie ein Superstar zu sein.
Am stärksten gegen die Notwendigkeit von Superstars spricht jedoch der Umstand, daß die erfolgreichsten Filme der letzten Monate ohne jeden Star, sogar ohne jeden Menschen auskamen. Sowohl der digitale Animationsfilm als auch Zeichentrickfilme machen sich ihre eigenen, erfundenen Helden und lassen für die echten Stars gerade noch die Möglichkeit, ihre Stimme zur Verfügung zu stellen.

Vielleicht sollte man in Hollywood endlich akzeptieren, daß man selbst mit Gagen von 20 Millionen Dollar keinen wirklichen Star erschaffen kann. Zu einem echten Star gehört eine gewisse Ausstrahlung und der Eindruck der Unerreichbarkeit. Solange diese beiden Eigenschaften nicht von Industrial Lights and Magic künstlich hergestellt werden können, bleibt Hollywood als letztes Mittel einen Star zu erzeugen, ihm eine goldene Figur zu verleihen und ihm die Gelegenheit zu geben, sich vor 1 Milliarde Menschen zum Idioten zu machen. Hollywood nennt das einen Oscar, ich nenne das peinlich.

Michael Haberlander

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