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19.09.1996
 
 
   
 

Über das Phänomen Emmerich

 
Roland Emmerich im Regiestuhl
     
 
 
 
 

Die Verbindung phantastischer Technik, Special Effects, Herzschmerz und Action verbinden Roland Emmerich mit seinem Vorbild Spielberg. Allerdings ist Roland Emmerich immer ein wenig wie Spielberg in Scheiben auf der Suche nach dem Hollywood Gral, den der Gott Spielberg schon in der Wiege hatte.

Da ist ein wesentlicher Bestandteil, wo Spielberg und Emmerich sich unterscheiden, und das ist die Originalität der Filme. Während Spielberg versucht Charaktere zu erfinden und Filmfiguren wie Indiana Jones oder E.T. geschaffen hat, versucht Roland Emmerich so etwas gar nicht! Ganz im Gegenteil : Dem deutschen Prinzip des grünen Punktes folgend, sammelt er das was in Hollywood schon einmal geschaffen wurde und verwendet dieses für effektvolle Leinwandstücke wieder.

Ein Film muß heute ein wenig wie Mac Donalds sein. Egal wo auf der Welt man einen Hamburger bestellt, er schmeckt immer wie bei Muttern Mac Donald zu Hause! Ein Hamburger ist ein gefahrloses und phantastisches Vergnügen. Wenn natürlich auch noch ein paar Tomatenscheiben dabei sind, umso besser. Es schmeckt einfach etwas besser wenn da was lebendiges dabei ist! Indiana Jones ist daher der Royal TS der Filmkultur und muß nicht immer im Angebot stehen. Vergleichbar damit leben Roland Emmerichs Filme genau von diesem ästhetischen Genuß des Wiedererkenne ns beim Zuschauer. In Filmen von Roland Emmerich kann der Zuschauer ganz seine cineastische Erfahrung abrufen. Die Protagonisten und Handlungsversatzstücke, die hier benutzt werden, sind nicht aus dem Leben oder einer Phantasiewelt entnommen, sondern aus anderen Filmen. Umso mehr Klischee desto besser!

Es wird kein Versuch unternommen dies zu verschleiern, es ist Methode. Keine originellen Details oder ungewöhnliche Charaktere! Dies macht es dem Zuschauer einfacher, zu begreifen um was es da eigentlich geht. Er kennt die Personen und hat sie in anderen Filmen schon tausendmal gesehen, daher weiß er was er über sie denken- und in welche Richtung seine Emotionen gehen sollen.

Auf dieser Ebene funktioniert ein Emmerichfilm wie ein Computerspiel, in dem es vor allem um die Effekte bzw. das Spiel selber geht. Die Protagonisten und Handlungselemente sind Beiwerk, um dem Spieler/Zuschauer den Einstieg zu ermöglichen. Es geht also nicht darum, daß jemand wie Roland Emmerich nichts zu erzählen hat, es ist einfach nicht wichtig!

Damit beweist Emmerich, daß er begriffen hat, um was es beim Filmemachen heutzutage geht. In dieser Beziehung ist er wahrscheinlich avangardistischer als Spielberg, so lehnt er sich ja an die Erzählweise der nonlinearen Medien an und begreift Filme als morphogenetische Felder, die im Menschen kollektive Erfahrungen und Erinnerungen abrufen.

Er steht damit nicht alleine! Dies ist sozusagen ein Phänomen der modernen Cinematographie. Vielleicht darf man dies also nicht als pure Inhaltlosigkeit begreifen. Inhaltlosigkeit als solche ist ja auch nicht neu, sondern höchstens, daß soviel Geld dafür ausgegeben wird! Ein bekannter Hollywoodstar hat gesagt, "Independence Day" wäre der schlechteste Film aller Zeiten, trotzdem ist er ein Kassenschlager. Die Bedürfnisse des Zuschauers haben sich da eben auch geändert. Er braucht nicht unbedingt eine funktionierende Filmfigur oder interessante Geschichten. Es reicht eigentlich wenn der Film es irgendwie krachen läßt und wenn man weiß wo dran man ist!

" the hoopla, the hysteria, the hype-Independence day is just like the Olympics all over again, only with bigger explosions" Sunday Times

Esther Gronenborn

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