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Filmtips für den Januar

  07.01.1999
 
 
 
 

Also für den Fall, daß wir in den nächsten Wochen aus technischen Gründen nicht in der Lage sind, Artechock zu aktualisieren - und überhaupt - hier ein paar wichtige Sicherheitshinweise für den Kinofreund im Monat Januar:

Zu den Filmen, die im Januar anlaufen und die man unbedingt gesehen haben sollte, zählt an erster Stelle DAS FEST von Thomas Vinterberg (Start 7.1.99). Der dänische Debütant Vinterberg zählt wie sein Landsmann Lars von Trier zu den Anhängern des Dogma 95, ein Filmmanifest, das geschrieben wurde, um das Kino zu retten. Die Verbote dieses Dogmas untersagen alles, was zum Standard des Mainstreams bzw. des "Illusionskino" gehört, u.a. Studioaufnahmen, zusätzliche Requisiten, künstliche Beleuchtung, Tricks und Autorenschaft; erlaubt sind u.a. Handkameras, Originalton und -musik, sowie die unbedingte Erzähleinheit von Ort und Zeit. Man kann nun über den Sinn und Unsinn eines derartigen Manifests lange diskutieren, ebenso wie über dessen Umsetzung, bzw. Regelverletzung - von Trier hielt sich in seinem DIE IDIOTEN nicht an seine eigenen Dogmen. Aber das soll jetzt einmal dahingestellt bleiben, denn DAS FEST ist in erster Linie, mit oder ohne Dogma im Kreuz, ein hervorragender Film. Es wird die Geschichte vom Geburtstagsfest des Hoteliers Helge erzählt, der in seinem Familienkreis ein gutangesehener, erfolgreicher Bürger ist. Allein sein ältester Sohn Christian mag sich in seiner Festrede nicht an die Maxime des netten Feierns halten, sondern beschuldigt seinen Vater, ihn und seine Schwester als Kinder sexuell mißbraucht zu haben, was die Schwester Jahre später in den Selbstmord getrieben habe. Die Festgäste versuchen zunächst auf Geheiß des Familienpatriarchs den ungezogenen Sohn, der sich einen schlechten Scherz geleistet habe, zu ignorieren, doch dieser wiederholt renitent seine Anschuldigungen. DAS FEST spielt hier insofern mit den Erwartungen des Zuschauers, da beides brisante Themen sind: die Vergewaltigung von Kindern ebenso wie die fälschlichen Beschuldigungen von potentiellen Tätern. In der englischen Presse wurde DAS FEST als "Ingmar Bergman meets Groucho Marx"-Tragödie beschrieben, was die extreme Mischung von dramatischen und komischen Elementen auf einen knappen Nenner bringt. Dabei ist die quasidokumentarische ästhetische Umsetzung genauso extrem wie die brutale Demaskierung des Bürgertums und beides trägt dazu bei, daß man sich der Sogwirkung des Films nicht entziehen kann.

Ein in jeder Hinsicht anderer Film ist AUSNAHMEZUSTAND von Edward Zwick, der von islamischem Terrorismus in den USA handelt und wirklich alle Erwartungen übertrifft, die man an eine große Hollywoodproduktion mit einem derartigen Thema stellen kann, zumal auch noch der Regisseur LEGENDEN DER LEIDENSCHAFT verbrochen hat. Die Stärke des Politthrillers liegt vor allem in der sehr differenzierten Darstellung von politischen Handlungen unterschiedlicher amerikanischer Institutionen und ihrer Verbindungen zueinander. So sieht man das FBI, die CIA, die Regierung und das Militär bei der Verfolgung eines Ziels: die Aufrechterhaltung des funktionierenden Staats. Dieses Ziel wird jedoch mit den unterschiedlichsten Mitteln, Machtansprüchen und Werten verfolgt, was sehr plausible und spannende Konflikte heraufbeschwört. Unheimlicher Höhepunkt des Films sind die Bilder, die New York im Zustand des Kriegsrechts zeigen: die Stadt, die wohl am stärksten die Melting-Pot-Theorie symbolisiert, wird von der Armee in ein faschistisches Konzentrationslager verwandelt, aus Furcht vor einem nur scheinbar fundamentalistischen Terror, für den die CIA durchaus mitverantwortlich ist. AUSNAHMEZUSTAND startet am 21. Januar.

Apropos LEGENDEN DER LEIDENSCHAFT - scheinbar ist es ein schlechtes Omen für die Güte eines Films, wenn Anthony Hopkins und Brad Pitt mitwirken. Dies beweist zumindest jetzt wieder RENDEZVOUS MIT JOE BLACK, und jeder der sich nichtssagende drei !!! Stunden ersparen will, sei hier gewarnt, ohne daß ich hier auf den Plot eingehen würde. Da spart man sich lieber das Taschengeld und die Zeit und schaut sich ab 28.1. den neuen Film von Jan Schütte an: FETTE WELT spielt im Penner-Milieu Münchens und funktioniert jenseits von Romantisierung und Dramatisierung, mit sehr guten darstellerischen Leistungen, weshalb er trotz einiger kleinen dramaturgischen Schwächen höchst sehenswert ist.

Max Herrmann
 

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